Mehrfachtäter Peter Vogt (69) sitzt schon seit über 25 Jahren hinter Gittern – ohne Aussicht auf Entlassung. Seit über einem Jahr will er mit Hilfe der Sterbehilfe-Organisation Exit aus dem Leben scheiden (BLICK berichtete). Aber der Todeswunsch des Verwahrten löst kontroverse Reaktionen aus.
Der Zuger Gefängnispfarrer Hans Guldenmann (63) ist etwa klar gegen die Sterbehilfe hinter Gittern. «Mein oberstes Ziel ist immer, die Menschen zum Leben zu führen», sagt er. Und plädiert dafür, die Hoffnung nicht zu verlieren. «Ich hatte auch Häftlinge, die nach 20 Jahren in Freiheit entlassen wurden.»
Sühne für ein Verbrechen
Opfervertreter sehen es ähnlich, wenn auch aus völlig anderen Gründen. Christine Bussat (48) gründete den Verein Marche Blanche, der unter anderem die Pädophilen-Initiative lancierte. Ein solcher Täter solle «schmoren bis zum bitteren Ende», sagte sie zu BLICK. «Es geht auch um Sühne für ein Verbrechen.»
Trotz Kritik könnte bald Bewegung in die Sache kommen. Denn der lebensmüde Peter Vogt ist nicht alleine. «Ich kenne mindestens vier andere, die sterben wollen», sagt der Sexualverbrecher. Unrealistisch ist das nicht. In der Schweiz gibt es immer mehr ältere Häftlinge. Und immer öfter werden lange Haftstrafen ausgesprochen. Die Konsequenz ist logisch: Hinter Schweizer Gitterstäben werden schwere Gebrechen ein immer wichtigeres Thema.
Kantone sollen sich bis Ende Jahr äussern
Deshalb hat sich das Schweizerische Kompetenzzentrum für Justizvollzug der Sache angenommen. Und kommt in einem Grundlagenpapier zum Schluss: Auch Häftlinge sollen das Recht haben, über den eigenen Tod zu bestimmen – wenn sie denn körperlich schwer krank sind. Und: wenn andere Möglichkeiten wie Palliativmedizin nicht in Frage kommen. Bis Ende Jahr haben die Kantone nun Zeit, sich zu den Vorschlägen zu äussern. Aber selbst wenn die Vorschläge in die Tat umgesetzt werden: Der Pädophile Peter Vogt müsste nicht nur die Justiz, sondern auch Exit von der Ausweglosigkeit seiner Krankheit überzeugen.
Die Todessehnsucht könnte als Druckmittel missbraucht werden
Psychiater Josef Sachs (67) äusserte sich in verschiedenen Interviews kritisch: Würde ein Sterbewilliger auch ausserhalb des Gefängnisses Sterbehilfe wollen? «Wenn nein, wäre das problematisch», so Sachs. In diesem Fall wäre der assistierte Suizid wohl eher eine «freiwillige Todesstrafe», um der Haft zu entkommen. Und: Der vermeintliche Todeswunsch könne auch missbraucht werden, um lockerere Haftbedingungen zu erreichen – wenn etwa ein junger Häftling sagt, er sehe ohne Freigang keinen Grund zum Weiterleben.
Der Verwahrte Peter Vogt argumentiert jeweils auch mit den schwierigen Lebensbedingungen hinter Gittern, wenn er seinen Sterbewunsch erklärt. Er hat zwar gesundheitliche Beschwerden, diese sind aber nicht schwer genug. Damit dürfte er es wohl auch in Zukunft schwer haben, Sterbehilfe in Anspruch nehmen zu dürfen. Denn: Der vermeintlich harte Knast-Alltag ist noch lange keine Legitimation zum Sterben.