Schon wieder ein Quälhof-Skandal, der die Schweiz erschüttert. Nur sind diesmal gleich sechs Höfe im Kanton Luzern betroffen. Der zuständige Veterinärdienst beschlagnahmte am Dienstag 31 Rinder, die alle dem gleichen Halter-Paar gehören (BLICK berichtete).
Das Ausmass wurde gestern an der Pressekonferenz in Luzern publik: «Einige der Tiere haben hochgradige Gesundheitsmängel.» Konkret heisst das: «Die Rinder sind lahm und leiden unter Schmerzen.» Der Veterinärdienst sah deshalb in der Razzia die letzte Möglichkeit. Für die Tierärzte ist klar: «Eine angemessene Pflege vor Ort kann nicht sichergestellt werden.»
Niemand weiss, wo Urs B. steckt
Recherchen zeigen: Der dubiose Unternehmer Urs B.* (47) und seine Frau Silvia (44) tragen die Verantwortung. Trotzdem nahm B. gestern keine Stellung. Er war wie vom Erdboden verschwunden. Weder seine Mitarbeiter im Büro noch die Angestellten auf den Höfen in Ufhusen LU wissen, wo er steckt: «Der Chef ist heute nicht zu sprechen», heisst es überall.
Eine der Razzien fand auf dem grossen Milchbetrieb in Ufhusen statt. Dieser Hof ist alles andere als einladend. Der Eingang ist mit Gittern verbarrikadiert, und an jeder Ecke hat es Überwachungskameras. Die Arbeiter von B. wohnen gleich im Haus daneben. Fast alle kommen aus Osteuropa. Auch sie wollen ihren Chef nicht gesehen haben.
«Er ist ein Kaufmann, kein Bauer»
Dafür spricht sein Nachbar Landwirt Hans Steffen (68) Klartext: «Urs B. ist ein Kaufmann, kein Bauer.» Und doppelt nach: «Den Hof hätte man ihm schon lange wegnehmen sollen.» Das Treiben von B. ist ihm schon lange ein Dorn im Auge. Den Skandal hat er kommen sehen: «Das wirft jetzt ein schlechtes Licht auf alle anständigen Bauern!»
Auch Landwirt Hans Rudolf Oberli (65) aus Schangnau BE ist sauer. «Seit 2014 pachtet er meinen Betrieb in Schangnau BE. Doch den Zins zahlt er nicht.» B. schulde ihm mittlerweile einen sechsstelligen Betrag.
Oberli will den Vertrag seit 2015 einseitig künden. Bislang ohne Erfolg: «Er wehrt sich mit seinem Anwalt dagegen. Obwohl der Betrieb seit Monaten leer steht.» Oberli ist wütend: «B. kassiert sämtliche Direktzahlungen für die 19,5 Hektaren Nutzfläche, während ich für die Gebäudeversicherung und die Liegenschaftssteuer aufkomme!»
Bauer Oberli hat Angst um seine Tiere
Der Berner räumt ein: «Ich bin auf B. hereingefallen. Er ist ein Blender. Nachdem ich den Hof zur Pacht ausgeschrieben hatte, kam er mit dem Helikopter zur Besichtigung.» Anfangs zahlte der dubiose Unternehmer sogar. Er kaufte Oberli die Tiere auf dem Hof in Schangnau BE ab – 20 Pferde und 35 Stück Vieh.
Das quält Oberli am meisten: «Jetzt weiss ich nicht, wie es den Tieren geht. Ich mache mir grosse Sorgen.» Auch weil er später gesehen hat, wie die Leute von B. arbeiten. «Er liess meinen Hof von einem slowakischen Paar bewirtschaften. Die hatten keine Ahnung. Sie fütterten die Tiere oft erst spät am Abend.» Jetzt hofft der Berner, dass er mindestens seinen Hof wieder zurückkriegt.