Es passiert am Samstagabend im Kreis 3 der Stadt Zürich. Ein Mann starrt zuerst eine Gruppe Kinder orthodoxer Juden auf dem Spielplatz an, später verfolgt er eine Gruppe von Gläubigen auf dem Weg zur Synagoge mit einem Messer.
Beim Angriff handelt es sich wohl um eine gezielte Attacke gegen orthodoxe Juden. Einer der Verfolgten ist Johann T.*. «Ich und meine Freunde waren alle erkenntlich jüdisch. Der Mann hat antisemitische Parolen von sich gegeben. Er hat gegen Juden geflucht», sagt er zu BLICK.
Johann T. ist erschüttert. Er habe nur einen ganz normalen Samstagabend geniessen wollen, erzählt er. «Meine Kinder haben draussen gespielt und meine Frau unterhielt sich auf der Terasse mit Freundinnen. Ich habe in der Wohnung mit Freunden zu Abend gegessen.»
Der Mann starrte die Kinder auf dem Spielplatz an
Doch dann wurde die familiäre Ruhe plötzlich gestört: «Meine Frau kam rein und sagte, ein Mann starre die ganze Zeit unsere Kinder auf dem Spielplatz an», sagt Johann T. Er sei daraufhin rausgegangen und habe den Mann gefragt, ob er ihm helfen könne. «Der Typ hat äusserst aggressiv reagiert und sich vor mir aufgebaut. Ich wollte keinen Ärger, habe meine Kinder reingeholt und mir nichts weiter mehr gedacht.»
«Plötzlich setzte er zum Sprint an»
Als Johann T. mit seinen Freunden eine halbe Stunde später in Richtung Synagoge aufbricht, sei ihm der Mann wieder aufgefallen. «Er lief an uns vorbei, mit einem Messer in der Hand. Mir wurde es sehr unwohl und ich habe meine Freunde angewiesen, etwas zügiger zu laufen.» Dann der Schreck: «Als ich mich umdrehte, sah ich den Mann, wie er uns folgte. Plötzlich setzte er zum Sprint an.»
Johann T. und seine Freunde ergreifen die Flucht. «Wir rannten an einem jüdischen Bekannten vorbei, der rasch realisierte, was vor sich ging.» Der Mann habe sich dem Angreifer in den Weg gestellt und konnte ihn unter Kontrolle bringen.
«Der Typ wohnt in der Gegend»
Mehrere Anwohner und Restaurantbesucher verfolgten die Szenerie. Die Stadtpolizei war sehr schnell vor Ort. Die Beamten verhafteten den Mann im Zürcher Kreis 3 an der Eichstrasse. Johann T. hofft jetzt, dass der Angreifer eine gerechte Strafe erhält. «Der Typ wohnt in unserer Gegend. Er ist eine echte Gefahr.»
«Der Mann war offensichtlich stark betrunken»
Die Stadtpolizei Zürich bestätigte den Vorfall. Sprecher Marco Cortesi: «Ein Mann näherte sich den orthodoxen Juden und machte judenfeindliche Bemerkungen. Er trug ein Messer bei sich. Er war offensichtlich stark betrunken.»
Es kam dabei aber nie zu einer konkreten Gefährdung: «Der Mann blieb immer auf Distanz zu den Leuten. Zudem gibt es keinen Hintergrund zu dem Vorfall. Er ist weder ein Nazi, noch ist er ein Islamist.»
Der Mann wurde am Samstag verhaftet und am Sonntagmorgen befragt. Er ist mittlerweile wieder auf freiem Fuss.
* Name geändert
Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds, hatte mit den Opfern des Zürcher Messer-Irren bereits Kontakt. Er bestätigt, dass ein Mann mit einem Messer hinter einer Gruppe her war, die als orthodox-jüdisch klar erkennbar war.
«Der Vorfall schreckt auf. Es ist nicht alltäglich, dass Juden in Zürich auf offener Strasse in dieser Qualität bedroht werden», sagt Kreutner. Deshalb sei in der jüdischen Gemeinschaft eine gewisse Verunsicherung da. «Zum Glück hat die Polizei schnell reagiert und es gab keine Verletzten. Jetzt müssen die Ermittlungsergebnisse der Polizei abgewartet werden.»
Die Stimmung unter den Juden in der Schweiz bezüglich Antisemitismus und was sie hierzulande alles erleben, habe sich gegenüber dem Vorjahr glücklicherweise nicht gross verändert. «Wie der letztjährige Antisemitismus-Bericht von uns zeigt, passiert sehr viel im Internet. Die Menge an Beschimpfungen und antisemitischen Aussagen im Netz hat in den letzten Jahren allerdings zugenommen.» Besonders wenn im nahen Osten etwas passiere, würden viele Hasskommentare gepostet. Und diese Wellen schlagen verhältnismässig immer wie mehr aus.
«Die eher gravierenden Fälle wie direkte Beschimpfungen und tätliche Angriffe auf der Strasse sind zum Glück relativ selten», sagt Kreutner. «Wir hören zwar schon manchmal, dass jemandem eine Kippa vom Kopf geschlagen wurde, aber eigentlich zeigt sich Antisemitismus in der Schweiz vor allem eben im Netz.» Antisemitismus sei aber nicht an ein Milieu gebunden, es gebe ganz unterschiedliche Ausprägungen und unterschiedliche Motive.
Allgemein sei die Unsicherheit bei den Juden in den letzten Jahren gewachsen, «wie überall in Europa», sagt Kreutner. «Wir sind nicht panisch, aber viel wachsamer geworden und es mussten viele Sicherheitsmassnahmen getroffen werden. Aber dass ein bewaffneter Mann einer Gruppe Juden hinterhehr rennt und sie beleidigt, das hat eine nicht ganz alltägliche Qualität.» (sdg)
Jonathan Kreutner, Generalsekretär des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds, hatte mit den Opfern des Zürcher Messer-Irren bereits Kontakt. Er bestätigt, dass ein Mann mit einem Messer hinter einer Gruppe her war, die als orthodox-jüdisch klar erkennbar war.
«Der Vorfall schreckt auf. Es ist nicht alltäglich, dass Juden in Zürich auf offener Strasse in dieser Qualität bedroht werden», sagt Kreutner. Deshalb sei in der jüdischen Gemeinschaft eine gewisse Verunsicherung da. «Zum Glück hat die Polizei schnell reagiert und es gab keine Verletzten. Jetzt müssen die Ermittlungsergebnisse der Polizei abgewartet werden.»
Die Stimmung unter den Juden in der Schweiz bezüglich Antisemitismus und was sie hierzulande alles erleben, habe sich gegenüber dem Vorjahr glücklicherweise nicht gross verändert. «Wie der letztjährige Antisemitismus-Bericht von uns zeigt, passiert sehr viel im Internet. Die Menge an Beschimpfungen und antisemitischen Aussagen im Netz hat in den letzten Jahren allerdings zugenommen.» Besonders wenn im nahen Osten etwas passiere, würden viele Hasskommentare gepostet. Und diese Wellen schlagen verhältnismässig immer wie mehr aus.
«Die eher gravierenden Fälle wie direkte Beschimpfungen und tätliche Angriffe auf der Strasse sind zum Glück relativ selten», sagt Kreutner. «Wir hören zwar schon manchmal, dass jemandem eine Kippa vom Kopf geschlagen wurde, aber eigentlich zeigt sich Antisemitismus in der Schweiz vor allem eben im Netz.» Antisemitismus sei aber nicht an ein Milieu gebunden, es gebe ganz unterschiedliche Ausprägungen und unterschiedliche Motive.
Allgemein sei die Unsicherheit bei den Juden in den letzten Jahren gewachsen, «wie überall in Europa», sagt Kreutner. «Wir sind nicht panisch, aber viel wachsamer geworden und es mussten viele Sicherheitsmassnahmen getroffen werden. Aber dass ein bewaffneter Mann einer Gruppe Juden hinterhehr rennt und sie beleidigt, das hat eine nicht ganz alltägliche Qualität.» (sdg)