Pius Zehnder (53) aus Bargen SH ist ein Macher. Zuletzt sorgte er 2018 für Schlagzeilen, als er im Schaffhauser Quartier Herblingen ein Dementenheim bauen wollte – doch von Einsprechern ausgebremst wurde. Sie hatten Angst vor zu vielen Betagten im Quartier. Als heisse Rache stellte Zehnder stattdessen dem Quartier ein Puff in Aussicht. Dirnen statt Demente – dafür hätte er keine Baubewilligung benötigt.
Nun gibts Puff wegen eines neuen Bauprojekts von Zehnder. Auf seinem Landwirtschaftsland in Bargen SH hat der Ex-SVP-Kantonsrat zu Beginn des Jahres begonnen, einen grossen Viehtriebweg für seine privaten Angus-Zuchtrinder zu bauen. Dazu renaturiert er einen Bach und baut einen grossen Fischteich.
«Ich brauche keine Behörden-Latschis»
Bauen ausserhalb der Bauzone? Heikel! Der Kanton prüft solche Vorhaben genau, der Bund will mitreden. Zehnder interessiert das jedoch wenig. Den Plan für das Grossprojekt hat er mit Bleistift auf einen Anhänger mitten im Feld gezeichnet. «Da steht alles drauf, was ich wissen muss», sagt er. Eine Baubewilligung hat er nicht eingeholt. Ganz bewusst, wie Zehnder sagt.
«Ich brauche hier keine Behörden-Latschis, die mir sagen, wie ich auf meinem Land bauen soll!» In Bargen wisse man, dass alles, was er als Baulöwe anfasse, gut werde. «Darum hat mich der Gemeinderat auch lange machen lassen – hier weiss man einfach, dass ich nur Gescheites auf die Beine stelle», so Zehnder.
Keine Direktzahlungen – dafür freie Hand
Erst als Zehnder im März lastwagenweise Lehm ankarren lässt, verfügt der Gemeinderat einen Baustopp. Die Schaffhauser AZ hat darüber berichtet. Zehnder muss nun doch eine Baueingabe machen. Der kann das nicht verstehen.
«Als ich die Gemeinde über mein Vorhaben informiert hatte, sagten die mir: Wenn ich das als Projekt eingäbe, würde der Bund wegen der Renaturierung und der Aufwertung bis zu 80 Prozent der Kosten tragen. Da dachte ich mir: Lieber verzichte ich auf diese Zehntausende Franken der Steuerzahler, dafür kommt mir kein sogenannter Experte und erklärt mir, wie ich bauen soll», so Zehnder. Er sei sich sicher gewesen, dass das so in Ordnung gehe.
Ein gewaltiger Irrtum. Jetzt muss Zehnder um eine nachträgliche Bewilligung zittern. Möglich nämlich, dass sein Bachprojekt nun bachab geht. Das Geld, das er bis dahin investiert hat, wäre futsch. Zudem müsste er die Kosten für die Wiederherstellung des Geländes tragen.
Illegale Bauprojekte beschädigen die Raumplanung
Damit ist Zehnder nicht allein. Denn bei illegalen Bauten sind die Schweizer Gerichte knallhart. Allen voran das Bundesgericht. Das bestätigt Lukas Bühlmann, Direktor des Verbands der Schweizer Raumplaner EspaceSuisse. «Illegale Bauprojekte sind ein grosses Problem in der Schweiz», sagt er. Zwar gibt es keine Zahlen darüber, wie viele illegale Bauten in der Schweiz stehen – jedoch müsse es sich um eine beträchtliche Zahl handeln. Das Problem: «Jedes geduldete illegale Bauprojekt beschädigt die Schweizer Raumplanung nachhaltig», sagt Bühlmann.
Häufig gehe es bei illegalen Bauten um Hühnerställe und Gartenhäuser. Aber auch an Extrembeispielen mangelt es nicht. Zehnders Bauprojekt in Bargen dürfte in die zweite Kategorie fallen. «Dass jemand ohne Bewilligung damit beginnt, die Landschaft umzugraben, ist doch eher selten», sagt Bühlmann.
Gemeinden verschleppen Gerichtsentscheide
In rund 90 Prozent der Fälle verfügt das Bundesgericht bei nicht bewilligungsfähigen Projekte den Abbruch. Das zeigt eine Auswertung des Verbands von Bundesgerichtsentscheiden in den Jahren 2012 bis 2016 auf.
Das Problem der illegalen Bauprojekte wird trotz der strengen Gerichtspraxis aber nicht automatisch kleiner. Nicht selten werden Gerichtsentscheide jahrelang von den Gemeinden, welche sie durchsetzen müssten, verschleppt. Oder illegale Bauten werden mangels Kläger jahrzehntelang geduldet. «Die Gesetzeslage ist klar – doch sie bringt nichts, wenn sie nicht vollzogen wird», sagt Bühlmann.
Gerade auf dem Land schauen die Behörden häufig nicht genau hin, wenn illegal gebaut wird. Schliesslich vergraule man sonst Wähler oder lege sich mit Bauern oder Dorfkönigen an – was unangenehm sei.
«Mit dem Resultat, dass sich andere in der Gemeinde dumm vorkommen, wenn sie den ordentlichen Weg via Baueingabe gehen», so Bühlmann.
Auch für Zehnder wird es ungemütlich
Auch für Pius Zehnder könnte es ungemütlich werden. Laut Michael Mägerle, Gemeindepräsident von Bargen, seien nämlich bereits vier Einwendungen gegen sein Projekt eingegangen. Entschieden ist aber noch nichts.
Zehnder bleibt aber selbstbewusst: «Ich mache mir keine grossen Sorgen – schliesslich baue ich hier etwas Gescheites, etwas für den Naturschutz.» Doch: Ausgerechnet Pro Natura sieht das offenbar anders. Die Umweltschutzorganisation ist eine der Einsprecher.
Bei der Durchsetzung der Raumplanung haperts häufig bei den Gemeinden. Auf dieses Problem ist auch der Bund aufmerksam geworden. Bei der laufenden Revision des Raumplanungsgesetzes, die gegenwärtig von den Eidgenössischen Räten beraten wird, schlägt der Bundesrat darum eine Verschärfung der Aufsichtspflicht der Kantone beim Bauen ausserhalb der Bauzone vor.
Dies vor allem im Hinblick auf illegale Bauten. So müssen die Kantone Baugesuche für Projekte ausserhalb der Bauzonen neu nicht nur bewilligen, sondern auch dafür sorgen, dass sie unterbunden werden, wenn eine Bewilligung fehlt. Auch den Rückbau, Abbruch oder die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes sollen Kantone anordnen und durchsetzen können.
Bei der Durchsetzung der Raumplanung haperts häufig bei den Gemeinden. Auf dieses Problem ist auch der Bund aufmerksam geworden. Bei der laufenden Revision des Raumplanungsgesetzes, die gegenwärtig von den Eidgenössischen Räten beraten wird, schlägt der Bundesrat darum eine Verschärfung der Aufsichtspflicht der Kantone beim Bauen ausserhalb der Bauzone vor.
Dies vor allem im Hinblick auf illegale Bauten. So müssen die Kantone Baugesuche für Projekte ausserhalb der Bauzonen neu nicht nur bewilligen, sondern auch dafür sorgen, dass sie unterbunden werden, wenn eine Bewilligung fehlt. Auch den Rückbau, Abbruch oder die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes sollen Kantone anordnen und durchsetzen können.