Mit einem etwas mulmigen Gefühl steht die junge Frau vor dem inzwischen geräumten Skandal-Hof in Hefenhofen TG. Es herrscht eine beinahe gespenstische Ruhe. Über 250 Tiere wurden durch die Behörden in Sicherheit gebracht. Aber die Söhne von Ulrich K.* (49) dürften sich noch immer im Wohnhaus aufhalten. Sie sind nicht gut auf die Besucherin zu sprechen. Die Mittzwanzigerin hat Anzeige gegen K. erstattet. Und mehr noch: Mit 142 Schock-Bildern hat sie den notorischen Tierquäler zu Fall gebracht. Mit BLICK spricht sie erstmals über die Hintergründe ihrer monatelangen Recherche und weshalb sie den Fall an die Öffentlichkeit gebracht hat. Einzige Bedingung: Sie will anonym bleiben.
BLICK: Sie haben am 24. Juli Anzeige gegen Ulrich K. erstattet. Seither spricht die ganze Schweiz von dem Fall. Wie geht es Ihnen heute?
Eigentlich gut. Ich habe turbulente Tage hinter mir. Aber ich bin froh, dass ich gehandelt habe.
Was war Ihre Motivation für die umfangreiche Dokumentation gegen den Pferdezüchter?
Ich konnte das Tierleid nicht mehr ertragen. Ich war schon länger auf dem Hof und habe immer versucht, den Tieren zu helfen. Teilweise habe ich für deren Versorgung gar selbst bezahlt. Ich bin an den Punkt gekommen, an dem ich nicht mehr helfen konnte. Das Ausmass wurde zu gross.
Wie sah Ihre Rolle auf dem Hof aus?
Eine Mitarbeiterin war ich nie, ich bin vielmehr durch eine Bekannte auf den Hof gekommen. Ich hatte Ulrich K. (49) zuvor nicht gekannt. Ich war schockiert, als ich erstmals dort war. Die Verhältnisse waren schon von Beginn weg grenzwertig. Ich habe die Pferde versorgt, war eigentlich das Mädchen für alles – auf freiwilliger Basis. Es geschah aus Mitleid mit den Tieren.
Sie haben die Zustände mit einer Digitalkamera über mehrere Monate festgehalten. Also waren Sie recht häufig da?
Ich war alle 14 Tage für jeweils eine Woche da.
In der Anzeige gegen Ulrich K. erwähnen Sie 13 tote Pferde. Wie kommen Sie auf diese Zahl?
Ich habe mit anderen Leuten zusammengearbeitet. In der Zeit, in der ich nicht da war, waren diese vor Ort. So können wir bezeugen, dass 13 Pferde tot herumgelegen sind. Es könnten auch mehr sein, aber diese 13 können wir bezeugen.
Sie haben auf dem Hof über längere Zeit verkehrt. Haben sich die Zustände im Laufe der Zeit verändert?
Sie haben sich im letzten Jahr deutlich verschlechtert. Es hat nach und nach ein untolerierbares Ausmass genommen. Und zwar ab dem Zeitpunkt, an dem Barbla A.* (32) als neue Geliebte von K. auf den Hof kam. Ab dann ging es schnell.
Wie war der Umgang mit Ulrich K.?
Ich muss sagen: Zu Menschen ist er sehr lieb, ausser wenn er jemanden nicht mag. Ich würde ihn als «gmögig» beschreiben. Er lädt einen zum Essen ein, ist hilfsbereit. Aber für ihn sind Tiere einfach eine Ware. Tierliebe empfindet er nicht. Sie sind eine reine Geldsache für ihn.
Sie sind ein Risiko eingegangen, als Sie die Bilder von toten oder sterbenden Tieren gemacht haben. Befürchteten Sie nicht, dass Sie auffliegen könnten?
Zur Klarstellung: Es handelt sich um ein laufendes Verfahren. Zu tief ins Detail kann ich nicht gehen. Aber Ueli hat immer gesagt, ich dürfe auf dem Hof alles machen, was ich wolle. Er sah teilweise, dass ich die Pferde fotografiert habe. Fast alle der veröffentlichten Bilder entstanden, als Ueli abwesend war. Manchmal musste ich pressieren, wenn seine Angestellten in der Nähe waren. Angst hatte ich aber nie. Ich habe gehandelt, weil ich nicht mehr länger zuschauen konnte.
Ulrich K. bestreitet über seinen Anwalt die Echtheit der Bilder. Er wirft Ihnen gar vor, diese gefälscht zu haben. Was sagen Sie dazu?
Ich kann persönlich garantieren, dass diese Fotos echt sind! Das wird auch vor Gericht herauskommen. Es gibt Leute, welche die Echtheit bestätigen können.
Anders als die Öffentlichkeit weiss Ulrich K. sehr genau, wer hinter den schweren Anschuldigungen gegen seine Person steckt. Haben Sie Angst vor ihm?
Nein, eigentlich nicht. Ich fürchte mich allgemein nicht vor anderen Menschen. Klar, ich bin ein Risiko eingegangen. Aber damit muss ich leben.
Der Hof wurde diese Woche geräumt. Wie haben Sie sich gefühlt, als die Behörden endlich eingeschritten sind?
Ich war unglaublich froh, aufgewühlt und sprang vor Freude herum. Ich danke dem zuständigen Departement und dem Veterinäramt, dass sie innerhalb von zwei Wochen eine Unterbringung für 250 Tiere auf die Beine gestellt haben. Als Bernerin möchte ich mich natürlich auch beim Militär für den Einsatz bedanken. Mir ist wichtig: Wir wissen, dass es auch noch in anderen Kantonen Tiere von Ueli gibt. Das Thurgauer Veterinäramt ist auf Amtshilfe angewiesen.
Die Behörden stehen ihrerseits in der Kritik.
Kantonstierarzt Paul Witzig (62) traf sich während seiner Ferien zusammen mit einem seiner Mitarbeiter mit mir. Er erwähnte, dass in den jahrelangen Prozessen gegen K. die Beweismittel gefehlt hätten. Das hat sich mit meinen Fotos geändert. Dadurch gelang es ihm und dem Departement, den Hof innerhalb von zwei Wochen zu räumen. Dafür bin ich dankbar.
Sie sagen, es geht Ihnen nun vor allem um die verschwundenen Tiere?
Genau. Von meinem Pflegeross Hacky fehlt ebenfalls jede Spur. Es muss in einem anderen Kanton sein. Es wäre wunderschön, wenn es gefunden würde.
Ihre Bilder haben die Schweiz aufgewühlt. Haben Sie die Reaktionen überrascht?
Ich hätte nicht gedacht, dass es so krass wird, und war überrascht, dass sogar demonstriert wurde. Dafür bin ich der Öffentlichkeit und den Medien sehr dankbar. Darum ist für mich auch klar, dass ich alles wieder genau gleich machen würde.
Was nehmen Sie persönlich aus dieser Geschichte mit?
Es ist für mich eine Bestätigung, dass Mut sich lohnt. Es gibt sicher noch weitere Bauernhöfe in der Schweiz mit ähnlichen Verhältnissen, von denen die Öffentlichkeit nichts weiss. Ich wünsche mir sehr, dass auch dort aufgeräumt wird – und ich anderen Menschen Mut machen kann.»
*Namen der Redaktion bekannt
Unternehmer Hausi Leutenegger (77) ist erleichtert, dass der Pferde-Quäler Ulrich K. (49) nie mehr Tiere halten darf. «Was da mit den armen Tieren passierte, ist eine Schande für den Thurgau.
Jahrelang hat man um die Missstände auf dem Hof gewusst, doch die Gemeinde hat nur zugeschaut», empört er sich und ergänzt zu Ulrich K.
«Was er gemacht hat, ist unglaublich und absolut nicht nachvollziehbar. Man hätte ihm schon längst alles wegnehmen müssen, ihn sofort einsperren», so Leutenegger, der Ehrenbürger von Hinterthurgau ist. «Zum Glück sind die Behörden nun endlich eingeschritten. Jetzt bin ich erleichtert.» Auch der Thurgauer «Donnschtig-Jass»-Moderator Reto Scherrer (41) hat seinem Ärger am 4. August auf Facebook Luft gemacht.
«#Hefenhofen #Tierquäler. Wir können nicht die ganze Welt retten. Aber wir sind Thurgauer, und das muss jetzt aufhören. Sofort!»
Sein Beitrag wurde 1100 Mal geteilt und 148 Mal kommentiert. Auch mit viel Dank für Scherrers Mut, seine Stimme zu erheben. |
Flavia Schlittler
Unternehmer Hausi Leutenegger (77) ist erleichtert, dass der Pferde-Quäler Ulrich K. (49) nie mehr Tiere halten darf. «Was da mit den armen Tieren passierte, ist eine Schande für den Thurgau.
Jahrelang hat man um die Missstände auf dem Hof gewusst, doch die Gemeinde hat nur zugeschaut», empört er sich und ergänzt zu Ulrich K.
«Was er gemacht hat, ist unglaublich und absolut nicht nachvollziehbar. Man hätte ihm schon längst alles wegnehmen müssen, ihn sofort einsperren», so Leutenegger, der Ehrenbürger von Hinterthurgau ist. «Zum Glück sind die Behörden nun endlich eingeschritten. Jetzt bin ich erleichtert.» Auch der Thurgauer «Donnschtig-Jass»-Moderator Reto Scherrer (41) hat seinem Ärger am 4. August auf Facebook Luft gemacht.
«#Hefenhofen #Tierquäler. Wir können nicht die ganze Welt retten. Aber wir sind Thurgauer, und das muss jetzt aufhören. Sofort!»
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Flavia Schlittler