BLICK an Bord der Ju-Air
So war der Erstflug nach dem Crash

Beim Absturz der «Tante Ju» am Piz Segnas kamen vor zwei Wochen 20 Menschen ums Leben. Gestern hat die Ju-Air den Flugbetrieb wieder aufgenommen. BLICK war an Bord des ersten Ju-52-Fluges.
Publiziert: 18.08.2018 um 00:03 Uhr
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Aktualisiert: 14.09.2018 um 20:34 Uhr
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BLICK-Reporterin Dominique Rais war auf dem ersten Ju-Air-Flug nach dem tragischen Absturz einer Tante Ju am Piz Segnas mit an Bord.
Foto: BLICK
Dominique Rais

Der Puls in der Kabine steigt, als die Ju-52 mit Kennzeichen HB-HOS gestern in Dübendorf ZH auf die Startbahn rollt. Denn als sich am 4. August letztmals eine Maschine dieses Typs mit Passagieren in den Himmel erhob, zerschellte sie am Piz Segnas in den Bündner Bergen.

13 Tage nach dem Drama der Schwestermaschine HB-HOT im Sardona-Kessel sitzt eine deutsche Reisegruppe in der Oldtimer-Maschine. Und hofft, dass diesmal alles gut gehen wird. «Unglücke passieren. Aber ich habe Vertrauen in Mensch und Technik», spricht sich Passagier Karl Pflüger (52) Mut zu.

BLICK ist bei der Wiederaufnahme des Flugbetriebs mit an Bord. Um 16.15 Uhr geben Chefpilot Andreas Pfisterer (49) und Uwe Schmuck (60), zweiter Pilot, vollen Schub voraus. Innert weniger Sekunden beschleunigt die Maschine auf rund 100 km/h.

Hier hebt die «Tante Ju» ab
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Erstflug nach Absturz:Hier hebt die «Tante Ju» ab

Der Druck auf die Piloten ist enorm

Sanft hebt sie ab. Das mit Baujahr 1939 älteste Passagierflugzeug der Welt setzt Kurs Richtung Bensheim (D). Was wohl im Cockpit der «Tante Ju» vor sich geht? Der Druck auf die Piloten ist enorm.

Nachdem ihre Fliegerkollegen Ruedi J.* (†62) und Peter M.* (†63) mit Flight Attendant Yvonne B.* (†66) und 17 Passagieren verunglückt sind, beobachtet die Öffentlichkeit sie mit Argusaugen. Und doch ist das Deutschland-Abenteuer anlässlich der Bensheimer Flugtage ausgebucht.

Nach der Landung am Zielort spürt Chefpilot Pfisterer «pure Erleichterung». Zuvor steuert er mit Kollege Schmuck die Ju-52 gekonnt mit 180 km/h über den Rheinfall. Die Aussicht ist atemberaubend. Als sich dann noch ein Regenbogen am Himmel auftut, macht sich in der Maschine eine merkwürdige Stimmung breit: Es wirkt, als würden die Verstorbenen des Unglücksflugs uns begleiten.

Mulmig zumute ist fast allen Passagieren an Bord

Die Emotionen an Bord wären auch sonst schon stark genug gewesen. Passagier Josef Ritzert (60) kämpft mit seinen Gefühlen, während er über die Ju spricht: «Das ist mein dritter Flug mit der Ju-52.» Kurz habe er ob der Entscheidung mitzufliegen gezögert: «Unbegreiflich. Es ist einfach nur schlimm, was passiert ist.»

Auch Andrea Pflüger (54) stieg mit gemischten Gefühlen ein. «Im ersten Moment war mir mulmig zumute, aber es war eine bewusste Entscheidung, trotzdem mitzufliegen», sagt sie. Für sie ist klar, dass die Technik nicht die Ursache für den Absturz war.

Ein Blick aus dem Fenster: Auf den Wellblech-Tragflächen tänzeln die letzten Sonnenstrahlen. Die Ju-52 überfliegt das Rheintal in Richtung Norden. Nur wenige Hundert Meter über dem Boden – über Ackerfelder, grüne Wälder. Der zweite Pilot, Uwe Schmuck, kündigt eines der Highlights an: «Hier zu unserer Rechten sehen Sie den Hockenheimring.»

«Ich war geschockt. Aber ich wusste, ich werde wieder fliegen!»

Um das Wohl der Passagiere kümmert sich Flugbegleiterin Nicole Dawo. Für sie war es nie ein Thema, ihre Schicht auf dem Erstflug nach der Tragödie abzutauschen: «Ich war geschockt. Unvorstellbar, was passiert ist. Aber ich wusste, ich werde wieder mit der Ju fliegen!»

Im Nu ist der Flug schon wieder vorbei. Um 17.47 Uhr setzt die «alte Dame» auf der Rasen-Landebahn des Segelflugplatzes in Bensheim auf. Dem Rumpf der Ju entsteigen zufriedene Passagiere. Wie fast immer in den letzten 36 Jahren.

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