Es sind happige Vorwürfe. Die Klinik für Herzchirurgie des Universitätsspitals Zürich (USZ) soll wissenschaftliche Publikationen «teilweise geschönt» haben. Das zeigt eine externe Untersuchung. Konkret habe die Klinik Komplikationen nach Operationen «nicht konsistent dokumentiert». Ein Patientenformular war «ungenügend» und teils «nicht richtig».
Heute publiziert der «Tages-Anzeiger» die heiklen Anschuldigungen erstmals. Akribisch wird der fragwürdige Fall einer 74-jährigen Rentnerin wiedergegeben: Diese liegt am 29. Juni 2016 im Unispital auf dem OP-Tisch. Der Leiter der Herzchirurgie, Francesco Maisano, und sein Team greifen zum Skalpell. Die Patientin bekommt ein neuartiges Cardio-Band, das eine Herzklappe abdichtet. Laut «Tages-Anzeiger» sollte der Eingriff dem Standort Zürich internationale Anerkennung bringen.
Während der OP reisst ein Haltedraht
Zuerst sieht alles gut aus. Das OP-Team macht Filmaufnahmen der reparierten Klappe. Doch dann reisst ein Draht, der das Cardio-Band fixiert. Das Implantat funktioniert nicht mehr. Daraufhin wird ein zweites Band hineinoperiert. Doch das Ergebnis bleibt mangelhaft. Zwei Tage später bemerken Kollegen einer anderen Abteilung beim Ultraschall, dass noch immer eine schwere Insuffizienz vorliegt. Das Resultat: Das erste am Menschen eingesetzte Cardioband Tricuspid bringt nichts.
Trotzdem feiert das USZ den Eingriff als «Weltpremiere». Auf der Homepage wird sogar ein Video der Operation publiziert, das jedoch vor dem Drahtriss endet. Auch Herzchirurg Maisano beschönigt seine Arbeit. Im «European Heart Journal» wird von guten Resultaten gesprochen. Die Insuffizienz sei nicht mehr schwer, sondern mild. Doch auch in der wissenschaftlichen Publikation steht nichts vom gerissenen Draht.
Chirurg soll am neuen Implantat verdienen
Besonders pikant daran: Das Cardioband gehört der Firma Valtech Cardio, von der Chirurg Maisano als Mit-Entwickler Aktienoptionen besitzt. Die Firma wurde nach den Erfolgsmeldungen laut «Tages-Anzeiger» für 390 Millionen Dollar verkauft, wovon 50 Millionen an ehemalige Investoren flossen. Gemäss dem Unispital erhielt der leitende Chirurg davon «nur einen Bruchteil». Man räumt aber ein, dass die Interessenbindung hätte offengelegt werden müssen.
Heute reagiert das Unispital Zürich mit einer Mitteilung auf die Vorwürfe. Die Spitaldirektion übergab die Aufklärung einer Anwaltskanzlei. Unabhängige Herzchirurgen halfen bei der Beurteilung. Das Fazit: «Die Klinik weist im Bereich der Patientendokumentation, Transparenz und der wissenschaftlichen Publizistik deutliche Mängel auf.» Man habe aber keine konkreten Anhaltspunkte gefunden, dass persönliche Interessen an der Medizinprodukten über die der Patienten gestellt wurden. (hii)