L.T. wollte Abbrennen der Kosovo-Flagge verhindern
«20 Serbien-Fans prügelten auf mich ein»

Während des Spiels erhitzten unsere Nati-Stars mit ihrem Doppeladler die serbischen Gemüter. Nach dem Match kam es in Zürich zur Eskalation: Über 20 Serbien-Fans jagten einen Kosovaren und prügelten ihn spitalreif. Jetzt spricht das Opfer.
Publiziert: 26.06.2018 um 23:38 Uhr
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Aktualisiert: 25.01.2019 um 16:15 Uhr
Serbische Fans verprügeln Kosovaren
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8989-Leservideo:Serbische Fans verprügeln Kosovaren
Nicolas Lurati

Nach dem dramatischen Spiel zwischen der Schweiz und Serbien kommt es am Freitag zu wüsten Szenen unter der Zürcher Hardbrücke: Eine Gruppe von Serbien-Fans verbrennt eine Kosovo-Flagge. Ein Mann interveniert, wird dann aber von den Serbien-Anhängern gejagt und verprügelt. BLICK besucht das Opfer zu Hause: Es ist der Kosovare L.T.* (36) aus Zürich.

Er hat Schrammen und Schürfungen im Gesicht, die Augen sind rot und gelb unterlaufen. Dann erzählt er, was an diesem Abend aus seiner Sicht geschah. «Wir waren mit der Familie an einem Public Viewing in Uster und schauten uns den Match der Schweiz an», so der Vater einer kleinen Tochter. Nach dem Spiel seien sie nach Zürich gefahren, weil er seinen Bruder treffen wollte. 

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Nach dem Spiel zwischen der Schweiz und Serbien zünden serbische Fans in Zürich eine Kosovo-Flagge an.
Foto: zvg

L.T.s Ehefrau (32) lässt den Zürcher beim Escher-Wyss-Platz raus. «Ich sah, wie Serben die Kosovo-Fahne anzündeten», sagt L. T. «Ich rannte hin und nahm ihnen die Flagge weg. Es war eine Kurzschlussreaktion. Ich wollte verhindern, dass sie die Fahne abbrennen.»

«Sie schrien: ‹Tötet ihn!›»

Doch L.T.s Intervention hat Folgen: «Über 20 Männer jagten mich. Nach einigen Metern holten sie mich ein, einige unter ihnen waren Kickboxer. Ich hatte Angst um mein Leben. Sie schrien: ‹Tötet ihn!›» Dann gehen die Serbien-Fans auf L.T. los: «Sie boxten mich und verpassten mir Fusstritte. Ich lag auf dem Boden. Doch sie boxten und kickten weiter. Dann hatte ich einen Filmriss.» L.T. kommt erst im Spital wieder zu sich, wo er bis am Sonntag bleiben musste. 

Die Stadtpolizei Zürich sagt zu BLICK, dass die Ermittlungen laufen. «Mehrere Personen mit serbischem Fanmaterial werden gesucht», so ein Sprecher. 

Alles geplant

Warum kam es überhaupt zu diesem Angriff? L.T. ist überzeugt: «Diese Aktion war geplant. Diese Serbien-Fans gingen von Anfang an mit dem Ziel in die Stadt, Kosovo-Flaggen abzufackeln und zu provozieren.» Am Sonntag habe er im Internet ein Foto eines Angreifers entdeckt. Dieser habe bereits vor dem Spiel vom Freitag mit der Kosovo-Flagge posiert und den serbischen Dreifinger-Gruss gezeigt. 

L.T. meint, dass die Abbrenn-Aktion rein gar nichts mit dem Doppeladler-Jubel von Xhaka und Shaqiri zu tun habe: «Diese Leute wollten es so oder so tun. Das sind zwei Geschichten, die in keinerlei Verbindung zueinander stehen.»

Video geht viral 

L.T. geht es auch vier Tage nach dem Angriff noch schlecht: «Ich kann nicht schlafen. Dazu habe ich starke Leisten-, Rücken- und Kopfschmerzen.» Auch L.T.s Frau ist traumatisiert: «Ich habe schreckliche Albträume.»

L.T.s Bruder G.T.* (39) ist extrem wütend: «Diese Serbien-Fans sollten sich schämen für diese feige Aktion. Immerhin haben auf sozialen Medien mehrere Millionen das Video gesehen und mitbekommen, was das für Leute sind. Im Kosovo ist das Video ein Renner. Alle TV-Stationen zeigten es.»

L.T. stellt abschliessend klar: «Nur weil ich stolz auf meine Wurzeln bin, heisst das noch lange nicht, dass ich Serben hasse.»

* Namen geändert

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