Thurgauer Behörden bleiben trotz Schock-Bildern passiv
Jetzt greift die Polizei ein – aber gegen die Tierschützer

Die Bilder von toten Pferden auf seinem Hof haben die Schweiz aufgerüttelt: Bei Ulrich K., einem mehrfach verurteilten Tierquäler, sollen mindestens 13 Pferde verendet sein. Trotz der Beweise nimmt ihm niemand die Tiere weg.
Publiziert: 03.08.2017 um 23:57 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 04:30 Uhr
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Gestern Nachmittag sammelten sich vor dem Hof rund 15 Personen, um ihren Unmut zur Tierhaltung von Ulrich K. zum Ausdruck zu bringen. Wieder ist die Polizei zur Stelle.
Foto: Marco Latzer
Marco Latzer

Ulrich K.* (49) läuft auf seinem Hof umher, gibt Anweisungen und schaut zum Rechten. Von den Horror-Bildern seiner leidenden Pferde, die BLICK gestern publik machte, zeigt er sich unbeeindruckt. Trotz der schlimmen Vorwürfe läuft sein Betrieb weiter – als wäre nichts geschehen. Brutal: 13 Pferde sollen zuletzt in der Obhut von K. verendet sein. Das wirft ihm eine Ex-Vertraute vor. Sie hat seine katastrophale Pferdezucht während Monaten dokumentiert und ihn letzte Woche angezeigt. Es ist der tragische Höhepunkt einer jahrelangen Quäler-Tragödie.

Ulrich K. lässt die Polizei auffahren

Nur etwas ist anders: Ulrich K. hat Polizeischutz angefordert. Die Beamten sollen neugierige Journalisten und empörte Tierschützer vom Hof fernhalten. Gleichzeitig schart K. seine Vertrauten um sich. Eine ältere Frau brüllt: «Was soll das Ganze? Er arbeitet wenigstens und liegt nicht nur faul im Bett!» Später am Tag besammeln sich rund 15 Demonstrierende vor dem Hof. Für sie hat Ulrich K. im Vorbeigehen nur ein lautes, höhnisches Lachen übrig. Verkehrte Welt in Hefenhofen TG.

Denn die Pferde schützt niemand vor ihrem brutalen Besitzer. Zwar gehen Polizei und Staatsanwaltschaft der Anzeige mit den Horror-Bildern nach, aber das Veterinäramt will Ulrich K. die Tiere nicht wegnehmen! Das bestätigt der zuständige Regierungsrat Walter Schönholzer (51) auf Anfrage von BLICK. Der Politiker ist der Vorgesetzte des ferienabwesenden Kantonstierarztes. Die Bilder finde er zwar «schrecklich», so Schönholzer. Aber: «Den Hof dichtmachen? Dies würde für viele der Tiere den Tod bedeuten, denn eine kurzfristige Unterbringung wäre gar nicht möglich. Viele Tiere müssten wohl geschlachtet werden.» 

Behörden haben die Macht – nutzen sie aber nicht

Tierschützer widersprechen scharf. «Die Behörden haben die gesetzliche Pflicht, unverzüglich einzuschreiten!», sagt Antoine Goetschel (58). Der ehemalige Zürcher Tieranwalt gilt als Koryphäe für Fälle, die das tierische Wohl betreffen. «Die Ausgangslage, um durchzugreifen, ist gegeben», so Goetschel. Der Experte verweist auf das Tierschutzgesetz: Dieses hält explizit fest, dass bei vernachlässigten Tieren unverzüglich einzuschreiten sei. Die Behörden haben ebenfalls die Macht, Tiere vorsorglich zu beschlagnahmen – auf Kosten des Halters! Und die Unterbringung? «Natürlich ein Kraftakt, aber zu schaffen!», ist Goetschel überzeugt.

Walter Schönholzer geht auf diese Kritik nicht ein. Er sagt: «Die polizeilichen Ermittlungen aufgrund der Anzeige laufen. Wir müssen uns an die Verfahrensabläufe halten.» Das Veterinäramt dürfte im schlimmsten Fall erst nach einem Schuldspruch einschreiten. Und das könnte bei Ulrich K. Jahre dauern. Etliche Verfahren gegen ihn sind noch offen. Er zieht praktisch alle Schuldsprüche gegen sich bis vor Bundesgericht.

*Name der Redaktion bekannt

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