«Diese braunen Kackfressen braucht keiner»
Schwyzer Jurist wegen Beschimpfung von Neonazi verurteilt

Ein Jurist postet auf Facebook ein Foto eines Neonazis mit Hakenkreuz, den er im Zug trifft. Das Bild macht die Runde und landet auch beim Betroffenen selber. Dieser reicht Klage ein – und gewinnt den Prozess.
Publiziert: 15.05.2018 um 15:14 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 15:50 Uhr
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Stolz posieren zwei Mitglieder der «Kameradschaft Heimatland» mit dem 28er-Emblem auf den Jacken.
Foto: Facebook

Verkehrte Welt: Ein junger Neonazi, der der rechtsextremen Organisation «Kameradschaft Heimatland» angehört, hat einen Juristen aus Lachen SZ verklagt, der ihn online beschimpfte. Das berichtet der «Bote der Urschweiz».

Was ist passiert? Die Jurist und A. S.* sitzen sich in der S-Bahn auf dem Weg zur Arbeit gegenüber. Neonazi A. S. trägt an seinem Arm ein Band mit Hakenkreuz und dem Schriftzug «Jugendsturm», die Vorläuferorganisation der Hitlerjugend.

Verwundert und schockiert über das Auftreten des jungen Mannes zückt R. S.* sein Handy, macht ein Foto von seinem Gegenüber und postet es auf seinem privaten Facebook-Account. Wie der «Bote» schreibt, äussert er in seinem Post seine Sorge über die öffentliche Haltung von A. S. und fordert seine Mitbürger auf, «wachsam zu bleiben.» Dazu schreibt er aber auch: «Diese braunen Kackfressen braucht keiner.»

Neonazi erfährt vom Online-Post

Schon nach kurzer Zeit erfährt A. S. vom Internet-Eintrag und reicht Klage wegen «Beschimpfung» ein. Der Jurist entschuldigt sich in der Folge beim Neonazi und erklärt ihm, dass es in seiner eigenen Familie Holocaust-Opfer gab. Sein Versuch, die Affäre aussergerichtlich zu bereinigen, bleibt erfolglos. Hinzu kommt: Die Mitglieder der «Kameradschaft Heimatland» verunglimpfen R. S. bei dessen Arbeitgeber.

Der Fall kommt vors Bezirksgericht March, und auch dort wird sein Antrag auf Verfahrenseinstellung abgelehnt. Wie das Gericht gegenüber BLICK bestätigt, wird R. S. mit einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen à 190 Schweizer Franken verurteilt. 

«Habe mich im Ton vergriffen» 

R. S., der sich vor Gericht selbst vertritt, findet das Urteil unfair. «Die Strafe ist unverhältnismässig hoch. Ich wollte Dampf ablassen und mein Umfeld auf die Thematik aufmerksam machen», sagt er. Dazu habe er sich als persönlich Betroffener vom Holocaust zu einer emotionalen Aussage hinreissen lassen, die der junge Mann mit seinem auffälligen Auftreten provoziert habe.

Beim Gedanken, dass die Kleidung – das offene Tragen eines Hakenkreuzes – von A. S. scheinbar völlige gesellschaftliche Akzeptanz geniesse, sei ihm einfach der Kragen geplatzt «und ich habe mich im Ton vergriffen. Das bedaure ich.»

R. S. hatte auf Freispruch oder eine reduzierte Busse von 250 Franken plädiert. Ob der Jurist die weitaus höhere Geldstrafe akzeptiert, konnte das Bezirksgericht nicht sagen. (aho)

* Name geändert

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