Ariana B. (28) gab 1-Sterne-Bewertung auf Google
Polizist im Internet kritisiert – Anzeige!

Die Zürcherin Ariana B. erhielt eine Strafanzeige, weil sie einen Polizisten für dessen Arbeit kritisierte. Nachdem BLICK über den Fall der negativen Google-Bewertung recherchiert hatte, wurde der Polizist strafversetzt.
Publiziert: 16.01.2020 um 22:16 Uhr
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Aktualisiert: 17.01.2020 um 10:55 Uhr
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Ariana B. wurde von einem Zürcher Polizisten wegen übler Nachrede verklagt.
Foto: Siggi Bucher
Fabian Vogt

Die Polizei, dein Freund und Helfer? Nicht immer, wie Ariana B.* (28) erfahren musste. Sie wollte auf dem Posten in Stäfa ZH eine einfache Anzeige einreichen – und wurde stattdessen von Polizist Michael T.** verklagt.

Die Geschichte beginnt letzten Sommer. Damals klingelte die Polizei bei Ariana B. Der Grund: Ihre Vermieterin hatte sich beschwert. Sie beherberge einen «Illegalen», lautete der Vorwurf. In der Wohnung trafen die Beamten allerdings lediglich den Verlobten aus den USA, der sich völlig legal in der Schweiz aufhielt. Ariana B. sah von einer Klage gegen ihre Vermieterin ab, sie war damals ohnehin schon auf der Suche nach einer neuen Bleibe.

Geschlossener Polizeiposten

Mitte Dezember änderte sie ihre Meinung und rief beim Polizeiposten Stäfa an, schilderte den Vorfall. Dort erfuhr sie vom Polizisten Michael T., dass Anzeigen auf dem Posten gemacht werden müssen. Die Verkäuferin nahm sich den Nachmittag frei, fuhr nach Stäfa und sah dort, dass das Polizeibüro geschlossen war. «Das hätte man mir auch am Telefon sagen können», sagt die genervte B. zu BLICK. Doch ihr Ärger hatte damit erst begonnen.

Am nächsten Morgen – sie nahm sich nochmals frei – fuhr die 28-Jährige erneut nach Stäfa. Michael T. war am Schalter und erklärte, dass keine Anzeige gemacht werden könne. Die Frist dafür sei abgelaufen. B. war perplex: «Warum hat er mir das nicht schon am Telefon gesagt? Das hätte mir viel Aufwand erspart.» B. fuhr nach Hause, und weil der Polizeiposten Stäfa eine Google-Seite hat, hinterliess sie dort eine Rezension. Sie schrieb das Geschehene nieder und gab dem Posten die schlechteste mögliche Bewertung: einen Stern. Damit war die Sache für B. dann eigentlich erledigt.

Polizist macht Anzeige gegen die Google-Kritikerin

Nicht so für Michael T. – der Polizist wurde in der Google-Bewertung nämlich namentlich erwähnt, und das passte ihm gar nicht. Er erstattete Strafanzeige gegen B. – wegen Ehrverletzung und übler Nachrede. Die Verkäuferin fiel aus allen Wolken. «Ich dachte, ich höre nicht richtig. Ich habe nur seine Arbeit bewertet, das ist mein gutes Recht.» Ausserdem habe sie ja niemanden beleidigt, sich nicht im Ton vergriffen. Ihr Urteil: «Michael T. hat einfach einen schlechten Job gemacht.»

Von BLICK mit dem Vorfall konfrontiert, lässt die Kantonspolizei Zürich ausrichten: «Wir bedauern das Ganze. Es entspricht nicht unserer Haltung, bei Kritik Anzeige zu erstatten.» Man werde nun intern weitere Abklärungen treffen. Einen Tag später meldet sich Ariana B. bei BLICK. Der verantwortliche Polizeichef habe extra seinen Skiurlaub abgebrochen, um sich um ihren Fall persönlich zu kümmern. Er habe sich auch bei ihr entschuldigt, was sie sehr schätze. Auch sein Kollege Michael T. habe daraufhin die Anzeige zurückgezogen.

Michael T. ist versetzt worden

Für den beleidigten Polizisten hat die Geschichte dennoch unangenehme Konsequenzen. Die Kantonspolizei Zürich sagt auf Anfrage, dass der Betroffene vorerst nicht mehr in Stäfa arbeitet und an eine Stelle ohne direkten Bürgerkontakt versetzt wurde. Michael T. selbst war für BLICK-Nachfragen nicht erreichbar.

* Name d. Red. bekannt

* Name geändert

Soweit darf man bei Online-Kritiken gehen

Von Dominique Rais

Online-Bewertungen sind ein beliebtes Instrument. Doch wer seine Meinung ungefiltert verbreitet, kann schnell Ärger bekommen und im Ernstfall ein juristisches Verfahren riskieren. «Die meisten schlechten Bewertungen entstehen aus spontanem Frust seitens von Kunden und finden im Affekt statt. Das wiederum führt häufig zu unüberlegten Äusserungen», sagt Internet-Anwalt Martin Steiger (41) zu BLICK.

Gerade Bewertungsplattformen wie «Google My Business» werden laut Steiger für Fake- und Rache-Bewertungen missbraucht. «Das Grundproblem ist der Wahrheitsgehalt. Fake-Bewertungen sind rechtswidrig. Bewertungen, die von tatsächlichen Kunden verfasst werden, müssen wahr und beweisbar sein», so der Experte für Recht im digitalen Raum.

Keine Beleidigungen, keine Drohungen

Doch wer eine Bewertung schreibt, muss auf weit mehr achten. Steiger dazu: «Die persönliche Wahrnehmung darf durchaus geschildert werden, aber die Bewertung sollte nicht unnötig verletzend oder beleidigend sein und weder Beschimpfungen noch Drohungen enthalten.»

«Es gibt einen grossen Graubereich, wenn es um Online-Bewertungen geht. Oftmals ist es ein schmaler Grat», so Steiger. Wer diese Grenze jedoch überschreitet, muss mit juristischen Konsequenzen etwa wegen unlauteren Wettbewerbs, Ehr-, Persönlichkeits- oder Datenschutzverletzungen rechnen.

Besser nicht aus dem ersten Ärger schreiben

Um wegen einer Google-Rezension nicht unnötig vor Gericht zu landen, hat Internetrecht-Experte Steiger einen guten Rat: «Es ist riskant, aus der Wut raus etwas zu schreiben – gerade wenn es um Bewertungen geht. Eine gewisse Distanz führt zu besseren Entscheidungen. Es lohnt sich oft nochmals, drüber zu schlafen.»

Denn: «Der erste Gedanke sollte keine Online-Bewertung, sondern eine direkt Rückmeldung an das Unternehmen sein.» Steiger empfiehlt daher, eine E-Mail zu schreiben und seine Beschwerde so persönlich zu deponieren.

Genaue Zahlen in Zusammenhang mit schlechten Online-Bewertungen, die zu juristischen Verfahren geführt haben, gibt es laut Steiger nicht. «Es handelt sich eher um Einzelfälle. Betroffene machen bei schlechten Bewertungen oft die Faust im Sack. Und hoffen, dass mit genügend positiven Bewertungen, die schlechten zugeschüttet werden.»

Viele Betroffene wissen nicht, wie man sich wehren kann

Nicht selten sei auch Unwissenheit der Grund, dass gegen die Verfasser von rufschädigenden Bewertungen keine juristischen Verfahren angestrebt werden. «Vielen Unternehmern ist es nicht bewusst, dass sie sich wirksam gegen falsche oder rufschädigende Bewertungen wehren können. Andere wiederum wissen von der Möglichkeit, scheuen aber erst einmal die Kosten.»

Fakt ist: Eine schlechte Bewertung ist schnell geschrieben, aber es braucht lange, um sie wieder aus der Welt zu schaffen. Der Internet-Anwalt weiss: Um eine finale Löschung zu erwirken, hilft oft nur ein zivilrechtliches Verfahren. Also: Der lange Weg durch die Justiz.

«Es ist riskant, aus der Wut raus etwas zu schreiben – gerade wenn es um Bewertungen geht», sagt Internetrecht-Experte Martin Steiger.
zvg

Von Dominique Rais

Online-Bewertungen sind ein beliebtes Instrument. Doch wer seine Meinung ungefiltert verbreitet, kann schnell Ärger bekommen und im Ernstfall ein juristisches Verfahren riskieren. «Die meisten schlechten Bewertungen entstehen aus spontanem Frust seitens von Kunden und finden im Affekt statt. Das wiederum führt häufig zu unüberlegten Äusserungen», sagt Internet-Anwalt Martin Steiger (41) zu BLICK.

Gerade Bewertungsplattformen wie «Google My Business» werden laut Steiger für Fake- und Rache-Bewertungen missbraucht. «Das Grundproblem ist der Wahrheitsgehalt. Fake-Bewertungen sind rechtswidrig. Bewertungen, die von tatsächlichen Kunden verfasst werden, müssen wahr und beweisbar sein», so der Experte für Recht im digitalen Raum.

Keine Beleidigungen, keine Drohungen

Doch wer eine Bewertung schreibt, muss auf weit mehr achten. Steiger dazu: «Die persönliche Wahrnehmung darf durchaus geschildert werden, aber die Bewertung sollte nicht unnötig verletzend oder beleidigend sein und weder Beschimpfungen noch Drohungen enthalten.»

«Es gibt einen grossen Graubereich, wenn es um Online-Bewertungen geht. Oftmals ist es ein schmaler Grat», so Steiger. Wer diese Grenze jedoch überschreitet, muss mit juristischen Konsequenzen etwa wegen unlauteren Wettbewerbs, Ehr-, Persönlichkeits- oder Datenschutzverletzungen rechnen.

Besser nicht aus dem ersten Ärger schreiben

Um wegen einer Google-Rezension nicht unnötig vor Gericht zu landen, hat Internetrecht-Experte Steiger einen guten Rat: «Es ist riskant, aus der Wut raus etwas zu schreiben – gerade wenn es um Bewertungen geht. Eine gewisse Distanz führt zu besseren Entscheidungen. Es lohnt sich oft nochmals, drüber zu schlafen.»

Denn: «Der erste Gedanke sollte keine Online-Bewertung, sondern eine direkt Rückmeldung an das Unternehmen sein.» Steiger empfiehlt daher, eine E-Mail zu schreiben und seine Beschwerde so persönlich zu deponieren.

Genaue Zahlen in Zusammenhang mit schlechten Online-Bewertungen, die zu juristischen Verfahren geführt haben, gibt es laut Steiger nicht. «Es handelt sich eher um Einzelfälle. Betroffene machen bei schlechten Bewertungen oft die Faust im Sack. Und hoffen, dass mit genügend positiven Bewertungen, die schlechten zugeschüttet werden.»

Viele Betroffene wissen nicht, wie man sich wehren kann

Nicht selten sei auch Unwissenheit der Grund, dass gegen die Verfasser von rufschädigenden Bewertungen keine juristischen Verfahren angestrebt werden. «Vielen Unternehmern ist es nicht bewusst, dass sie sich wirksam gegen falsche oder rufschädigende Bewertungen wehren können. Andere wiederum wissen von der Möglichkeit, scheuen aber erst einmal die Kosten.»

Fakt ist: Eine schlechte Bewertung ist schnell geschrieben, aber es braucht lange, um sie wieder aus der Welt zu schaffen. Der Internet-Anwalt weiss: Um eine finale Löschung zu erwirken, hilft oft nur ein zivilrechtliches Verfahren. Also: Der lange Weg durch die Justiz.

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