Schweizer Philipp Ruch «schenkt» AfD-Hetzer Holocaust-Denkmal
«Wir können Höckes politische Karriere beenden»

Im Januar stellte der deutsche AfD-Politiker Björn Höcke das Holocaust-Mahnmal in Berlin in Frage – jetzt hat er einen Nachbau vor seinem Haus. BLICK sprach mit Philipp Ruch, dem Schweizer Chef der verantwortlichen Künstlertruppe.
Publiziert: 24.11.2017 um 11:21 Uhr
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Aktualisiert: 28.09.2018 um 16:49 Uhr
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Das Zentrum für Politische Schönheit hat das Berliner Holocaust-Mahnmal vor dem Haus des AfD-Politikers Björn Höcke nachgebaut.
Foto: snapshot-photography/F.Boillot
Roman Rey

Das Künstler-Kollektiv Zentrum für Politische Schönheit (ZPS) hat sich neben dem deutschen AfD-Politiker Björn Höcke (45) einquartiert, um ihm ein Holocaust-Denkmal vor die Nase zu stellen. Schon kurz nach der Enthüllung am Mittwochmorgen gehen die Wogen hoch – mittlerweile steht das Mahnmal unter Polizeischutz. 

Hinter der Aktion steckt der Schweizer Aktivist Philipp Ruch (35), künstlerischer Leiter des Kollektivs. BLICK hat nachgefragt, was er mit dem umstrittenen Projekt bezwecken will.

Herr Ruch, was ist los in Bornhagen? Es heisst, die Polizei sei vor Ort.
Philipp Ruch: Das ist richtig. Ein rechter Mob hat am Mittwoch Journalisten und Künstler angegriffen und unter anderem eine Kamera zerstört. Wir haben deswegen Strafanzeige eingereicht. Die Polizei war erst untätig, sodass wir das Grundstück zu unserer Sicherheit verlassen mussten. Erst nachdem ich die Situation dem Thüringer Ministerpräsidenten am Telefon geschildert habe, gab es Polizeischutz.

Sie haben Herrn Höcke zehn Monate lang ausspioniert. Haben Sie auch Illegales gefunden?
Eine Menge sogar. Ohne Details zu nennen: Wenn wir das Material veröffentlichen, ist Höckes politische Karriere beendet. 

Und jetzt wollen Sie ihn zum Kniefall vor dem Mahnmal zwingen. Das ist doch Psychoterror.
Sonst höre ich immer, Kunst sei macht- und wirkungslos. Offenbar wird unsere Aktion als so wirkungsvoll eingeschätzt, dass man es für Psychoterror hält. Ausserdem: Wenn Sie mir sagen, ich terrorisiere Neonazis, dann bin ich zufrieden. Dann habe ich etwas richtig gemacht.

Der Künstler Philipp Ruch.
Foto: ddp images/CommonLens/Axel Schmi

Was ist mit Höckes Familie?
Aus AfD-Kreisen wurde das Gerücht in die Welt gesetzt, wir hätten seine Kinder fotografiert. Das weisen wir entschieden zurück. Die Kinder waren nie Gegenstand des Kunstprojekts.

Aber bei all dem Wirbel sind sie jetzt bestimmt eingeschüchtert.
Wir haben zehn Monate in friedlicher Nachbarschaft mit ihnen gelebt. Die Kinder sind intelligent genug zu wissen, dass wir keine Bedrohung darstellen.

Warum Björn Höcke?
Ruch: Weil er Deutschlands oberster Hetzer ist. Er ist bei Neonazi-Demos mitmarschiert. Er hat die rassistische NPD als einzige Partei bezeichnet, die Deutschland retten kann. Nur um Ihnen eine Vorstellung zu geben, mit wem wir es hier zu tun haben.

Was bezwecken Sie mit der Aktion?
Deutschland braucht eine Antwort auf Höckes Rede vom Januar. Er hat darin die Daseinsberechtigung des Holocaust-Mahnmals in Berlin in Frage gestellt, das hat es vorher noch nie gegeben. Seither ist die Kritik an seinen Aussagen abgeflacht, doch Höcke hat sie nie zurückgenommen. Das ist gefährlich. Es führt dazu, das solche Reden normal werden. Ich bin nicht bereit, das weiter zu tolerieren.

Sind Sie denn bereit, mit Höcke zu verhandeln?
Das ist gar nicht nötig. Herr Höcke soll uns sagen, wann es ihm am besten passt, dann organisieren wir einen Pressetermin. Er macht dann den Kniefall vor den versammelten Medienleuten, und wir schreddern die Unterlagen.

Sie erhalten viel Zuspruch – Ihr Spendenziel von 69'000 Euro haben Sie bereits erreicht.
Wir benutzen das Geld zur Finanzierung der Baukosten und dann für den Unterhalt des Denkmals. Momentan sind wir für fünf Jahre ausfinanziert. Aber es kommt laufend mehr Geld zusammen. Wer weiss, vielleicht steht das Mahnmal 100 Jahre in Bornhagen und überlebt Björn Höcke.

Björn Höcke hatte im Januar das Denkmal als «Mahnmal der Schande» bezeichnet.
Foto: Jens-Ulrich Koch

Ist Björn Höcke nach Roger Köppel Ihr neuer Lieblingsfeind?
Höcke ist eine Art Köppel von Deutschland. Er ist in seinen Ansichten zwar nicht so extrem, aber was die Art und Weise der Hetze angeht, stehen beide etwa auf der gleichen Stufe.

Ist das Köppel-Kapitel denn abgeschlossen?
Nein, Herr Köppel darf sich freuen, es wird noch eine dritte Aktion geben. Im Moment warten wir auf ein Angebot von einem Schweizer Theater. Nachdem dem Theater Neumarkt in Zürich 50'000 Franken an Subventionen gestrichen wurde, ist es schwierig, einen Aufführungsort zu finden.

Haben Sie dem Theater Neumarkt gegenüber ein schlechtes Gewissen?
Nicht wir müssen ein schlechtes Gewissen haben, sondern die Politiker, die die Kürzung zu verantworten haben. Dass Subventionen wegen missliebiger Kunst gestrichen werden, das wäre in Deutschland nicht möglich. Da steht die Schweiz um einiges schlechter da – und das ist besorgniserregend.

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