Er ist 77, aber die rauen Felsplatten und Gesteinsbrocken überwindet er flink wie eine junge Gams. «Sie sind, wie sie sind, und bleiben, wie sie waren. Über manche bin ich schon im Alter von sieben Jahren gestiegen», sagt Bergführer und Ski-Akrobatik-Legende Art Furrer. Er lässt sich auf einem Stein oberhalb des 14,8 Kilometer langen Fieschergletschers (grosses Bild) nieder. Für ihn ein besonderer Ort.
«Mein Vater war Wilderer. Das war strikte verboten. Mitten in der Nacht ging er hier in diesem Gebiet Gämsen jagen, nahm sie aus und legte das Fleisch unter anderem auch unter diesen Stein, auf dem ich jetzt sitze», sagt er mit schelmischem Lächeln und wässrigen Augen. Er und sein ein Jahr jüngerer Bruder Gregor mussten am anderen Tag die Beute nach Hause zur Mutter bringen. Als Art zehn Jahre alt war, durfte er seinen Vater manchmal auf dessen nächtlichen Streifzügen durch die Wälder und Felsen begleiten. «Wir machten das, bis ich 13 war. Dann starb mein Vater, der im Bergbau arbeitete, an einer Staublunge.»
Heute teilt Art Furrer seine schönen Erinnerungen in der kargen Gletschergegend mit Ehefrau Gerlinde (72), «meine Berggeiss», nennt er sie zärtlich. Vor 49 Jahren lernte er die lebhafte Blondine aus Österreich im amerikanischen New Hampshire beim Frühlingsskifahren am Mount Washington kennen. Der kantige und charmante Walliser war sechs Jahre zuvor als 22-Jähriger vom kleinen Bergdorf Greich in die USA ausgewandert. Er wollte seinen Traum vom erfolgreichen Ski-Akrobaten leben und nebenher als Skilehrer Money machen.
Bald schon gehörten zu seinen Kunden US-Komponist Leonard Bernstein (1918–1990) und Mitglieder der Kennedy-Familie. Nach vierzehn Jahren zog Furrer, damals bereits mit Gerlinde verheiratet, in sein geliebtes Wallis zurück. «Bei einem Kurs von Fr. 4.30 pro Dollar hatte ich plötzlich viermal mehr Geld und so meine erste Million zusammen», erinnert er sich. Mit dem Geld baute er sich auf der Riederalp oberhalb von Greich sein kleines Hotelimperium auf. Seit sechs Jahren führt es sein ältester Sohn Andreas (45).
Das Paar, mittlerweile Grosseltern von sechs Enkeln, hat endlich Zeit für sich. Verliebt halten sie Händchen, teilen auch nach 48 Jahren Ehe noch Spässe miteinander. Das war nicht immer so, auch sie hatten ihre Krisen. «Es gab eine Zeit, da lebten wir etwas aneinander vorbei. Gerlinde zog die drei Kinder gross, arbeitete im Restaurant, ich war als Bergführer unterwegs», sagt Furrer.
Viele erinnern sich noch, wie er 1986 als Lockvogel in «Verstehen Sie Spass?» mit Kurt Felix (1941– 2012) einen Ami mit vier Meter langen Ski spielte. «Kurt hat mir dazu den Cowboyhut und somit mein Markenzeichen geschenkt», so Art Furrer.
Er und Gerlinde fanden im Laufe der Ehejahre zu ihrer Liebe zurück. «Klettern ist für uns die beste Ehetherapie», sagt er. Er und seine Frau haben schon sechs Mal das Matterhorn gemeinsam bestiegen. «Man ist mit einem Seil aneinander gebunden, muss sich komplett auf den anderen verlassen. Das schweisst zusammen.»
Während er erzählt, schneidet Furrer den Aletschkäse für seine Frau in mundgerechte Stücke, reicht ihr Speck, Trockenfleisch und einen Schluck Fendant. «Wir lieben unsere regionalen Produkte», schwärmen beide. Die seien so authentisch wie der Walliser selbst, den Art Furrer so beschreibt: «Wir sind stolz und treu. Doch auch introvertiert. Wer aber unser Herz gewinnt, hat den besten Freund.»