Gäste zahlten unwissentlich auf sein Privatkonto ein – mit dem Geld ging er auf Reisen
Direktor schröpft Zermatter Hotel National um 495'000 Franken

Während acht Jahren liess der Direktor des Hotels National in Zermatt Gäste ihre Rechnungen auf sein privates Konto berappen. Fast 500'000 Franken zwackte der Mann so vom Vier-Sterne-Hotel ab – und ging damit auf Reisen. Jetzt steht der Luxus-Betrüger vor Gericht.
Publiziert: 25.04.2019 um 18:23 Uhr
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Aktualisiert: 25.04.2019 um 19:11 Uhr
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Thorsten K., Ex-Direktor des Hotels National in Zermatt.
Foto: Zvg
Helena Schmid

Über 20 Jahre lang führte Thorsten K.* (59) das Vier-Sterne-Hotel National in Zermatt VS mit Charme und Begeisterung. Er kümmerte sich stets um Gäste und Mitarbeiter, galt als aufgestellt und kompetent. Doch der Direktor hatte ein dunkles Geheimnis: Über acht Jahre hinweg steckte er Zahlungen der Hotelgäste in die eigene Tasche.

Am vergangenen Dienstag stand Thorsten K. deshalb vor dem Bezirksgericht Visp. Der Vorwurf: Veruntreuung! Dafür droht ihm nun Knast.

«Unmöglich zu entdecken»

Der aktuelle Geschäftsführer des Hotel Nationals, Sebastian Metry (36) sagt zu BLICK: «Während der 90er-Jahre lieferte er super Zahlen, baute eine treue Stammkundschaft auf.» Doch 2004 gerät der Direktor auf die schiefe Bahn. 

Er eröffnet ein Konto bei der Post-Finance, auf die Adresse des Hotels. Von da an lässt er einen Teil der Gäste die Rechnung auf dieses Postkonto einzahlen. Weder Eigentümer noch Mitarbeiter wissen von der neuen Bankverbindung. «Das war unmöglich zu entdecken. Schliesslich war das Konto nirgendwo aufgeführt», so Metry.

Mit dem Geld lebt der ohnehin schon gut verdienende Direktor in Saus und Braus. Er geht gerne und regelmässig auf Reisen. Monatlich soll Thorsten K. gut 11'000 Franken ausgegeben haben. Er schröpfte die Hotel-Gelder nicht etwa aus Not, sondern mit gezielter Absicht, hält das Gericht laut «Walliser Bote» am Dienstag fest.

Gauner flüchtet nach Deutschland

Bis 2012 wütet der Luxus-Betrüger weiter. Dann wird er entlassen – schon bevor die Eigentümer überhaupt von seinem Vergehen erfahren. «Der Verwaltungsrat stellte ihn per sofort frei, weil die Budgetvorgaben nicht mehr erreicht wurden», sagt Metry.

Der Direktor gerät ins Schleudern, lässt Unterlagen verschwinden und räumt das Postkonto leer. Als die Bank die Aufhebung dem Hotel schriftlich mitteilt, kommt der jahrelange Diebstahl ans Licht: 495'192 Franken hat Thorsten K. bis dahin vom Hotel National abgezwackt.

Die Hotel-Besitzer zeigen ihn an. K. flüchtet sofort aus Zermatt. Der Kontakt zu den Mitarbeitern bricht er ab. Heute lebt er wieder in Deutschland, führt eine kleine Beiz im Schwarzwald. Er lebe mittlerweile bescheiden, sagt der Ex-Direktor vor Gericht. Deshalb könne er die halbe Million auch nicht zurückzahlen, der Betrag müsse abgeschrieben werden.

«Er kann nicht flüchten und seine Schulden nicht begleichen»

Damit sind die Kläger überhaupt nicht einverstanden. Sie fordern die ganze Deliktsumme zurück. Auch der jetzige Mitbesitzer und Manager, Sebastian Metry sagt: «Er kann nicht einfach in Deutschland sein Scheinleben weiterführen und seine Schulden nicht begleichen.»

Seitdem das Paar das National im Jahr 2016 übernommen hat, ist das Hotel wieder auf einem guten Weg. «Wir sind transparent, können mit unseren Zahlen sehr zufrieden sein. Mit dem Gewinn der letzten Jahre kann sogar ein Grossteil der Renovation finanziert werden», erklärt Metry. In drei Jahren sollte das Vier-Sterne-Hotel fertig modernisiert sein.

Die Staatsanwaltschaft forderte für K. derweil eine bedingte Freiheitsstrafe von 21 Monaten und eine Busse von 800 Franken. Sein Verteidiger plädierte auf eine bedingte Freiheitsstrafe von höchstens einem Jahr. Das Urteil steht noch aus. Thorsten K. war für BLICK nicht erreichbar. 

*Name geändert 

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