Radikale Ernährungslehre ist weder gesund noch rettet sie die Welt
Die Märchen der Veganer

Wie gesund ist Veganismus wirklich? Und kann man durch seine Ernährung Langstreckenflüge kompensieren? Das steckt hinter den Veganer-Märchen.
Publiziert: 24.05.2019 um 23:21 Uhr
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«Natur heilt alles. Blut von Veganern zum Beispiel kann Krebszellen töten.» Dieser Satz der Grünen-Nationalratskandidatin Tamy Glauser sorgt für Wirbel. BLICK hat sich noch andere Märchen angeschaut, die unter Veganern kursieren.
Foto: Thomas Meier
Lea Hartmann, Silvia Tschui, Rebecca Wyss, Benno Tuchschmid

«Natur heilt alles. Blut von Veganern zum Beispiel kann Krebszellen töten.» Dieser Satz der Grünen-Nationalratskandidatin Tamy Glauser sorgt für Wirbel – und wirft ein Schlaglicht auf krude Theorien, die sich um vegane Ernährung ranken. BLICK hat vier Behauptungen auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft.

Veganismus ist gesund

Unbestritten ist: Zu viel Fleisch ist ungesund. Insbesondere rotes Fleisch und Wurstwaren können Krebs auslösen. Fest steht aber auch: Fleischersatzprodukte sind nicht per se gesund. In Vegi-Würsten, Ersatz-Käse, Soja-Nuggets oder Seitan-Geschnetzeltem stecken oft sehr viel Salz, Geschmacksverstärker und Farbstoffe. Dazu kommt: Wer sich vegan ernährt, dem fehlen wichtige Stoffe wie Vitamin B12, Eisen, Calcium und Omega3-Fettsäuren. Das kann zu Mangelerscheinungen bis hin zu Blutarmut und Herzproblemen führen – wenn die Stoffe nicht künstlich zugeführt werden.

Veganismus rettet die Welt

Die industrielle Fleischproduktion ist ein Treiber des Klimawandels. Ein Viertel der Äcker werden heute für Tiernahrung benötigt. Doch würden wir uns alle vegan ernähren, hätte der Planet ebenfalls ein Problem. Urs Niggli, Schweizer Agrarwissenschaftler und Vordenker der biologischen Landwirtschaft, sagt: «Wollen wir Fleisch und Milch durch pflanzliche Produkte ersetzen, müssten wir die Landwirtschaft auf den Ackerbauflächen massiv intensivieren. Das wäre mit nachhaltigem Anbau unmöglich.» Die Folgen: mehr Bodenerosion, weniger Biodiversität, höhere Klima- und Grundwasserbelastung. 

Wer vegan lebt, darf viel fliegen

Top-Model Tamy Glauser sagt, sie kompensiere ihre Vielfliegerei mit veganer Ernährung und einer kleinen Wohnung. Fakt ist: Wer wenig Fleisch und Milchprodukte zu sich nimmt, hilft dem Klima. Das solle man unterstützen, sagt Reto Knutti, ETH-Professor für Klimaphysik. Aber: «Das ist keine Rechtfertigung fürs Fliegen. Es gibt keine effizientere Variante, Emissionen auszustossen.» Konkret: Wer wie Tamy Glauser in diesem Jahr nach Bali und retour fliegt, verbraucht damit fast so viel CO2 (4,7 Tonnen) wie ein durchschnittlicher Schweizer Bürger im Jahr (6 Tonnen). Gemäss WWF verursacht ein Schweizer durchs Fliegen im Schnitt pro Jahr Treibhausgase im Umfang von etwa 1,8 Tonnen Kilo CO2. Wer durchschnittlich viel Fleisch und Milchprodukte isst, kommt etwa auf die Hälfte. WWF-Sprecher Philip Gehri sagt: «Bei den allermeisten Menschen dürfte darum Fliegen stärker ins Gewicht fallen als Fleisch und Milch.»

Impfen ist des Teufels

Für die meisten Impfstoffe gegen Krankheiten wie Masern, Tollwut oder Grippe braucht es tierische Zellkulturen. Pflanzliche Alternativen gibt es noch kaum. Ausser zum Beispiel gegen die Newcastle-Seuche bei Hühnern, der in Tabakpflanzen hergestellt wird. Extreme Veganer-Organisationen sind deshalb gegen das Impfen. Das kann böse Folgen haben, wie die derzeitige Maserndebatte zeigt. Um die Krankheit auszurotten, braucht es eine Impfrate von 95 Prozent aller nach 1963 Geborenen. In der Schweiz liegt sie aber bei 94 Prozent. Die Folge: 2019 gab es bis anhin 166 Masernfälle – dreimal so viele wie im ganzen Jahr 2018.

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