Für die 19 Flüchtlinge ist es wie ein Märchen. Sie alle haben schreckliche Schicksale hinter sich. In den letzten paar Monaten ging es hauptsächlich um das nackte Überleben. Jetzt haben sie plötzlich die Chance auf einen gut bezahlten Job und ein friedliches Leben: Die Studenten vom Verein Powercoders haben das grosse Los gezogen.
Sie reisen jeden Tag aus verschiedenen Regionen der Schweiz nach Zürich, um sich zum Programmierer ausbilden zu lassen. Praktisch alle haben gute Chancen auf eine feste Arbeitsstelle als Webentwickler und Programmierer.
Die Flüchtlinge im Kurs haben bereits gute Computerkenntnisse. So auch die Eritreerin Fortuna Mebrahtu (32). Die alleinerziehende Mutter eines zweijährigen Sohnes stand nach sechs Jahren Medizinstudium kurz vor dem Doktortitel, als in ihrem Land der Krieg ausbrach. Seither ist Fortuna auf der Flucht.
Chance auf ein normales Leben
Ihre Odyssee führte 2010 über den Sudan nach Uganda, zurück in den Sudan, dann nach Libyen, Italien, schliesslich kam sie 2015 in die Schweiz. «Als Alleinerziehende habe ich keine Chance, das Medizinstudium fertig zu machen. Von Powercoders erhoffe ich mir sehr viel. Die Schulung ist exzellent.»
Auch für den tibetanischen Mönch Tenzin Dhondup (19) ist der Kurs eine grosse Chance auf ein normales Leben. Er musste aus Nepal flüchten, weil sein Vater gegen die chinesische Besatzung demonstriert hatte. Tenzin: «Er floh als Erster. Meine Mutter und ich hatten keine Wahl. Wir mussten kurz darauf auch weg.»
Die Flucht kann der junge Mönch nie vergessen. «Meine Mutter informierte mich nicht im Voraus. Ich musste mich innert weniger Sekunden von unserem Zuhause verabschieden.»
Erst in Indien erfährt Tenzin, dass sein Vater in die Schweiz geflüchtet war. Er und seine Mutter müssen aber mehrere Monate in Indien bleiben. Er kommt zum ersten Mal in Kontakt mit Programmierern. Seine Leidenschaft für Codes ist geweckt.
Auch wenn er die Kutte im Alltag nicht mehr trägt, ist Tenzin noch immer ein Mönch. «Wenn der Dalai Lama kommt oder ich bete, ziehe ich die Mönchskleider an», sagt er. «Im Alltag ist es einfach nicht sehr praktisch.»
Wenige Meter neben ihm sitzt Rafat Daghmach (32) aus Syrien, der einzige Flüchtling der Gruppe mit einem Schweizer Universitätsabschluss. Er kam in die Schweiz, um an der ETH Geophysik zu studieren und dann in der Heimat zu arbeiten. Er erklärt: «Es gibt zu Hause viel Öl, Gas und Mineralien. Darum braucht es in Syrien viele Geophysiker.»
Doch der Krieg machte Rafat einen Strich durch die Rechnung. Seine Familie musste flüchten. Rafat schloss das Studium in Zürich ab und musste in der Schweiz einen Job suchen. Doch Jobs für Geophysiker hierzulande sind rar.
Dank dem Kurs erhält der Flüchtling mit B-Ausweis jetzt aber eine riesige Chance auf einen Job als Programmierer.
Das Konzept von Powercoders sieht nicht nur den dreimonatigen Kurs vor, sondern auch die Vermittlung von Praktika. «Das macht den Erfolg vom Projekt aus», sagt Vorstandsmitglied Hannes Gassert (36). «Um die Leute in die Arbeitswelt zu vermitteln, sind die Kontakte in die Wirtschaft essenziell.
Den Verein Powercoders gibts seit einem Jahr. 2016 wurde in Bern der erste Programmierkurs für Flüchtlinge organisiert. Mit Erfolg: Alle Teilnehmer erhielten im Anschluss einen Job oder ihr Praktikum wurde verlängert. Die Finanzierung des Zürcher Lehrgangs hat die Stiftung «Arcas Foundation» übernommen. Kurse in anderen Schweizer Städten sind in Planung. Es gäbe sogar bereits Anfragen aus dem Ausland.
Den Verein Powercoders gibts seit einem Jahr. 2016 wurde in Bern der erste Programmierkurs für Flüchtlinge organisiert. Mit Erfolg: Alle Teilnehmer erhielten im Anschluss einen Job oder ihr Praktikum wurde verlängert. Die Finanzierung des Zürcher Lehrgangs hat die Stiftung «Arcas Foundation» übernommen. Kurse in anderen Schweizer Städten sind in Planung. Es gäbe sogar bereits Anfragen aus dem Ausland.