Wenige Meter von ihrer Stammbeiz entfernt, vor dem Bahnhof Hinwil ZH, traf Mirjam Niggli (41) auf dem Heimweg ihre Peiniger. «Es gab einen kurzen Wortwechsel, dann schlugen sie zu», sagt die Hinwilerin. Warum sie mit den Männern ein Gespräch geführt hatte, weiss sie nicht mehr. Wegen der Gehirnerschütterung kann sie sich nur bruchstückhaft an den Abend am vergangenen Donnerstag erinnern. Einzig: «Die Attacke begann mit einem Faustschlag an den Kopf. Danach stürzte ich auf die Zuggeleise», erinnert sich Niggli. «Ich schlug hart mit dem Kopf und der Hüfte auf.»
Damit nicht genug. «Sie zogen mich von den Gleisen und prügelten auf dem Perron weiter auf mich ein. Damit ich mich nicht mit den Armen schützen konnte, standen sie auf meine Hände. Sie schlugen 15 Minuten auf mich ein.»
Das Resultat der Attacke: Ein Loch im Kopf, eine Gehirnerschütterung, beide Hände gequetscht und offene Wunden sowie zahlreiche Prellungen am Körper. Die Geigerin kann ihre linke Hand kaum mehr bewegen. Und sie hat unglaubliche Kopfschmerzen. An Arbeiten ist noch eine Weile nicht zu denken. Für die selbständig Erwerbende ein finanzielles Desaster.
Ich schrecke bei jedem Geräusch auf
Doch noch schlimmer als die Wunden am Körper sei der psychische Schaden, sagt Mirjam Niggli. «Ich schrecke bei jedem Geräusch auf. Wage mich kaum mehr vor die Tür. Kann nicht schlafen.»
Niggli hat bereits Strafanzeige gegen unbekannt eingereicht. Die Polizei hat die Ermittlungen aufgenommen, wie Kantonspolizei-Sprecher Stefan Oberlin gegenüber BLICK bestätigt. Noch sind die Täter aber nicht bekannt. Zeugen fehlen. Auf dem Bahnhofareal gibt es nur in der Schalterhalle und im Migrolino eine Überwachungskamera. Zum Zeitpunkt der Attacke, kurz nach 22 Uhr, war so gut wie niemand beim Bahnhof unterwegs.
Niggli weiss noch, dass es mindestens sieben Männer waren. Und dass sie um die 20 Jahre alt sein müssen. Die zwei jungen Frauen, die sie schliesslich gefunden und gerettet haben, konnten einen relativ genauen Zeitpunkt angeben. Sie fanden Niggli kurz nach 22 Uhr.
Auch noch den Bus beschädigt
Noch unklar ist der Zeitpunkt, an dem der Band-Bus von Mirjam Niggli mit schwarzer Farbe beschmiert worden ist. «Ich habe ihn zuletzt am Mittwoch gesehen, da war alles noch okay. Am Freitag hat die Polizei die Schmiererei registriert», sagt Niggli. Es ist also zeitlich parallel mit der Attacke am Donnerstag auf die Musikerin passiert. War der Angriff also kein Zufall?
Die Musikerin hat auf Facebook Fotos von ihren Verletzungen gestellt und berichtete über die Attacke. Dutzende Menschen schickten Genesungswünsche.
Nicht die erste Attacke am Hinwiler Bahnhof
Bereits im August 2016 gab es auf den Perrons am Hinwiler Bahnhof eine Attacke. Damals wurde ein Fussballfan spitalreif geprügelt.
Die Gemeinde Hinwil hat vermehrte Patrouillen der Kantonspolizei angekündigt. Die SBB überprüfen, ob sie wie bereits bei anderen Bahnhöfen auch Überwachungskameras installieren wird.