Die Sorge der Schweizer Hoteliers wächst mit der Zahl der Gästen – jenen auf der Plattform Airbnb. Auf der Internet-Seite vermitteln Privatpersonen Unterkünfte – vom Chalet in Davos bis zum Appartement in Basel – an Feriengäste. Zwar gibt es hier keinen Concierge-Service oder Frühstück-Buffets. Dafür liegen die Preise meist weit unter den Hotelpreisen. Eine schier unschlagbar günstige Konkurrenz.
Sie wächst rasant. Experten schätzen, dass mittlerweile mehr als jedes vierte Schweizer Gästebett in einem der gut 19'000 Airbnb-Objekte steht. Zwischen Mai 2015 und Mai 2016 sollen mehr als 300'000 Gäste ein Airbnb-Angebot in die Schweiz genutzt haben. «Das sind doppelt so viele wie im Jahr zuvor», sagte der Airbnb-Zuständige für die Schweiz, Alexander Schwarz (40), vor einigen Wochen zu BLICK.
Hoteliers beklagen ungleiche Spiesse. Denn sie müssen sich etwa an Hygiene- und Brand-Vorschriften halten, Sozialabgaben bezahlen und Kurtaxe abdrücken. Ein Airbnb-Anbieter übergibt meist einfach den Schlüssel zum Gästezimmer. Fertig.
Hotelier denken um
Doch zusehends sind Schweizer Hoteliers nicht mehr bereit, den Kampf gegen den Feind aus dem Silicon Valley zu führen. Stattdessen spannen sie mit Airbnb zusammen - und schreiben ihre Zimmer auf der Plattform aus. «Einige Hotels machen bei Airbnb mit, anstatt die Plattform zu bekämpfen», sagt Roland Schegg (53) vom Walliser Tourismus Observatorium.
Airbnb sei ein Markttrend, so Schegg. «Die Hotellerie muss ihn aufnehmen und das Beste daraus machen.» In seinem letzten Report vom November 2015 hat Schegg 51 Hotel-Angebot auf Airbnb gefunden. Auch Airbnb hat reagiert: Die Suchmaske wurde so angepasst, dass man mittlerweile spezifisch nach Hotels suchen kann.
Schweizer Hotels, die Airbnb nutzen, sind etwa das Drei-Sterne-Superieur-Hotel Bristol in Adelboden BE, das Hotel Olten oder das Hotel Walliser Sonne in Reckingen-Gluringen VS. Dessen Geschäftsführerin Hilde von Bruckhäuser (58) schaltete vor einem Jahr ihr erstes Airbnb-Inserat. Vor allem Nordamerikaner, aber auch Engländer und Japaner buchten darüber, sagt sie.
Heute bietet von Bruckhäuser zwei bis drei ihrer 28 Zimmer über Airbnb an. Je nach Buchungsstand. Der Grund: Die starke Konkurrenz. «In unserem kleinen Dorf gibt es drei Hotels, im Umkreis von 15 Kilometern 20. Da ist es schwierig, das Haus vollzubekommen», erklärt von Bruckhäuser.
In Zeiten des starken Frankens sei «jedes vermietete Bett wichtig», sagt sie. «Wir wollen überleben!» Einer ihrer Gäste hatte sie einst gefragt, warum von Bruckhäuser nicht auf Airbnb inseriere. Ja, warum eigentlich nicht?
Airbnb ist günstiger als Booking.com
Online-Buchungsplattformen wie Booking.com, Trivago oder Expedia nutzen Hotels schon lange. Diese verlangen Kommissionen zwischen 12 und 20 Prozent pro vermittelte Übernachtung. Teilweise kommt eine Anmeldegebühr hinzu. Airbnb dagegen verlangt nur drei Prozent.
Dafür zahlt der Gast eine Service-Gebühr an Airbnb, die zwischen sechs und 12 Prozent des Buchungspreises liegt. Dafür sei der Betrieb über Airbnb etwas aufwendiger und die Haftung liege ganz beim Gastgeber, sagt Schegg vom Tourismus Observatorium.
Die Beweggründe für Hotels, auf Airbnb zu inserieren, seien unterschiedlich, sagt Andreas Züllig (58), Chef vom Verband Hotelleriesuisse. «Einige Hoteliers nutzen diese Plattformen als zusätzlichen Vertriebskanal, andere haben Angebote wie Wohnungen oder Nebengebäude, die sie darüber vermieten», so Züllig zu BLICK.
Noch müssen Hotels herausfinden, wie sie Airbnb am besten nutzen könnten, sagt Analyst Schegg. Von Bruckhäuser von der Walliser Sonne etwa experimentiert mit dem Preis. Ein Doppelzimmer mit Dusche und WC kostet in der letzten Juli-Woche über Airbnb rund 643 Franken. Auf ihrer eigenen Website ist es deutlich teurer.
Für Sophie Rouvenaz (40) ist der Test vorbei. Die Franchisenehmerin des Ibis Bulle la Gruyère inserierte letztes Jahres auf Airbnb. Gerade mal drei Übernachtungen verkaufte sie. Aber nur um den Absatz ging es der Vizepräsidentin des Freiburger Hotellerieverbands: «In der Hotellerie diskutieren wir viel über Airbnb. Ich wollte wissen, worüber ich spreche und mir mein eigenes Bild machen.»