Sie gehört zu den rund drei Prozent der Schweizer, die an der Volkszählung 2017 teilnehmen müssen: Gaby Nehme (57) aus Winterthur. Das Bundesamt für Statistik (BFS) hat ihr einen mehrseitigen Fragebogen zugeschickt, den sie bis zum 26. Januar ausfüllen muss. Weigert sie sich, die Hosen runterzulassen, könnte sie zur Kasse gebeten werden.
Viel zu persönliche Fragen
Das sei eine Sauerei, sagt Nehme. Denn sie will die Fragen nicht beantworten. Zu persönlich seien diese. «Die wollen von mir wissen, in welcher Sprache ich denke, in welcher Beziehung ich zu Mitbewohnern stehe, wie hoch meine Miete ist und welche Verkehrsmittel ich für den Weg zur Arbeit jeweils benutze», so Nehme. Ihr sei schleierhaft, wofür man diese Angaben bei einer Volkszählung brauche.
«Niemand kann sagen, was aus diesem Land wird»
Nehme hat eine kritische Einstellung gegenüber dem Staat: «Jetzt ist die Gefahr vielleicht nicht sehr gross, dass mir das Ausfüllen eines solchen Fragebogens am Ende zum Verhängnis wird – aber gerade in der heutigen Zeit kann niemand sagen, was aus diesem Land noch wird», sagt sie.
Nehme ist mit einem Ausländer verheiratet, der aus einem Land kommt, in dem Bürger solche Fragen niemals beantworten würden. «Das gibt mir schon zu denken, dass ich in der Schweiz dazu gezwungen werden kann», sagt Nehme.
«Die Zeit fürs Ausfüllen des Fragebogens zahlt mir niemand»
Wütend macht Nehme vor allem, dass sie bis zu 1000 Franken zahlen muss, wenn sie den Fragebogen nicht ausfüllt. «Nicht nur wegen der viel zu persönlichen Fragen, sondern auch weil das Ausfüllen Zeit in Anspruch nimmt, die mir niemand zahlt», sagt Nehme. Die 57-Jährige führt in Winterthur selbständig einen Druckershop.
Für Nehme ist klar: «Das BFS will damit doch einfach unter Bussenandrohung Daten für kleine Rechenspiele sammeln.»
Noch nie wurde jemand zur Kasse gebeten
Nehme wird diesen Fragebogen nicht ausfüllen. «Dagegen werde ich mich wehren», sagt sie. Das BFS sieht dem jedoch gelassen entgegen.
«Die meisten Befragten verstehen den Bedarf an diesen Daten und liefern die Angaben in sehr hoher Qualität», sagt Mediensprecherin Carole Greppin. Die Rücklaufquote betrage denn auch 90 Prozent. Und bei den wenigen, die den Fragebogen nicht zurückschicken, wurde bislang noch nie eine Busse ausgesprochen.
Boykott im Zuge der Fichen-Affäre
Und sowieso, macht Greppin deutlich, gebe es keine Bussenandrohung. Vielmehr sehe das Gesetz in so einem Fall die Erhebung von Aufwandgebühren vor. Maximal 1000 Franken dürfen in Rechnung gestellt werden.
Die eidgenössischen Volkszählungen sorgen immer wieder für Unmut. 1990, auf dem Zenit der Fichen-Affäre, boykottierten mehrere Tausend Schweizer die Volkszählung und wollten dadurch ein Zeichen gegen die Daten-Sammelwut des Staates setzen.