Für verzweifelte Krebskranke klingt es wie ein Traum: Homöopathische Kügelchen lindern ihre Schmerzen, heilen sie von den bösartigen Wucherungen in ihrem Körper – ganz ohne aggressive Chemotherapie und schlimme Nebenwirkungen. So versprachen es angeblich geheilte Patienten in Videos, welche die Tessiner Klinik Santa Croce auf ihrer Webseite aufgeschaltet hatte.
Das deckte die «NZZ» auf und rief damit die Tessiner Gesundheitsbehörden vor einem Jahr auf den Plan. Die Klinik musste ihre Webseite komplett überarbeiten und die entsprechenden Videos löschen. Doch die Klinik zeigt sich davon unbeeindruckt: Auch ein Jahr später findet sich noch immer ein ähnliches Video auf der Internetseite. Gegenüber BLICK kündigt Stefano Radczuweit, Vorsteher des Gesundheitsamtes Tessin, an, erneut bei der Klinik zu intervenieren.
Für gefährlichen Weg entschieden
Nun enthüllt eine kürzlich ausgestrahlte Reportage des «MDR», was diese Heilungsversprechen anrichten können. Die Deutsche Alina B.* erhielt die erschütternde Diagnose Brustkrebs im Alter von 33 Jahren. Die Prognosen waren gut. Eine Strahlentherapie sollte den Krebs langfristig besiegen. Doch Alina B. entschied sich für einen anderen Weg – einen gefährlichen.
Die junge Frau reiste in die homöopathische Klinik Santa Croce in Orselina TI. Dort behandelte sie der Mediziner und erfahrene Homöopath Jens Wurster. Nach zwei Wochen kehrte Alina zu ihrer Familie in Deutschland zurück – völlig verändert: Von der bevorstehenden Strahlentherapie wollte sie nichts mehr wissen!
Schwere Vorwürfe
Sie setzte voll auf die Karte Homöopathie, glaubte, dass die Globuli ihren Krebs heilen würden. Doch ihr Zustand verschlechterte sich. «Irgendwann bekam sie Panik. Ihr wurde klar, dass sie sterben würde», sagt ihr Vater zu BLICK. Verzweifelt versucht sie noch eine aggressive Chemotherapie – zu spät. Alina B. verstarb 2007.
Ihr Vater macht der Klinik schwere Vorwürfe: «Meine Tochter wurde dort einer Gehirnwäsche unterzogen!» Eigentlich, sagt er, habe sie sich dort nur kurzzeitig mit Homöopathie aufpeppen und auf die Bestrahlung vorbereiten wollen.
Die meisten Patienten entscheiden sich für eine Kombo
Homöopath Jens Wurster sagt zu BLICK, dass es Alina B.s eigene Entscheidung gewesen sei, sich nur mit Alternativ-Medizin behandeln zu lassen. Sie sei ein «Ausnahmefall», da die meisten Patienten sich für eine Kombination mit einer schulmedizinischen Therapie entschieden.
Davon abhalten wollte er Alina offenbar nicht. Wurster: «Wir folgen in jedem Fall dem Wunsch des Patienten.» Und es sei nicht unbedingt die homöopathische Behandlung, die versagt habe. «Ob ein Patient gesund wird, hängt aber von vielen Faktoren ab.»
«Alina kommt nie wieder zurück»
Die Krebsliga Schweiz rät grundsätzlich davon ab, Standardtherapien zugunsten von homöopathischen Therapiekonzepten auszusetzen oder zu verzögern. Sprecherin Beatrice Bösinger: «Das könnte lebensgefährlich sein!»
Für Alinas Vater ist die Warnung der Expertin traurige Realität geworden. Auch heute wird er noch sehr emotional, wenn er über seine Tochter spricht. Rechtlich vorgehen gegen die Klinik will er nicht. «Das Schlimmste ist: Egal was ich tue, Alina kommt nie wieder zurück», sagt er.
* Name geändert
Der Schweizer Biologe und ehemalige Direktor des Instituts für Immunologie an der Universität Bern, Beda Stadler (67), sprach sich in Kolumnen und Diskussionsrunden immer wieder gegen die Homöopathie aus. Doch der Fall der jungen Alina B. schockiert selbst den Experten.
BLICK: Sie sagten, sie fänden es bedauerlich, dass ein solches Vorgehen bei Krebs in der Schweiz nicht strafbar ist. Weshalb?
Beda Stadler: Das ist die schlimmste Form der Abzocke. Viele Homöopathen nutzen die Verzweiflung dieser teils todkranken Patienten aus, um ihnen das Geld für irgendwelche Voodoo-Therapien aus der Tasche zu ziehen. Es ist ja bewiesen, dass Homöopathie Krebspatienten nicht heilen kann.
Aber warum lassen sich die Patienten dann auf eine solche Therapie ein?
Alternativ-Medizin funktioniert grundsätzlich wie eine Religion. Die Leute, die daran glauben, sind für Rationalität nicht mehr zugänglich. Bei uns in der Schweiz sind noch immer viele Menschen von der Wirkung der Homöopathie überzeugt. Daran sind nicht zuletzt die Krankenkassen schuld, die diesen Chabis noch bezahlen. Dabei beweist schon die Werbung für homöopathische Mittel, dass diese nicht wirken können.
Wie meinen Sie das?
Homöopathen bewerben ihre Mittel damit, dass sie keinerlei Nebenwirkungen haben. Vom biologischen Standpunkt aus kann aber ein Medikament, welches keine Nebenwirkungen hat, auch keine Wirkung haben. Trotzdem kaufen die Leute solche Mittel und denken sich, dass es – selbst wenn es nicht wirkt – zumindest nicht schadet. Das ist aber auch nicht richtig. Denn dem Portemonnaie schadet es bestimmt.
Der Schweizer Biologe und ehemalige Direktor des Instituts für Immunologie an der Universität Bern, Beda Stadler (67), sprach sich in Kolumnen und Diskussionsrunden immer wieder gegen die Homöopathie aus. Doch der Fall der jungen Alina B. schockiert selbst den Experten.
BLICK: Sie sagten, sie fänden es bedauerlich, dass ein solches Vorgehen bei Krebs in der Schweiz nicht strafbar ist. Weshalb?
Beda Stadler: Das ist die schlimmste Form der Abzocke. Viele Homöopathen nutzen die Verzweiflung dieser teils todkranken Patienten aus, um ihnen das Geld für irgendwelche Voodoo-Therapien aus der Tasche zu ziehen. Es ist ja bewiesen, dass Homöopathie Krebspatienten nicht heilen kann.
Aber warum lassen sich die Patienten dann auf eine solche Therapie ein?
Alternativ-Medizin funktioniert grundsätzlich wie eine Religion. Die Leute, die daran glauben, sind für Rationalität nicht mehr zugänglich. Bei uns in der Schweiz sind noch immer viele Menschen von der Wirkung der Homöopathie überzeugt. Daran sind nicht zuletzt die Krankenkassen schuld, die diesen Chabis noch bezahlen. Dabei beweist schon die Werbung für homöopathische Mittel, dass diese nicht wirken können.
Wie meinen Sie das?
Homöopathen bewerben ihre Mittel damit, dass sie keinerlei Nebenwirkungen haben. Vom biologischen Standpunkt aus kann aber ein Medikament, welches keine Nebenwirkungen hat, auch keine Wirkung haben. Trotzdem kaufen die Leute solche Mittel und denken sich, dass es – selbst wenn es nicht wirkt – zumindest nicht schadet. Das ist aber auch nicht richtig. Denn dem Portemonnaie schadet es bestimmt.