Maries (†19) Eltern werden dem Mörder vor Gericht in die Augen schauen
«Hass wäre zu viel Ehre»

Ab Montag steht der Mörder der Pfarrerstochter Marie (†19) vor Gericht. Ihre Familie wird im Saal sitzen und macht sich auf das Schlimmste gefasst.
Publiziert: 05.03.2016 um 10:19 Uhr
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Aktualisiert: 27.09.2018 um 20:37 Uhr
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Marie starb im Mai 2013.
Foto: KAPO
Gabriela Battaglia

Der Fall erschütterte die Schweiz: Im Mai 2013 zerrte Claude Dubois (39) die 19-jährige Pfarrerstochter Marie in Payerne VD in seinen Toyota und raste mit ihr davon. Dann erdrosselte er sie mit einem Gurt. Tags darauf wurde er verhaftet.

In der Nacht führte Dubois die Polizei zu der Leiche seines Opfers. Dubois hatte versucht, die tote Marie in einem Waldstück zu verscharren.

Reue zeigt der Killer bis heute keine. Vielmehr wird er am Montag vor Gericht versuchen, sein Opfer als Prostituierte darzustellen. Marie habe im Internet Sex gegen Geld angeboten.

Die Eltern von Marie an der Gedenkfeier.
Foto: Keystone

«Wir wissen, dass Sachen gesagt werden, die unangebracht, respektlos und Lügen über Marie sind», sagt ihr Vater Antoine Schluchter im Magazin «L’illustré». Er, seine Frau Evelyne und auch Maries Schwestern werden trotzdem im Gerichtssaal sitzen. Sie wissen: «Das wird das Schmerzvollste sein, das wir zu hören bekommen. Aber wir sind darauf vorbereitet», so Vater An­toine.

Maries Vater schrieb seit dem Tod seiner Tochter zwei Bücher. Schluchter und Maries Mutter Evelyne wehren sich aber dagegen, Hass zu empfinden. «Damit gäbe man einem narzisstischen Perversen zuviel Ehre. Dieser ernährt sich von dem, was man über ihn sagt», so Pfarrer Schluchter.

Wird Dubois verwahrt?

Der Prozess gegen Dubois dauert die ganze Woche. Im Zentrum steht die Frage, ob der Sex-Mörder lebenslang verwahrt wird. Der Genfer Staranwalt Jacques Barillon, der die Eltern und die Schwester von Marie als Zivilkläger vertritt, spricht Klartext: «Wenn Claude D. nicht lebenslang verwahrt wird, müsste man dann nicht die Strafnorm ganz einfach aus dem Gesetz streichen?»

Ein erster Psychiater kam 2014 zum Schluss, Dubois sei ein unheilbarer Psychopath. Er habe eine mehrfach gestörte Persönlichkeit, die Rückfallgefahr sei sehr hoch und eine Therapie bringe nichts. Ein zweiter Gutachter weigerte sich 2015, eine definitive Prognose zu stellen.

Die Befragung der beiden Psychiater gehört zu den Schlüsselmomenten des Monster-Prozesses. Das Urteil gegen Dubois wird am 14. März erwartet.

Fussfesseln einfach durchgeschnitten

So schrecklich die Tat im Mai 2013 war, so schockierend waren die Umstände. Denn Dubois hatte damals noch nicht einmal seine erste Strafe verbüsst.

Als 21-Jähriger tötete er das erste Mal: 1998 entführte Dubois seine Ex-Freundin (†31), vergewaltigte sie und erschoss die Frau in einem Chalet. Im Juni 2000 verurteilte ihn ein Waadtländer Kriminalgericht dafür zu 20 Jahren Haft. Dubois zeigte nie Reue.

Nach dem Tötungsdelikt an der jungen Marie hatten Ende Mai 2013 in Lausanne zahlreiche Menschen gegen die Strafvollzugsbehörden demonstriert. (Archiv)
Foto: KEYSTONE/LAURENT GILLIERON

Seit Dezember 2011 hatte Dubois unbegleiteten Ausgang. Im August 2012 konnte er das Gefängnis sogar ganz verlassen: Er durfte arbeiten und hatte Hausarrest, abgesichert mit einer elektronischen Fussfessel. Ein Model ohne GPS. Als er Marie verschleppte, schnitt Dubois seine Fussfessel einfach durch.

Institutionelle Krise ohne Folgen

Im November 2012 musste Dubois zurück in den Knast, weil er Arbeitskollegen mit dem Tod bedroht hatte. Zudem eröffnete die Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Pornographie gegen ihn. Doch im Januar 2013 bekam der Sex-Mörder seine Hausarrest-Privilegien zurück. Den fatalen Entscheid fällte eine Richterin des Waadtländer Straf- und Massnahmenvollzugsgerichts.

Der Mord an Marie löste im Waadtland eine institutionelle Krise aus. Doch zum Schluss wurde niemand angeklagt. Der frühere Solothurner Oberstaatsanwalt Felix Bänziger, der ein Gutachten verfasste, stellte sich hinter die Waadtländer Justiz. Alle Entscheide seien nachvollziehbar gewesen. Die Waadtländer Behörden seien nicht verantwortlich für den Tod von Marie S.

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