Der Tod von Lucy H.* (†12) aus Wallisellen ZH schockiert. Das Mädchen wollte am Montag mit dem Fahrrad abbiegen. Dabei bemerkte es das praktisch lautlose Cobra-Tram der Zürcher Linie 12 nicht. Die Glattalbahn erfasste das Mädchen – es starb noch auf der Unfallstelle. Die Frage bleibt: Wäre der Unfall mit einem Tram, das lauter ist, nicht passiert?
Es sind keine akustischen Warnsignale vorgeschrieben
Fakt ist: In der Schweiz sind akustische Warnsignale an Trams nicht vorgeschrieben. «Bisher gingen die Forderungen vielmehr in die gegenteilige Richtung. Allgemein wurden wegen der Lärmbelästigung stets leisere Fahrzeuge verlangt», sagt Gregor Saladin, Sprecher vom Bundesamt für Verkehr. Dieses ist für Trolleybusse und Trams zuständig, das Bundesamt für Strassen (Astra) für Elektroautos und E-Bikes.
«In der Schweiz gilt die EU-Richtlinie. Wir sind daran, dies gemeinsam mit der EU zu ändern. Es wird allerdings noch eine Weile dauern», sagt Astra-Sprecher Thomas Rohrbach. Er ist sicher: «Je mehr Elektrofahrzeuge es gibt, desto mehr wird sich das Problem manifestieren!» Immerhin: Gewisse lärmreduzierte Busse geben ein piepsendes Warngeräusch von sich, wenn sie in einen Bahnhof einfahren.
Besonders Blinde sind in Gefahr
Auf die Warntöne sind besonders Blinde und Senioren angewiesen. Auch Gerd Bingemann (56) aus Wil SG kann nicht sehen. Auf seinem Arbeitsweg überquert er Tramschienen und Trolleybus-Haltestellen. Der Jurist vom Schweizerischen Zentralverein für das Blindenwesen (SZB) sagt: «Ich bin auf Geräusche angewiesen, um mich im Verkehr zu bewegen. Ich würde künstliche Motorengeräusche begrüssen.» Bingemann nennt ein Vorbild: «In Kalifornien gibt es ein Gesetz, das E-Autos ein zwar leiseres, aber dennoch hörbares Ersatzmotorengeräusch vorschreibt. Das würde ich mir auch in der Schweiz wünschen.»