Auf der Kommode im Wohnzimmer von Roxana C.* (58) brennt eine Kerze – für ihren Ex-Mann Ante S.** (†60). Am Freitag erschiesst der 60-Jährige seine jetzige Lebensgefährtin Leonora F.** (†34) und ihre Freundin Dana T.** (†38) in Zürich Wiedikon, richtet danach sich selbst. Die Hintergründe der Bluttat sind noch unklar.
Was geschehen ist, kann Roxana noch nicht glauben. Der Schmerz der 58-Jährigen sitzt tief, sie kämpft mit den Tränen, als sie erfährt, was ihr Ex-Mann getan hat. «Ich will seine Tat nicht rechtfertigen», sagt Roxana fassungslos zu BLICK. Aber: «Ante war kein kaltblütiges Monster», beteuert sie.
Von der Geiselnahme erfährt sie von der Polizei. Beamte klingeln am Freitagmorgen an ihrer Tür und befragen sie. «Sie teilten mir mit, dass Ante mit aller Wahrscheinlichkeit tot ist», sagt sie. Ihre Stimme bricht.
Ex-Frau ist sich sicher: «Es war ein Beziehungsdrama»
Was hat den 60-Jährigen zum Mord getrieben? Roxana ist sich sicher: «Es war keine blosse Geiselnahme, sondern ein Beziehungsdrama.» Ihr Ex-Mann lernt Leonora F. bereits vor elf Jahren kennen, noch während die 58-Jährige mit ihm verheiratet ist. Vier Jahre lang duldet sie die Affäre. «Danach wurde mir bewusst, dass es mehr als nur ein Seitensprung war – er war in sie verliebt. Also habe ich ihn verlassen und mein Leben weitergelebt.»
Über Jahre hinweg bleibt sie aber stets mit S. in Kontakt, nicht zuletzt weil sie sich zusammen um den gemeinsamen Hund Bobi (10) kümmerten. So erfährt Roxana, dass er das ganze Leben der jungen Frau finanziert: Ihre Ausbildung zur Pflegefachfrau, Weiterbildungen, Reisen nach Übersee und eine Wohnung.
Ante S. isolierte sich von Freunden und Familie
Auch zwei Unternehmen, die in seinem Besitz sind, überschreibt er der 34-Jährigen: Eine Limousinenvermietung und eine Sicherheitsfirma – allerdings ist diese bereits aufgelöst, wie BLICK-Recherchen zeigen. «Er gab ihr alles, was sie verlangte», erzählt seine Ex-Frau. Zunehmend isoliert sich Ante S. auch von Freunden und Verwandten – auf Wunsch von seiner Lebensgefährtin.
Vor anderthalb Monaten sei es dann zum drastischen Bruch in der Beziehung zwischen S. und F. gekommen. «Sie hat ihre gemeinsame Wohnung verlassen, um Kaffee trinken zu gehen», schildert Roxana. «Danach schickte sie ihm ein SMS, dass sie am darauffolgenden Samstag ihre Kleider abholen würde.» F. verlässt den 60-Jährigen nahezu wortlos. «Ante war am Boden zerstört», so Roxana. «Er war unsterblich in sie verliebt.»
Die 58-Jährige zündet sich eine Zigarette an, der Raum füllt sich mit Rauch. Es fällt ihr schwer über ihren Ex-Mann und seine Tat zu sprechen. Zuletzt hat Roxana am Donnerstag mit S. Kontakt. «Er fragte mich, ob ich auf unseren Hund aufpassen würde, falls ihm etwas zustiesse», sagt sie. Roxana denkt, dass ihr Ex-Mann wieder an Herzbeschwerden leide, weshalb er keine Zeit für Bobi habe. Doch im Nachhinein fragt sie sich: Hat S. bereits geahnt, was am Freitag passieren könnte?
Letztes SMS an den Schwiegersohn
Dennoch nimmt Roxana ihren Ex-Mann in Schutz: «Wieso hat er mich nicht erschossen? Ich habe ihn auch verlassen.» Und weiter: «Wenn er geplant hätte, sie zu töten, hätte er nicht drei Stunden lang verhandelt. Seine Wahnsinnstat muss im Affekt passiert sein.»
Fakt ist: Um 8.30 Uhr sucht Geiselnehmer Ante S. ein letztes Mal den Kontakt zur Polizei und verspricht, dass er sich in zehn Minuten stellt. Nur vier Minuten später schreibt er laut Roxana seinem Schwiegersohn eine SMS: «Ich habe Scheisse gebaut. Komm zur Polizei.» Was in den letzten Minuten genau geschah, bleibt unklar. Schüsse fallen. Ante S. und seine zwei Geiseln sind tot.
* Name der Redaktion bekannt
** Namen geändert