Sie werden Digital Natives, digitale Ureinwohner, genannt. Eine Bezeichnung, die diese Primarschüler wenig interessiert. Das Digitale ist für sie einfach normal. Moderne Technik? Alltag. Seit Geburt. «Ich darf immer mit dem Handy spielen», sagt Matthias (12), als er mit seinen Kollegen über die Digitalisierung spricht.
Als BLICK ihn und seine Freunde im Primarschule in Zumikon ZH besucht, geht es aber nicht ums Spielen. Es ist Unterricht, bei dem es etwas zu lernen gibt, auch wenn die Lektion den Titel «Tüfteln und Erfinden» trägt. «Wir basteln hier einen Bürstenroboter», erklärt die Sechstklässlerin Liselotte (12). Ihre Aufgabe sei es, mit Kleben, Basteln und eben Tüfteln einen Roboter zu bauen, der auf einem Spielfeld viele Punkte sammelt. Und: «Er muss auch schön aussehen!», betont Liselotte.
Was nach Spiel und Spass aussehe, sei es auch, sagt Lehrerin Bettina Waldvogel (49). Dafür müssen sie zuvor aber auch einiges leisten: «Die Schülerinnen und Schüler lernten, was ein QR-Code ist, wie man einen 3D-Scanner bedient.» Mit dem Bürstenroboter gehe es nun um Kompetenzen wie Feinmotorik oder Kreativität, die es auch in der digitalen Welt brauche.
Mit der Schildkröte eine Flagge zeichnen
Mit Bettina Waldvogel profitieren die Schüler von einer Expertin. Sie beschäftigt sich als Dozentin und Forscherin in der Medien- und Informatikausbildung. Ihr Schulleiter Philipp Apafi (57) schätzt das: «Die Digitalisierung ist eine Herausforderung für die Schulen. Frau Waldvogel ist für uns ein grosser Glücksfall!»
Wie komplex diese neuen Unterrichtsthemen sind, zeigt der Unterricht im Schulgebäude nebenan. Dort lernen die Viert- bis Sechstklässler die schwere Kost der Algorithmik, ob der manch ein ETH-Informatikstudent ins Schwitzen kommt. Ihre Aufgabe ist es, mit der Programmiersprache XLogo geometrische Formen zu zeichnen.
Teenager wie Anna (11) und Felicia (11) hacken den kryptischen Code ohne jegliche Mühe in die Tastatur. «Wir dürfen die Flagge von Frankreich zeichnen», sagt Felicia. Das gehe einfach mit Befehlen wie setpc 12, pu, rt 90 (siehe Box). Alles Abkürzungen aus dem Englischen, die einer symbolischen Schildkröte auf dem Bildschirm sagen, was sie zu tun hat.
Vorteile für die digitale Wirtschaft
Hier sieht man das Potenzial der digitalen Wirtschaft: «Jeder Schüler findet einen eigenen Ansatz für die Programmieraufgaben», sagt Lehrerin Livia Gmür. Es sei ihr aufgefallen, dass Schüler, die mit Rechnen Mühe hätten, neu aufleben und mit Kreativität Programmieraufgaben lösen.
Während sie das sagt, ruft Matthias (10) im hinteren Teil des Schulzimmers: «Welchen Code hat die Farbe Grün?» – «Willst du Italien malen? Dunkelgrün hat die Ziffer 11!», antwortet Emir (12). Lehrerin Gmür lacht: «Das hätte ich jetzt nachschauen müssen!» Die digitalen Ureinwohner nicht.
BLICK: Frau Waldvogel, im Informatik-Unterricht lernt man Word, Excel und das Zehn-Finger-System auf der Tastatur, richtig?
Nein, nein! (lacht) Viele Leute glauben das, weil der Informatik-Unterricht früher viel mehr die Bedienung von Computern beibringen musste. Heute geht es viel mehr um die Daten, Informationen und Algorithmen.
Von der Handarbeits-Lehrerin zur Roboter- und Programmcode-Expertin. Wie kam es dazu?
Der Lehrplan 21 will der Informatik einen wichtigeren Platz geben. Als Pädagogik-Forscherin will ich herausfinden, wie man die digitale Kompetenzen im Unterricht einbauen will.
Programmieren klingt aber kompliziert.
Nicht, wenn die Schüler den Sinn und Aufbau von Information mit Barcodes oder gar mit römischen Zahlen lernen. Und damit auch verstehen, wie digitale Daten, Texte und Bilder elektronisch transportiert werden.
Brauchen die Schüler es im späteren Leben?
Ja, das ist ein wichtiges Grundverständnis der digitalen Welt! Nur so lernt man, wie man sich vor Angriffen wie Viren, Passwort-Klau oder Daten-Missbrauch schützt.
Wie kommt es bei den Schülern an?
Die Buben denken, dass es ihre Domäne ist, und finden es cool. Mädchen gehen eher unvoreingenommen an die Sache heran und überraschen mit kreativen Lösungen.
Bettina Waldvogel ist Dozentin und Fachbereichsleiterin Medien und Informatikausbildung an der Pädagogischen Hochschule in Schaffhausen und unterrichtet an der Primarschule in Zumikon ZH.
BLICK: Frau Waldvogel, im Informatik-Unterricht lernt man Word, Excel und das Zehn-Finger-System auf der Tastatur, richtig?
Nein, nein! (lacht) Viele Leute glauben das, weil der Informatik-Unterricht früher viel mehr die Bedienung von Computern beibringen musste. Heute geht es viel mehr um die Daten, Informationen und Algorithmen.
Von der Handarbeits-Lehrerin zur Roboter- und Programmcode-Expertin. Wie kam es dazu?
Der Lehrplan 21 will der Informatik einen wichtigeren Platz geben. Als Pädagogik-Forscherin will ich herausfinden, wie man die digitale Kompetenzen im Unterricht einbauen will.
Programmieren klingt aber kompliziert.
Nicht, wenn die Schüler den Sinn und Aufbau von Information mit Barcodes oder gar mit römischen Zahlen lernen. Und damit auch verstehen, wie digitale Daten, Texte und Bilder elektronisch transportiert werden.
Brauchen die Schüler es im späteren Leben?
Ja, das ist ein wichtiges Grundverständnis der digitalen Welt! Nur so lernt man, wie man sich vor Angriffen wie Viren, Passwort-Klau oder Daten-Missbrauch schützt.
Wie kommt es bei den Schülern an?
Die Buben denken, dass es ihre Domäne ist, und finden es cool. Mädchen gehen eher unvoreingenommen an die Sache heran und überraschen mit kreativen Lösungen.
Bettina Waldvogel ist Dozentin und Fachbereichsleiterin Medien und Informatikausbildung an der Pädagogischen Hochschule in Schaffhausen und unterrichtet an der Primarschule in Zumikon ZH.
Jedes Programm in der Programmiersprache «XLogo» wird von «to» und «end» eingeschlossen. Dazwischen gibt der Code einer Schildkröte auf einem weissen Feld Befehle, was sie tun soll. Sie verstehen den Code am besten, wenn Sie die Befehle auf einem weissen Papier selbst nachmalen: «cs» löscht alle vorherigen Malereien. «setpc» nimmt einen Farbstift in die Hand (12 steht für Blau, 1 für Rot) und setzt ihn aufs Papier ab. «repeat» wiederholt den Code zwischen den Klammern 25 mal: «fd 70» bewegt die Schildkröte 70 Schritte vorwärts, «lt» und «rt» sind Links- oder Rechtsdrehungen. Mit «pu» wird der Stift angehoben, damit er nicht mehr malt – mit «pd» setzt man ihn wieder ab.
Jedes Programm in der Programmiersprache «XLogo» wird von «to» und «end» eingeschlossen. Dazwischen gibt der Code einer Schildkröte auf einem weissen Feld Befehle, was sie tun soll. Sie verstehen den Code am besten, wenn Sie die Befehle auf einem weissen Papier selbst nachmalen: «cs» löscht alle vorherigen Malereien. «setpc» nimmt einen Farbstift in die Hand (12 steht für Blau, 1 für Rot) und setzt ihn aufs Papier ab. «repeat» wiederholt den Code zwischen den Klammern 25 mal: «fd 70» bewegt die Schildkröte 70 Schritte vorwärts, «lt» und «rt» sind Links- oder Rechtsdrehungen. Mit «pu» wird der Stift angehoben, damit er nicht mehr malt – mit «pd» setzt man ihn wieder ab.