Wann hat es das zum letzten Mal gegeben? Eine Frau wird wegen Mordes verurteilt – obwohl sie am Tatort gar nicht dabei war.
Noch um 13.50 Uhr marschierte Ruth S.* (51) gestern in Freiheit zum Amtsgericht Solothurn-Lebern. Die Aargauer Hundetrainerin trägt einen schwarzen Hosenanzug, eine weisse Bluse. Ihre eiskalten Augen hat sie hinter einer Sonnenbrille versteckt, ihr Haar trägt sie offen.
Koffer bereits gepackt
IV-Rentnerin Ruth S. hofft fest darauf, dass sie frei bleibt. «Wenn das alles vorbei ist, möchte ich mit Walen schwimmen», sagte sie Anfang Mai während der Verhandlung zu BLICK. Doch innerlich weiss sie, dass die Verhandlung auch anders ausgehen kann: Ihre Koffer hat die 51-Jährige für eine eventuelle Verhaftung bereits gepackt.
Um 14 Uhr sitzt Ruth S. im Gerichtssaal, wartet mit versteinerter Miene auf das Urteil. Die Sonnenbrille ist weg. Neben ihr Ex-Hammerwerfer Patric Suter (35) und Güggeli-Griller Guido S.* (27). Polizisten haben beide Killer zuvor in Hand- und Fussfesseln in den Saal geführt.
Die zwei Männer und die Frau stehen wegen Mordes vor Gericht. Für die grausame Auslöschung der Familie Dubey am 5. Juni 2009 in Grenchen SO.
Das Gericht glaubte Ruth S. kein Wort
Um 14.05 Uhr verkündet Gerichtspräsident François Scheidegger das Verdikt für Ruth S.: Sie bekommt lebenslänglich! Und auch Guido S. und Patric Suter kassieren die Höchststrafe. Wegen mehrfachen Mordes, qualifizierten Raubes und mehrfacher strafbarer Vorbereitungshandlungen zu Mord und Raub. Ruth S. zeigt keine Regung. Auch die beiden Männer neben ihr nicht.
Das Gericht folgt dem Staatsanwalt auf der ganzen Linie. Der sah Ruth S., die vor Gericht mit zitternder Stimme ihre Unschuld beteuerte, als Drahtzieherin der Schenkkreis-Morde. Auch das Gericht glaubte Ruth S. kein Wort. «Sie war nicht nur Tippgeberin, sondern auch Denkerin und Lenkerin», sagt der Gerichtspräsident. Getrieben von reiner Geldgier. «Sie wollte einen Anteil aus der Beute. Und hat das Vorhaben der zwei Männer ganz klar unterstützt», erläutert Scheidegger.
Für ihn besonders perfid: «Sie hat die Tat geplant, wollte sich aber die Finger nicht schmutzig machen.»
Kaum Reuegefühle
Während der Richter spricht, sitzt Ruth S. scheinbar emotionslos da. Eine Strafe habe sie verdient – das gab sie früher zu. Nur in den Knast wollte sie auf keinen Fall zurück.
Ab und zu knetet sie sich unter dem Tisch ihre Hände. Der Richter fährt fort. «Sie hat die Männer über den Einsatz von Plastiksäcken und Chloroform informiert.» Ruth S. habe die Pistole gereinigt und versteckt, im Wald einen Platz gesucht, um die Tatkleider zu verbrennen.
Der Gerichtspräsident sagt über Ruth S.: «Wir stellten bei ihr eine gewisse Abgebrühtheit und Kaltblütigkeit fest.» Ein Empfinden von Reue sei, wenn überhaupt, nur in sehr geringem Masse vorhanden.
Noch im Gericht verhaftet
Fast zwei Stunden erklärt Gerichtspräsident Scheidegger das Urteil. Patric Suter wirkt abwesend, spricht ab und zu mit seinem Verteidiger. Guido S. scheint fast schon gelangweilt.
Noch im Saal kündigen alle Verteidiger Berufung an.
Dann passiert das, was Ruth S. unbedingt verhindern wollte. Noch im Gerichtssaal wird sie verhaftet, in Handschellen gelegt. Fussfesseln bekommt sie keine. Als sie abgeführt wird, klatscht ein Angehöriger der getöteten Familie Dubey in die Hände. Ein Zuschauer ruft Guido S. «Sauhund!» zu.
Das Trio wird zum Kastenwagen geführt. Guido S. sagt kein Wort, Ruth S. kämpft auf den letzten Metern mit den Tränen. BLICK kann Patric Suter fragen, was er zum Urteil meint. «Lächerlich», sagt der Ex-Hammerwerfer. «Es ist nicht gerechtfertigt. Es gibt so viele Widersprüche. Ich werde das Urteil weiterziehen.»
Und was sagt Suter zum Urteil für Ruth S.? «Das geschieht ihr recht!» Dann muss auch er in den Wagen steigen. In denselben wie Ruth S.
*Namen bekannt
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Von Viktor Dammann
Lebenslänglich kann heissen, dass der Täter bis an sein Lebensende hinter Gittern bleiben muss. Er könnte aber auch früher bedingt entlassen werden, frühestens nach 15 Jahren. Gilt er noch immer als Gefahr für die Öffentlichkeit, kommt er nicht vorzeitig in Freiheit. Kindermörder Werner Ferrari etwa sitzt als «Lebenslänglicher» seit 1989 in Haft.
Ist Ruth S.* die erste Frau, die lebenslänglich kassierte?
Nein. Vor zwei Jahren wurde Bianca B.* (36) – sie hatte in Horgen ZH ihre Zwillinge erstickt – zur Höchststrafe verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Zürcher Parkhaus-Mörderin Caroline H.* kassierte 2001 – sie hatte zwei Frauen erstochen – zusätzlich Verwahrung. Beide Frauen sitzen in der Frauenstrafanstalt Hindelbank BE. Dort wird wohl auch Ruth S. untergebracht.
Ruth S. wurde nach dem Urteil verhaftet. Warum?
Der Gerichtspräsident verfügte, Ruth S. nach der Urteilsverkündung in Sicherheitshaft zu nehmen, wohl bis zur Rechtskraft des Urteils. Die nicht geständige Frau sass rund 2½ Jahre in U-Haft, bevor sie im Dezember nach einem Bundesgerichtsentscheid auf freien Fuss gesetzt wurde. Das Bundesgericht hatte die Fluchtgefahr trotz Androhung einer mehrjährigen Strafe als nicht allzu hoch eingeschätzt. Mit dem gestrigen Verdikt lässt sich diese Einschätzung offenbar nicht mehr aufrechterhalten.
*Namen bekannt
Von Viktor Dammann
Lebenslänglich kann heissen, dass der Täter bis an sein Lebensende hinter Gittern bleiben muss. Er könnte aber auch früher bedingt entlassen werden, frühestens nach 15 Jahren. Gilt er noch immer als Gefahr für die Öffentlichkeit, kommt er nicht vorzeitig in Freiheit. Kindermörder Werner Ferrari etwa sitzt als «Lebenslänglicher» seit 1989 in Haft.
Ist Ruth S.* die erste Frau, die lebenslänglich kassierte?
Nein. Vor zwei Jahren wurde Bianca B.* (36) – sie hatte in Horgen ZH ihre Zwillinge erstickt – zur Höchststrafe verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Zürcher Parkhaus-Mörderin Caroline H.* kassierte 2001 – sie hatte zwei Frauen erstochen – zusätzlich Verwahrung. Beide Frauen sitzen in der Frauenstrafanstalt Hindelbank BE. Dort wird wohl auch Ruth S. untergebracht.
Ruth S. wurde nach dem Urteil verhaftet. Warum?
Der Gerichtspräsident verfügte, Ruth S. nach der Urteilsverkündung in Sicherheitshaft zu nehmen, wohl bis zur Rechtskraft des Urteils. Die nicht geständige Frau sass rund 2½ Jahre in U-Haft, bevor sie im Dezember nach einem Bundesgerichtsentscheid auf freien Fuss gesetzt wurde. Das Bundesgericht hatte die Fluchtgefahr trotz Androhung einer mehrjährigen Strafe als nicht allzu hoch eingeschätzt. Mit dem gestrigen Verdikt lässt sich diese Einschätzung offenbar nicht mehr aufrechterhalten.
*Namen bekannt