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So heiss wird es in der Schweiz…
…weil Trump dem Klima die kalte Schulter zeigt

Jetzt hat US-Präsident Donald Trump den Klimavertrag von Paris gekündigt. Schweizer Klimaforscher erklären BLICK, welche Folgen die Klimaerwärmung für die Schweiz hat und wovor sie sich bei Trumps Entscheid am meisten fürchten.
Publiziert: 05.11.2019 um 22:58 Uhr
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Aktualisiert: 06.11.2019 um 07:35 Uhr
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Sieht so in Zukunft der Winter aus? Dieses Bild zeigt eine Kunstschnee-Piste im Dezember 2015 in Savognin GR.
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Guido Felder

US-Präsident Donald Trump (73) macht Ernst mit dem Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen. Wie angekündigt, hat er das Kündigungsschreiben auf den erstmöglichen Termin an die Uno in New York abgeschickt. Das Klimaabkommen war am 4. November 2016 in Kraft getreten. In den ersten drei Jahren war es für keinen der 195 Unterzeichnerstaaten möglich auszutreten. Wirksam wird die Kündigung in einem Jahr.

Die führenden Schweizer Klimaforscher sind enttäuscht bis entsetzt über Trumps Aktion. Thomas Stocker (60) von der Uni Bern, der die wissenschaftliche Grundlage für das Klimaabkommen von Paris geschaffen hat, sagt dem BLICK: «Es ist ein schwarzer Tag für das Klimaabkommen und ein noch schwärzerer Tag für die USA selber. Mit dem Ausstieg wollen die USA weiterhin in alte Technologien wie Kohle und Öl investieren und überlassen den Mega-Wachstumsmarkt von sauberen Technologien anderen.»

Kein Skifahren unter 1000 Metern

Eine ungebremste Klimaerwärmung hat auch massive Auswirkungen auf die Schweiz. Der jüngste Szenarienbericht «CH 2018» erwartet bis 2060 ein deutlich wärmeres Klima, trockenere Sommer, mehr Hitzewellen, mehr Starkniederschläge und eine höhere Schneefallgrenze.

Skifahren wird immer schwieriger. «Mit jedem Grad Erwärmung steigt die Schneefallgrenze um rund 150 Meter. Ohne Klimaschutz wären das bis zum Jahr 2060 also 400 bis 650 Meter. Skifahren in Lagen unterhalb von 1000 Metern wäre kaum mehr möglich», so Stocker.

Schlimm wäre ein Dominoeffekt

Trumps alleiniges Ausscheren dürfe aber nicht überbewertet werden, meint Reto Knutti (46), Professor für Klimaphysik an der ETH Zürich: «Der Anteil der USA an den jährlichen CO2-Emissionen ist mit rund 15 Prozent nicht sehr gross.» Zudem hätten sich 24 US-Bundesstaaten mit 55 Prozent der US-Bevölkerung ohnehin zum Pariser Abkommen bekannt und betrieben selber aktiven Klimaschutz. Knutti nennt als Beispiel Kalifornien, das 2020 eine Fotovoltaik-Vorschrift für jedes Haus einführe.

Schlimm wäre Trumps Kündigung, wenn es zu einem Dominoeffekt käme. «Sollten andere Staaten nachziehen, wäre das problematisch, aber bis jetzt gibt es keine Anzeichen dafür», sagt Reto Knutti.

Das Pariser Klimaabkommen will die Erderwärmung auf klar unter 2 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit begrenzen. Die Vertragsstaaten sollen sich anstrengen, sie bei 1,5 Grad zu stoppen.

Forscher fordern Massnahmen

Mehr als 11'000 Wissenschaftler aus 153 Ländern – so auch über 300 aus der Schweiz – haben am Dienstag in einer gemeinsamen Erklärung vor einem weltweiten Klima-Notfall gewarnt. Sie verlangen folgende Massnahmen: Umstieg auf erneuerbare Energien, Reduzierung des Ausstosses von Stoffen wie Methan und Russ, besserer Schutz von Ökosystemen wie Wäldern und Mooren, Konsum von mehr pflanzlichen und weniger tierischen Produkten, nachhaltige Veränderung der Weltwirtschaft und Eindämmung des Anwachsens der Weltbevölkerung.

Thomas Stocker fordert für die Forschung und Entwicklung von sauberen Technologien einen Marshall-Plan. Seine Hoffnung: «Die Schweiz kann hier durch Innovation und Spitzenforschung zuvorderst dabei sein.»

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