S-Bahn-Schubser muss in den Knast
«Ich hatte Panik, als sie auf mich zurannte»

Am 20. Dezember 2015 schubste Tom R. (33) eine Frau am Zürcher Hauptbahnhof vor einen Zug. Gestern wurde er vom Bezirksgericht Zürich wegen versuchter vorsätzlicher Tötung verurteilt.
Publiziert: 19.01.2017 um 07:50 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 23:58 Uhr
Sein Opfer verlor den linken Unterarm: S-Bahn-Schubser Tom R. (33) gestern vor dem Bezirksgericht Zürich.
Foto: Siggi Bucher
Jessica von Duehren

Tom R.* (33) und Sandra L.* (30) kannten sich nicht, als sie sich am frühen Morgen des 20. Dezember 2015 auf Gleis 43 am Zürcher Hauptbahnhof trafen. Betrunken und auf Koks warteten beide auf den Zug – und gerieten in Streit. Worüber, weiss Tom R. nicht mehr.

Nur, dass die Frau plötzlich auf ihn zugestürmt sei und ihm «eine runterhauen» wollte. Da schubste er Sandra L. gegen den anfahrenden Zug, sie geriet zwischen Perron und S-Bahn. Die Verkaufsassistentin verlor bei dem Drama ihren linken Unterarm. Gestern stand der gelernte Koch wegen versuchter vorsätzlicher Tötung vor dem Bezirksgericht Zürich.

«Ich hatte Panik»

Leugnen konnte und wollte der Angeklagte die Tat nicht – die Überwachungskameras hatten alles aufgezeichnet. Wie R. sich zu Sandra L. setzt, wie sie sich offensichtlich streiten, wie er weggeht und sie schliesslich auf ihn zukommt.

«Ich hatte Panik, als sie wutentbrannt auf mich zurannte», sagt der Mann, der seine Kontrahentin um 15 Zentimeter überragt. Deshalb habe er nicht nur ihren Schlag abgewehrt, sondern sie auch von sich weggestossen. Dass inzwischen der Zug eingetroffen war und bereits wieder beschleunigte, habe er nicht bemerkt.

120'000 Franken Genugtuung

Tatsächlich hatten sowohl Opfer als auch Täter mehr als zwei Promille Alkohol im Blut, zusätzlich Kokain. Trotzdem ist der Richter überzeugt: «Sie wussten, was Sie taten.» Statt eine Familie mit seiner Verlobten zu gründen, muss Tom R. jetzt für vier Jahre und neun Monate in den Knast. Sandra L. bekommt eine Genugtuung von 120'000 Franken – sie muss bis heute psychiatrisch betreut werden.

*Namen der Redaktion bekannt

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