Puff um oranges Haus in Biel BE
«Wir wollten eine fröhliche Farbe anstatt der Dreckfassade»

Das Ehepaar Zysset wollte eine fröhliche Farbe ins Stadtbild von Biel BE bringen. Sie strichen ihr Haus deshalb orange. Der Amtsschimmel wiehert.
Publiziert: 23.04.2016 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 11.09.2018 um 16:12 Uhr
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Entsetzt: Marie (57) und Willy Zysset (68) sollen ihr Haus umstreichen. Die heitere Farbe missfällt den Stadtplanern.
Foto: Peter Gerber
Gabriela Battaglia

Willy (68) und Marie Zysset (57) haben ihr Haus im Frühling 2014 orange gestrichen, aber die Rechnung ohne die Stadt Biel BE gemacht. «Wir wollten eine fröhliche, warme Farbe», sagt Willy Zysset, «und dachten, unser Haus passe so besser ins Stadtbild als mit der alten dreckigen Fassade.»

Der pensionierte Elektroingenieur erkundigte sich persönlich bei der Stadtplanung über die nötigen Formalitäten. «Ein Angestellter sagte, für die Fassadenrenovation brauche es keine Bewilligung. Auch die Farbe sei frei wählbar.»

Das Ehepaar Zysset legte los und tünchte das Haus orange. Kosten: 27'000 Franken. «Wir glaubten, die mündliche Auskunft des Beamten reiche», sagt Zysset. Doch bei dieser frischen Farbe sah die Bieler Stadtplanung rot. Zyssets bekamen einen eingeschriebenen Brief. «Wir sollten das Haus wieder in der alten Farbe streichen oder nachträglich eine kleine Baubewilligung beantragen», sagt Zysset.

Das Ehepaar reicht das Gesuch nach. Die Baukommis­sion erteilt ihnen eine Abfuhr. Das Ehepaar erhebt Einsprache. Bei einer Aussprache im Büro des Bauamts kommt aus, dass es in Biel nicht einmal eine Liste mit verbotenen oder erlaubten Farben gibt. Absurd: In der Nähe steht ein Haus mit fast identischer Farbe. Willy Zysset: «Hier gibt es noch viele bunte Häuser. Die Stadt bekam für das farbenfrohe Bild sogar eine Auszeichnung.»

Am 22. Februar 2016 kommt erneut ein eingeschriebener Brief. Betreff: Bauabschlags- und Wiederherstellungsverfügung. Die Zyssets sollen das Haus bis am 31. August 2016 im ursprünglichen Farbton streichen. Die Beamten bemängeln, dass der neue Fassadenton ein grell leuch­tendes Orange sei. «Dann müsste unser Haus nachts ja leuchten», kommentiert Zysset trocken. Die Stadtplanung bemängelt: «Die umgestaltete Liegenschaft ergibt mit der Umgebung keine gute Gesamtwirkung und widerspricht Artikel 25 des Baureglementes.»

«Alle sagen, unser Haus bringe Leben ins Quartier», berichtet Willy Zysset. Kürzlich sei eine Lehrerin mit ihren Schülern vorbeigekommen und habe ihnen das Orange als «Wärme, Sonne, Freude» beschrieben.

Das Ehepaar soll 1620 Franken Kosten und Gebühren zahlen. Und falls es sein Haus nicht in die ursprüngliche schmutzige Braunfarbe umstreicht, droht eine Busse bis 40'000 Franken. Bei Rückfall gar eine bis zu 100'000 Franken, nebst Haft. Biel würde das Haus dann auf Kosten der Zyssets umstreichen lassen.

«Wir können unseren Ruhestand wegen dieses Streits gar nicht geniessen», sagt Marie Zysset. Weshalb die Behörde das orange Haus nicht mag, kann sich Willy Zysset nicht erklären. Er scherzt: «Vielleicht finden die Beamten, ich hätte ja schon eine farbige Frau, das reiche.»

Die Zyssets haben erneut Rekurs eingelegt. Jetzt liegt die Angelegenheit beim kan­tonalen Bauamt.

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