An der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) hat man sich in den letzten Jahren intensiv mit dem Dschihadismus in der Schweiz befasst. 2015 wurde eine erste Studie publiziert, nun ist eine Folgestudie von Forschern um Miryam Eser Davolio erschienen. Die Arbeit zeigt: Vor allem in den Gefängnissen gibt es einiges zu tun!
Wie die Studie zeigt, hat das Bild der Radikalisierten in der Schweiz gewisse Ähnlichkeiten zu jenem unserer Nachbarstaaten. Es sind mehrheitlich in Agglos wohnende männliche Secondos zwischen 18 und 35 Jahren, mit tiefem Bildungsniveau und im Arbeitsmarkt schlecht integriert. 40 Prozent beziehen staatliche Unterstützung.
Bei der geografischen Verteilung der dschihadistischen Radikalisierung ortet die Studie regionale Unterschiede. So ist etwa die Region Genf/Wallis/Waadt stärker betroffen als die übrige Schweiz.
Gefährliche Strassenaktionen
Die Studie der ZHAW erfasst 130 Personen, von denen nur gerade 14 Frauen sind. Somit ist der Frauenanteil in der Schweiz mit 11 Prozent gegenüber den Nachbarländern mit bis zu 30 Prozent eher gering. Die Radikalisierung von Minderjährigen wie etwa dem Geschwisterpaar aus Winterthur, das 2014 zum Islamischen Staat reiste, ist eine Ausnahme.
Im Mai 2019 verzeichnete der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) 66 Risikopersonen und 92 dschihadistisch motivierte Reisende. Unter den 92 Fällen befinden sich 31 Personen, die über eine schweizerische Staatsangehörigkeit verfügen (davon 18 Doppelbürger). Der NDB geht zudem davon aus, dass sieben Kinder, die zumindest einen Elternteil mit Schweizer Bürgerrecht haben, von dieser Problematik betroffen sind. Weiter geht der NDB davon aus, dass sich aktuell rund 20 dschihadistisch motivierte Reisende (Männer, Frauen und Kinder), die über das Schweizer Bürgerrecht verfügen, im syrisch-irakischen Konfliktgebiet aufhalten.
Der Bundesrat unternimmt alles, um eine unkontrollierte Einreise in die Schweiz zu verhindern. Die Schweiz verweigert die Einreise nicht, führt aber keine aktive Rückführung von erwachsenen terroristisch motivierten Reisenden durch. Eine aktive Rückführung kann nur für Minderjährige geprüft werden. Zudem wird die Strafverfolgung terroristischer Straftaten im Tatortstaat nach internationalen Standards angestrebt.
Seit 2012 hat der NDB rund 624 Nutzer (606 im November 2018) identifiziert, die in oder aus der Schweiz im Internet dschihadistisches Gedankengut verbreitet oder sich mit Gleichgesinnten im In- und Ausland vernetzt haben.
Im Mai 2019 verzeichnete der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) 66 Risikopersonen und 92 dschihadistisch motivierte Reisende. Unter den 92 Fällen befinden sich 31 Personen, die über eine schweizerische Staatsangehörigkeit verfügen (davon 18 Doppelbürger). Der NDB geht zudem davon aus, dass sieben Kinder, die zumindest einen Elternteil mit Schweizer Bürgerrecht haben, von dieser Problematik betroffen sind. Weiter geht der NDB davon aus, dass sich aktuell rund 20 dschihadistisch motivierte Reisende (Männer, Frauen und Kinder), die über das Schweizer Bürgerrecht verfügen, im syrisch-irakischen Konfliktgebiet aufhalten.
Der Bundesrat unternimmt alles, um eine unkontrollierte Einreise in die Schweiz zu verhindern. Die Schweiz verweigert die Einreise nicht, führt aber keine aktive Rückführung von erwachsenen terroristisch motivierten Reisenden durch. Eine aktive Rückführung kann nur für Minderjährige geprüft werden. Zudem wird die Strafverfolgung terroristischer Straftaten im Tatortstaat nach internationalen Standards angestrebt.
Seit 2012 hat der NDB rund 624 Nutzer (606 im November 2018) identifiziert, die in oder aus der Schweiz im Internet dschihadistisches Gedankengut verbreitet oder sich mit Gleichgesinnten im In- und Ausland vernetzt haben.
Bei einem Fünftel der Betroffenen handelt es sich um Konvertiten. Grossen Einfluss üben Koranverteilungen wie etwa die «Lies!»-Kampagne sowie Beiträge auf dem Internet aus. Zur Radikalisierung reicht das alleine allerdings selten - es braucht in der Regel noch enge Kontakte zu Gleichgesinnten.
Viele muslimische Gefangene
Eine Stätte der Radikalisierung sind Gefängnisse, in denen überdurchschnittlich viele Muslime eingesperrt sind. Laut der Studie waren im Jahr 2016 ganze 43 Prozent aller Inhaftierten in Waadtländer Gefängnissen muslimischen Glaubens.
Oft ist es schwierig, den Prozess der Radikalisierung hinter Gittern zu erkennen, weil sich die Häftling teilweise tarnen. Ein Gefängnisdirektor wird in der Studie so zitiert: «Einige können scheinbar völlig normale Beziehungen zu den andern unterhalten, Schweinefleisch essen und sich trotzdem hinter unserem Rücken radikalisieren.»
Und weiter: «Sind sie dagegen dumm genug, ohne Socken zu gehen, den ganzen Tag zu beten und nur über Allah zu reden, dann werden wir natürlich aufmerksam. Wenn der Prozess jedoch subtil ist, im Versteckten und auf raffinierte Art von sich geht, dann haben wir keine Chance.» In einem anderen Gefängnis flog ein Islamist auf, weil er Mitgefangene bedroht hatte, die einen christlichen Seelsorger treffen wollten.
Wie es in der Studie heisst, würden daher Gefängnisleitungen Zellen von Islamisten völlig abschotten. Das bedeute unter anderem, dass die Zellenfenster nicht zu einer Strasse hin ausgerichtet seien. Ein neues Problem, das aufkommt, sind Drohnenflüge über dem Gefängnisareal.
Die meisten aus dem Balkan
Woher stammen die Familien der Betroffenen? 32,3 Prozent der erfassten Personen haben Wurzeln in Ex-Jugoslawien, 20,8 Prozent in nordafrikanischen und 15,4 Prozent in nahöstlichen Ländern. Ein kleiner Teil weist zudem einen Migrationshintergrund zu Ländern in (Vorder-) Asien (8,5 Prozent) und Subsahara-Afrika (4,6 Prozent) auf.
Auch nach dem Verbüssen der Strafe im Gefängnis stellen sich Herausforderungen. Laut Anstaltsleitungen sind Extremisten kaum bereit, an sich zu arbeiten, weil ihr Engagement nur Allah und nicht dem Staat diene. Zudem betrachten sie ihr Delikt nicht als solches.
Spezielle Gefängnisse als Lösung?
Das Fazit der Forscher: Es gibt sie, die Radikalisierung in Schweizer Gefängnissen, allerdings ist die Anzahl Fälle klein. Sie schwankt im Zusammenhang von verschiedenen äusseren Einflüssen wie dem aktuellen Weltgeschehen, der Zunahme der Beschuldigungen, der Überbelegung oder Verbreitung eines religiös legitimierten Opferdiskurses.
Doch was kann man dagegen tun? Die Forscher empfehlen, dass Strafvollzugsanstalten Konzepte für einen bewussten Umgang mit den vorhandenen Risiken entwickelten. Dazu gehöre unter anderem der Einbezug und die Schulung des medizinischen, psychologischen und sozialarbeiterischen Fachpersonals, der Seelsorgern und des Vollzugspersonals.
Konkret könnte die Schaffung von spezialisierten Strafvollzugszentren eine mögliche Lösung sein. Für diejenigen Häftlinge, welche bereits bei ihrem Haftantritt als radikalisiert gelten, sollten Resozialisierungsmassnahmen möglichst schnell greifen können. Wichtig für die Prävention sei auch der Einsatz von muslimischen Seelsorgern.
Die Studie zeigt aber auch Positives: Aufgrund der Entwicklung des «Islamischen Staates» (IS) seit Mitte 2016 hat die Anzahl dschihadistisch motivierter Ausreisen gemäss ZHAW «stark abgenommen». Dieser global zu beobachtende Trend lasse sich auch auf die Schweiz übertragen.
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