Bennet S.* (32) hat Alex M.* (†23) auf dem Gewissen. Vergangene Woche wurde der Goldküsten-Killer wegen vorsätzlicher Tötung an seinem britischen Bekannten zu zwölfeinhalb Jahren Knast verurteilt (BLICK berichtete). Er hatte diesen am frühen Morgen des 30. Dezembers 2014 in der Villa seiner Eltern in Küsnacht ZH auf brutalste Weise ermordet: Im Drogenrausch schlug er den Schädel von Alex ein, rammte ihm einen Kerzenständer in den Bauch und würgte ihn zu Tode. Allein am Kopf wies Morgan 50 Fleischwunden auf.
Nach dem Urteil der vergangenen Woche ist nun ein bewegender Brief von Katja Faber, der Mutter des Opfers, mit dem Titel «Der Tag, an dem mein Sohn umgebracht wurde» in der «NZZ am Sonntag» erschienen: Darin schildert sie, wie sie vom Tod ihres Sohnes erfahren hat, die Eindrücke von der Trauerfeier sowie ihr leidvolles, lethargisches Leben nach der brutalen Tötung ihres Sohnes.
Erste Vorahnung
Katja Faber war gerade in Madrid bei ihrer Tochter, als ihr Sohn Alex während seines Küsnacht-Besuchs umgebracht wurde. Er lebte eigentlich in London, wollte nur Familie und Freunde in der Schweiz über die Festtage besuchen – doch er starb.
Als Katja Faber offiziell von seinem Tod erfuhr, war er schon seit 48 Stunden tot. Zuvor hatte ihr eine Bekannte aus der Schweiz geschrieben, sie solle ihre Freundin kontaktieren. «‹Hast du etwas von Alex gehört? Geht es ihm gut?›, wollte sie wissen. Ich war überrascht. Weshalb sollte es ihm nicht gut gehen? Er war schliesslich in Zürich. Ich wusste ganz genau wo», schreibt Faber.
Doch sie ahnte bereits da etwas: «Es ist schwierig, die Panik zu beschreiben, die in mir hochkroch, als ich auflegte.»
Im Internet vom Tod erfahren
Faber kontaktierte danach die Kantonspolizei, doch diese wollte noch keine Informationen herausgeben. Also suchte sie im Internet nach Infos. Dort las sie dann: Ein 23-jähriger Mann war in einer Villa in Küsnacht getötet worden. «Binnen weniger Minuten hatte sich mein Leben in einen Albtraum verwandelt», schreibt sie.
Von der Polizei gab es aber noch immer keine Auskunft: «Ich war in panischer Angst. Das Grauen vor der Wahrheit erdrückte mich schier. Die Zeit stand still, doch die Stunden vergingen».
Der lebensverändernde Anruf
Doch dann der Anruf, der ihr Leben für immer veränderte: «Er (der Polizist) fragte, wo ich mich gerade aufhalte. Eine seltsame Frage, fand ich. ‹Weshalb müssen Sie wissen, wo ich bin?›, fragte ich ruhig. Er erklärte, er wolle die genaue Adresse wissen. Dass er Beamte losschicken müsse, die mit mir reden sollten.»
Als die Polizisten ihr dann den Tod persönlich mitteilten, konnte es Faber nicht mehr aushalten: «Die Wahrheit rammte mich wie ein Lastwagen. Ich konnte nicht mehr atmen, also schrie ich. Ich konnte nicht mehr stehen, also rannte ich in ein anderes Zimmer und schlug mit meinen Fäusten gegen die Wände. Ich fühlte mich, als hätte man mir bei lebendigem Leib die Eingeweide entrissen.» Faber wurde schliesslich ins Spital gebracht.
Sohn nicht gesehen
Als die Mutter zurück in der Schweiz war, musste man Alex identifizieren. Doch sie sollte ihn so nicht sehen, sondern in guter Erinnerung behalten können: «Sie sagten mir, sein Vater habe beim Anblick seines Sohnes aufgeheult wie ein verwundetes Tier und gefleht: ‹Seine Mutter darf ihn auf keinen Fall so sehen!›». Sie küsste lediglich das kalte Holz des Sargs, um sich von ihrem geliebten Sohn zu verabschieden.
An der Trauerfeier waren Familie und Freunde aus aller Welt. Sie trauerten und weinten – ausser Katja Faber. «Höchstwahrscheinlich war ich die einzige Person in der Kirche, die nicht weinte. Ich war wie betäubt», schildert sie in ihrem Brief.
Kein Wort kann das Leid beschreiben
«Dass ich diese Momente überlebte und nicht auf der Stelle starb, erstaunt mich heute.» So schildert Faber die Zeit nach dem Tod ihres Sohnes. In der ersten Woche musste sie sich immer wieder übergeben.
Auch zweieinhalb Jahre nach dem schrecklichen Vorfall sitzt der Schmerz tief: Es gebe kein Wort für das Leid von Eltern getöteter Kinder. Das Wort Trauer sei zu schwach, fast schon obszön, wie sie findet. Elternvernichtung sei viel passender. Faber: «Ich, eine Mutter, wurde vernichtet, als mein Sohn auf brutalste Weise geschlagen wurde.»
Sie könne bis heute nicht in der Öffentlichkeit weinen: «Wenn ich einmal begonnen habe, kann ich nicht mehr aufhören.»
Manchmal schaue sie einfach in die Leere: «Ich sass auf dem Sofa und starrte den schwarzen Fernsehbildschirm an. Ich lag in der Badewanne, betrachtete das Wasser, hörte meinem Atem zu und stellte mir vor, ich sei tot.»
Doch sie müsse auch weitermachen. Deshalb kochte sie manchmal für ihre verbliebenen Kinder das Lieblingsessen von Alex.
Enttäuschung über Täter-Familie
Im emotionalen Brief beschreibt Faber auch die Enttäuschung über die Täterfamilie während des Prozesses: «Es gibt eine Person, die durch Abwesenheit glänzt: der Vater des Angeklagten, der den Lebenswandel seines Sohnes und dessen Drogenkonsum finanziert hat. Bin ich die Einzige, die sich fragt, was denn noch wichtiger sein könnte als der Prozess des eigenen Sohnes?»
Zudem wurde der Familie von Alex auch eine Rechnung über 1217 Franken für den Abtransport vom Tatort geschickt. Die Familie des Täters habe kein Angebot gemacht, sich zu beteiligen: «Ich weigerte mich, die Rechnung zu begleichen. Höflich schrieb ich der Firma: ‹Vielleicht kann die Familie des Täters Ihnen weiterhelfen›». (maz)
*Namen der Redaktion bekannt