Andi S.* (15) aus Bern zittert, wenn er an seine Erfahrung mit Bexin zurückdenkt. Drei Monate lang war der Sekschüler süchtig nach den Hustentabletten. Mit viel Glück entging er schweren körperlichen Schäden. «Ich brauchte die Pillen und wollte immer mehr davon», beschreibt er seine Sucht.
Ende Dezember hört Andi erstmals von Bexin. «Klassenkameraden haben mir davon erzählt. Mir wurde gesagt, die Packung kriege man ganz einfach in der Apotheke.» In der Schule hat er gerade Schwierigkeiten, dazu gewaltigen Liebeskummer. Auf der Suche nach Trost und Ablenkung geht er in die nächste Apotheke – und bekommt das Medikament tatsächlich, ohne Rezept und für gerade mal Fr. 7.50.
«Zuerst hab ich vier Tabletten eingenommen und war schon berauscht. Ich musste die Dosis aber nach und nach steigern, weil ich sonst nichts mehr gespürt hätte.» Schliesslich nimmt Andi die ganze Packung, 16 Tabletten auf einmal, und trinkt auch noch Alkohol dazu. Damit er nicht auffällt, wechselt der Junge bei jedem Kauf die Apotheke. «Ich hab die Packung fast immer bekommen», so der Sekschüler.
Drei Monate lang merken die Eltern nichts von Andis Drogensucht. Am Samstag vor vier Wochen dann der traurige Höhepunkt. Andis Vater: «Er war völlig durcheinander, hatte Halluzinationen und war kaum ansprechbar.» Die Eltern bringen ihren Buben ins Spital. «Der Arzt klärte uns auf, wir fielen aus allen Wolken.» Seither wird Andi in der pychiatrischen Klinik behandelt.
Bexin wird von Schweizer Jugendlichen immer häufiger konsumiert, vor allem als Partydroge. Direktor Hugo Kupferschmidt (50) vom Schweizerischen Toxikologischen Informationszentrum bestätigt: «Die Anfragen zum Wirkstoff haben deutlich zugenommen.» Sorgen macht dem Fachmann der Inhaltsstoff Dextromethorphan, kurz Dex. Er ist wie Heroin ein Morphinabkömmling.
Kupferschmidt: «Eine Überdosis kann zu Unruhe, Halluzinationen und Verwirrung führen, sehr hohe Dosen zu Bewusstlosigkeit, epileptischen Anfällen und Atemstillstand.» In den USA forderte Dex bereits mehrere Todesopfer. Die US-Arzneimittelbehörde stellte es deshalb unter Rezeptpflicht.
In der Schweiz ist Bexin ohne Rezept erhältlich. Andis Vater: «Das ist doch ein Skandal, Jugendliche kommen einfach so an diese gefährliche Droge heran. Die Produzenten verdienen am Leid unserer Kinder.»
Bexin wird vom Pharmaunternehmen Spirig AG in Egerkingen SO hergestellt. «Es ist nicht unsere Absicht, von einem Missbrauch des Medikaments finanziell zu profitieren», sagt Spirig-Chef Christian Pflugshaupt (63). «Grundsätzlich liegt die Verwantortung aber bei den Behörden. Sie müssen über Zulassung und Rezeptpflicht entscheiden.» Die zuständige Bundesstelle Swissmedic will eine Rezeptpflicht derzeit jedoch nicht prüfen (siehe Interview).
Andis Vater hofft, dass sein Sohn bald wieder auf die Beine kommt. Andi selbst verspricht: «Bexin werde ich ganz sicher nicht mehr anrühren.»
* Name von der Redaktion geändert
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Ist Bexin gefährlich?
Joachim Gross: «Wir wissen, dass das Medikament aufgrund seines Inhaltsstoffes Dextromethorphan als Droge missbraucht wird. Bexin hat das Potenzial, Abhängigkeit auszulösen, und kann damit ein Problem für die öffentliche Gesundheit darstellen.»
Dennoch ist Bexin für Jugendliche ohne Rezept erhältlich. Finden Sie das vertretbar?
«Es sind uns nur wenige Missbrauchsfälle bekannt. Das Interesse der breiten Bevölkerung, die das Medikament schnell und ohne Arztbesuch gegen Husten einsetzen möchte, ist deshalb schwerer zu gewichten.»
Streben Sie die Rezeptpflicht an?
«Swissmedic wird zum jetzigen Zeitpunkt keine Rezeptpflicht fordern. Sollten die Fälle jedoch zunehmen, werden wir dies prüfen.»
Dann können sich Jugendliche vorerst weiter mit Bexin eindecken?
«Wir haben bereits Massnahmen dagegen ergriffen. Die Packungsgrössen wurden auf 400 Milligramm verkleinert. Zudem rufen wir die Apotheker dazu auf, Bexin nicht an Jugendliche abzugeben.»
Swissmedic ist das Schweizerische Heilmittelinstitut und verantwortlich für die Prüfung und Zulassung von Medikamenten.
Ist Bexin gefährlich?
Joachim Gross: «Wir wissen, dass das Medikament aufgrund seines Inhaltsstoffes Dextromethorphan als Droge missbraucht wird. Bexin hat das Potenzial, Abhängigkeit auszulösen, und kann damit ein Problem für die öffentliche Gesundheit darstellen.»
Dennoch ist Bexin für Jugendliche ohne Rezept erhältlich. Finden Sie das vertretbar?
«Es sind uns nur wenige Missbrauchsfälle bekannt. Das Interesse der breiten Bevölkerung, die das Medikament schnell und ohne Arztbesuch gegen Husten einsetzen möchte, ist deshalb schwerer zu gewichten.»
Streben Sie die Rezeptpflicht an?
«Swissmedic wird zum jetzigen Zeitpunkt keine Rezeptpflicht fordern. Sollten die Fälle jedoch zunehmen, werden wir dies prüfen.»
Dann können sich Jugendliche vorerst weiter mit Bexin eindecken?
«Wir haben bereits Massnahmen dagegen ergriffen. Die Packungsgrössen wurden auf 400 Milligramm verkleinert. Zudem rufen wir die Apotheker dazu auf, Bexin nicht an Jugendliche abzugeben.»
Swissmedic ist das Schweizerische Heilmittelinstitut und verantwortlich für die Prüfung und Zulassung von Medikamenten.