Der «Fall Carlos» mit seinem kostspieligen Sondersetting für den renitenten Teenager machte in der ganzen Schweiz Schlagzeile. Die grosse Empörung hält die Zürcher Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) aber nicht davon ab, erneut eine mehrere Zehntausend Franken teure Behandlung zu verordnen – für einen Zwölfjährigen. Die mit dem Buben aus Weissrussland eingewanderte Mutter, Tatsiana Zahner, klagt an: «Mein Sohn ist teurer als Carlos.»
Eine Odyssee von Spezialbehandlungen
Angefangen hat alles vor anderthalb Jahren: Wie die «Schweiz am Wochenende» schreibt, wird die Kesb erstmals eingeschaltet, nachdem der Sohn von Tatsiana von ihrem Partner tätlich angegriffen worden war. Eine Beiständin wird eingesetzt. Es ist der Beginn einer langen Odyssee durch diverse Spezialbehandlungen für das Kind.
Momentan sitzt der Bub in der geschlossenen Abteilung der Universitären Psychiatrischen Klinik Basel. Laut einem Bericht der Kesb war er in der Schule jeden Tag abgehauen und habe «unkontrollierbare, impulsive und bedrohliche Ausbrüche» an den Tag gelegt.
Vor der Behandlung in Basel wurde das Kind auch schon in die Psychiatrische Uniklinik Zürich eingewiesen. Die aktuellen monatlichen Kosten von rund 43'000 Franken waren damals sogar noch höher. Weil der Zwölfjährige eine 24-Stunden-Betreuung beanspruchte und sogar drei Angestellte eines Sicherheitsdienstes engagiert werden mussten, belief sich die aufgewendete Summe der Behandlung auf 50'000 Franken.
Die Kesb schickte die Rechnung damals an die Zürcher Gemeinde Wettswil am Albis, wo Tatsiana Zahner und ihr Sohn gemeldet sind. Laut «Schweiz am Wochenende» akzeptierte die Gemeinde den Betrag jedoch nicht, worauf das Kind nach Basel verlegt wurde. Dort sorgt sich jetzt ein hausinterner Sicherheitsdienst um den Bub. Die Kosten trägt die Krankenkasse.
Mutter will Behandlung «für Bruchteil» der Kosten
Für die Fachleute ist Tatsianas Sohn therapieresistent geworden. Die Mutter hingegen findet: «Mein Kind ist eigentlich ganz normal, einfach sehr lebendig. Wir sind halt Russen.» Sie gibt der Kesb die Schuld, dass die Situation rund um ihr Kind eskaliert sei. Sie kämpft deshalb dafür, wieder selber über ihren Sohn entscheiden zu können.
Die zuständige Kesb-Präsidentin Alexandra Zürcher will sich nur grundsätzlich zu den Behandlungsmethoden äussern. Zur Zeitung sagt sie: «In Extremfällen, die jedoch im Promillebereich liegen, können Kosten von mehreren 10'000 Franken pro Monat anfallen.»
Tatsiana Zahner hat mittlerweile gehandelt und mit Sefika Garibovic eine selbständige Konfliktmanagerin eingeschaltet, die den Fall von der Kesb-Beiständin übernehmen würde. Geht es nach der Mutter, wäre ihr Sohn so innerhalb eines Jahres wieder schultauglich und die Massnahmen würden «einen Bruchteil» der jetzigen Methoden kosten. Bei der Behörde ist man bisher nicht auf das Angebot eingegangen. (cat)