Chemiekonzern muss vor Gericht
Lonza soll Walliser Trinkwasser verseucht haben

Aus dem Lonza-Werk in Visp VS gelangten grosse Mengen eines krebserregenden Lösungsmittels in die Umwelt. Im Juni kommt es deswegen zum Prozess.
Publiziert: 30.05.2018 um 16:00 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 15:06 Uhr
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Der Lonza-Kanal bei Raron VS: Über diesen Kanal gelangte das Dioxan in die Rhone.
Foto: Keystone
Cyrill Pinto

Schon wieder ein Umweltskandal im Wallis: Jahrelang leitete Lonza das giftige Quecksilber in die Umwelt. Jetzt ist es das krebserregende 1.4-Dioxan. Lonza muss sich Ende Juni dafür vor Gericht verantworten. Laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Oberwallis gelangte das Lösungsmittel zwischen 2011 und 2017 aus dem Lonza-Werk in grossen Mengen in die Umwelt.

Laut Anklage ist man sich sicher, dass nur Lonza die Quelle sein kann: Denn es ist der einzige Betrieb im Kanton Wallis, der die Chemikalie für seine Produktion einsetzt. Hunderte Tonnen des Lösungsmittels verwendet Lonza dafür in drei verschiedenen Betrieben am Standort Visp.

Einerseits gelangte der Stoff durch Versickern auf dem Werksgelände in den Boden, zu einem grösseren Teil gelangte er über das Abwasser und das Kühlwasser in die Umwelt. Weil 1.4-Dioxan durch die Abwasserreinigung nicht abgebaut werden kann, gelangte es von dort in die Rhone.

Auch Trinkwasser betroffen

Gemäss Anklageschrift wurde dadurch sogar Trinkwasser verseucht. Mehrere Grundwasserbrunnen bei Visp mussten stillgelegt werden, da der Grenzwert um ein Mehrfaches überschritten wurde. Doch nicht nur dort: Das Dioxan wurde im Grundwasser der gesamten Rohneebene nachgewiesen – bis im 60 Kilometer entfernten Fully VS. Dabei wurden die festgelegten Höchstwerte um ein Mehrfaches überschritten. Selbst im Genfersee konnte man den Stoff noch nachweisen – dort jedoch in einer Konzentration, die den Grenzwert nicht überschreitet. 

Die Mehrheit der Gewässerverschmutzungen sei von Lonza selbst festgestellt und anschliessend den kantonalen Behörden mitgeteilt worden – das war 2012. Obwohl man um seine Gefährlichkeit wusste, waren damals noch keine fixen Grenzwerte für Dioxan vom Gesetzgeber festgelegt. Erst danach legte der Bund Grenzwerte fest. Lonza ist deshalb der Ansicht, keine Verstösse gegen das Gewässerschutzgesetz begangen zu haben – die maximale Menge Dioxan, die über das Abwasser abgegeben werden kann, sei erst 2016 festgelegt worden. 

Gegen Pflichten verstossen

Gemäss Anklage verstiess das Chemieunternehmen jedoch gegen seine Pflichten, indem es die Behörden nie über die hohen Überschreitungen der Grenzwerte informierte. Ausserdem hätte Lonza den Behörden melden müssen, dass Dioxan auf dem Werksgelände im Boden versickerte, und den verseuchten Boden entsorgen müssen. Offenbar wusste Lonza bereits seit 2012 von den Problemen – das ganze Ausmass erfährt die Öffentlichkeit erst jetzt.

Lonza hatte eben erst seinen Quecksilber-Skandal aufgearbeitet. Zwischen 1930 und 1970 leitete der Betrieb grosse Mengen Quecksilber in die Umwelt. Böden unterhalb von Visp wurden deshalb verseucht. Lonza erklärte sich nach langwierigen Verhandlungen bereit, den grössten Teil der Sanierungskosten zu übernehmen. 

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