Samantha M.* (†19) aus Genf wird zuletzt in Yverdon-les-Bains VD gesehen. Es ist der 22. November 2017. Am Abend schickt das Mädchen seiner Mutter in Genf ein SMS: «Ich gehe spazieren.» Es ist das letzte Lebenszeichen des Mädchens. Ihr Handy bleibt danach stumm.
Am letzten Mittwoch macht ein Einwohner von Cheyres FR eine grausige Entdeckung. In einem Naturschutzgebiet am Ufer des Neuenburgersees findet er eine gefesselte Leiche. Sie ist grausam zugerichtet. Füchse sind über die sterblichen Überreste hergefallen.
Rasch ist klar, wer das Opfer ist: Das junge, hübsche Mädchen aus Genf, Samantha M. Zwei Tage später verhaftet die Polizei einen Mann (21) aus der Region, in der die Leiche gefunden wurde. «Es bestehen starke Hinweise, dass er der Täter ist», sagt ein Sprecher der Freiburger Polizei. Der Mann sitzt in U-Haft. Gestanden hat er bis gestern nicht.
Am ersten Tag des Verschwindens ermordet
Weshalb kam Samantha M. von Genf nach Cheyres FR? «Die beiden kannten sich, sie waren aber kein Paar», sagt der Polizeisprecher. Samantha M. fuhr mit dem Zug nach Cheyres, wo sie ihren Mörder traf. Die beiden hatten wohl abgemacht.
Samantha M. wurde am ersten Tag ihres Verschwindens ermordet. Ob sie auch vergewaltigt wurde, sagt die Polizei nicht.
Der Fundort der Leiche ist auch der Tatort. Freunde der Familie hängten in Cheyres in den letzten Wochen Suchanzeigen auf. «Darauf stand, dass das Mädchen zuletzt in Yverdon gesehen wurde», sagt ein Einwohner des kleinen Dorfs in der Broye-Region.
Samantha hatte italienische Wurzeln. Ihre Angehörige suchten auch in der RAI-Sendung «Chi l'ha visto?» («Wer hat sie gesehen?») nach der jungen Frau. Vergebens.
Warum gab es keine Vermisstmeldung?
Eine öffentliche Vermisstmeldung in der Schweiz gab es nie. Weshalb? «Wir kommentieren diesen Fall nicht», sagt ein Sprecher der Genfer Polizei. «Wir haben pro Jahr 1000 Vermisste im Kanton Genf. 2017 veröffentlichten wir nur sieben Vermisstanzeigen.»
Samantha M. wohnte mit ihrer Mutter in einer 16-stöckigen Hochhaussiedlung in der Nähe des Flughafens in Genf, wo viele Sozialfälle wohnen.
Abwart Antonio Almada (56) arbeitet seit 17 Jahren hier: «Ich habe am Samstag erfahren, dass Samantha ermordet wurde. Ich bin total schockiert.» Er kannte das Mädchen seit es ein Kind war. «Samantha war ein ruhiges Kind. Auch als Jugendliche machte sie hier nie Probleme. Es ist unfassbar traurig.»
Opferfamilie am Boden zerstört
Samantha M. wuchs vor allem bei ihrer Grossmutter auf, die in einem anderen Block der Hochhaussiedlung wohnt. Einen Vater hatte das Mädchen nie. Samantha M. hatte keinen Job.
Die Angehörigen der Getöteten sind momentan nicht in der Lage, über das Verbrechen zu sprechen. Samanthas Götti sagt nur: «Die Polizei hatte uns abgeraten, öffentlich nach Samantha zu suchen.» Die Genfer Polizei nahm an, das Mädchen sei einfach von zu Hause ausgerissen.
*Namen der Redaktion bekannt