Der Zug steht schon bereit, die Durchsage ertönt, nur noch wenige Minuten bis zur Abfahrt – jetzt noch ein Bierchen mit auf den Weg. Doch wo nur? Da wirds für den preisbewussten Pendler schwierig. Denn: Im gigantischen Angebot am Zürcher Hauptbahnhof den Überblick zu behalten, ist gar nicht so einfach.
In den Dutzenden Läden, Bars und Take-aways sind die Bierpreise noch unübersichtlicher als die Ticketpreise, wie der «Tages-Anzeiger» heute schreibt. Während ein Quöllfrisch beim Buffetexpress oder am K Kiosk in der Haupthalle 5.60 Franken kostet, zahlt man im Coop eine Treppe tiefer für dieselbe Dose gerade mal 1.70.
In Restaurants, etwa bei Burger King, gibts Bier «über die Gasse», allerdings für stolze 4.90 Franken pro 3-Dezi-Dose. In der Brassérie Fédéral muss man für einen halben Liter Bier gar bis zu 8.40 Franken hinblättern – HB-Rekord.
Pendler, die wegen des abfahrenden Zuges zur erstbesten Möglichkeit greifen, zahlen also gerne mal das Drei-, wenn nicht gar das Vierfache des Verkaufspreises.
Von 4 auf 7 Franken um 22 Uhr
Noch unübersichtliche wirds ab 22 Uhr. Während Verkaufsetablissements, die als Läden gelten (z.B. der preisgünstige Coop, Drinks of the World, die meisten Kioske), seit dem Entscheid der SBB im Jahr 2008 keinen Alkohol mehr verkaufen dürfen, regiert bei den Take-aways das reinste Preischaos.
Beim neuen trendigen Take-away «Guudy» gibts etwa einen Nachtzuschlag: Punkt 22 Uhr schlägt dort die grosse Dose Bier von 4 auf satte 7 Franken auf.
Eine Sonderstellung hat auch der Avec-Laden in der Halle Landesmuseum. Da wird Bier ab 22 Uhr munter weiter verkauft, allerdings für 4.95 statt 2.95 – unter der Woche bis 23 Uhr, am Wochenende bis 24 Uhr. Dieser Avec besitzt noch eine kleine Theke beim Ausgang und gilt deshalb als Take-away, obschon Sortiment sowie Distanz zu Kühlschrank und Kasse etwa gleich sind wie beim anderen.
SBB profitiert indirekt von der Nachttaxe
Woher rührt dieser Aufschlag? «Bis 22 Uhr herrschen Gassenpreise, ab dann Gastropreise», sagt SBB-Sprecherin Lea Meyer im «Tages-Anzeiger». Will heissen: Ab 22 Uhr dürfen nur noch Restaurants (z.B. die Brassérie Fédéral oder der Burger King in der Haupthalle) und Take-aways Alkohol verkaufen, und zwar zu Preisen, wie sie in Restaurants oder Bars üblich sind.
Brisant: An der drei Franken hohen Nachttaxe vom Imbisstand «Guudy» sind die SBB zwar finanziell nicht beteiligt, sie stellen aber die Infrastruktur zur Verfügung und erhalten im Gegensatz Nutzungsdaten der Take-away-Kunden. Zudem sind die SBB, wie bei allen Vermietungen, am Umsatz beteiligt – profitieren also indirekt vom Nachtzuschlag.
Take-away oder Laden?
Fraglich bleibt aber nicht nur die Bierpreispolitik am Zürcher HB, sondern auch die schwammige Unterscheidung zwischen gewöhnlichen Läden und Take-aways.
Hier zeigt sich die SBB jedoch einsichtig. In Bezug auf den Avec-Shop, der sich wegen einer kleinen Theke bisher als Take-away ausweisen durfte, sagt SBB-Sprecherin Meyer: «Die Abgrenzung ist unklar. Zusammen mit dem Inhaber Valora haben wir daher festgelegt, dass die Bewilligung für den Avec in der Halle Landesmuseum rückgängig gemacht wird.» (gr)