«Politische Propaganda in Uniform verboten» – Jetzt droht Ärger
Schweizer Soldat jubelt über Kosovo-Armee

Ein Schweizer Soldat mit Doppelpass findet die kosovarischen Militärpläne super. Öffentlich gratuliert er zur Kosovo-Armee. Dafür könnte er auf die Finger kriegen.
Publiziert: 18.12.2018 um 17:15 Uhr
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Aktualisiert: 18.12.2018 um 18:32 Uhr
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Posen mit MG-Patronengurt: Mirlind M. aus Burg AG kann sich sogar vorstellen, für den Kosovo zu kämpfen.
Foto: Screenshot

Serbien kocht, seit der Kosovo am Freitag den Aufbau einer eigenen Armee beschlossen hat. Nun giessen Schweizer Doppelpass-Soldaten Öl ins Feuer. Das albanische Nachrichtenportal «Presheva Jone» verbreitet ihre Glückwünsche. 

Mirlind M. (23) aus dem Aargau findet Kosovos Armee-Pläne super. «Ich fühle mich in der Lage, das Land, in dem ich lebe, zu schützen. Aber ich bin auch stets bereit, im Kosovo für Stabilität zu sorgen, sofern ich in meine Heimat eingeladen werde», zitiert «Presheva Jone» den Schweizer Soldaten aus dem Dorf Isniq, der seit seinem zweiten Lebensjahr in der Schweiz lebt.

Gegenüber BLICK bestätigt M. seine Aussagen. Der 23-jährige Shisha-Bar-Besitzer hat seinen Militärdienst in der Schweizer Armee geleistet, drei Wochen im Jahr tritt er zum Wiederholungskurs (WK) an.

Doppelt dienen geht auch mit Doppelpass nicht

Mirlind M. kann sich offenbar vorstellen, als Soldat in die neue Kosovo-Armee zu wechseln. Was er offenbar nicht weiss: Daraus wird nichts. Wie in den meisten Ländern gilt auch in der Schweiz: Wer hier bei der Armee gedient hat, darf in keinem anderen Land mehr dienen. Doppelpass hin oder her.

Die Schweizer Armee prüft aktuell die Medienberichte über die Glückwünsche der Schweizer Doppelbürger-Soldaten. Problematisch: Der Artikel ist mit Fotos von M. in Uniform bebildert. «Die hat ihnen vermutlich mein Vater geschickt», sagt M. zu BLICK. «Soldaten dürfen in Uniform keine politische Propaganda betreiben», sagt Armee-Sprecher Daniel Reist zu BLICK. Euphorische Glückwünsche in Richtung Kosovo könnten für Armeeangehörige also ernsthafte Konsequenzen haben. Wie genau diese aussehen könnten, wollte Reist noch nicht sagen. 

Werden Schweizer Soldaten vor den Propaganda-Karren gespannt?

Der Fall betrifft noch eine andere Soldatin. Laut «Presheva Jone» gratuliert auch Kaltrina A. (24) aus Bern anlässlich der Bildung der Kosovo-Armee allen Bürgern zu dem historischen Tag. Laut dem Nachrichtenportal sei die Schweizer Offizierin «stolz, Albanerin zu sein» und «stolz, dass ich die Schweizer Uniform tragen darf».

Ob die Zitate wirklich von A. stammen, ist jedoch unklar. «Kaltrina hat das nicht gesagt», stellt die Familie auf BLICK-Anfrage klar. Die junge Offizierin studiere Jura und Wirtschaft in Österreich und sei gerade im Prüfungsstress.

A.s Familie stammt aus Gjilan im Kosovo. Im Februar 2017 wurde A. zum Leutnant befördert – laut der kosovo-albanischen Tageszeitung «Bota Sot» als erste Schweiz-Albanerin.

Etwa 5000 Schweizer Soldaten haben albanischen Hintergrund

In der Vergangenheit sorgten Doppelpass-Soldaten regelmässig für rote Köpfe. 2015 posierten sieben Soldaten stolz im Zug mit einer albanischen Flagge. 2017 kam raus: Rekruten nähen albanische Nationalhelden an ihren Uniformen. Politiker reagierten entrüstet auf die Verletzung des Bekleidungsreglements.

Wie viele Albaner und Kosovaren in der Schweizer Armee dienen, ist nicht bekannt. Die Schweizer Armee erhebt offiziell keine Daten über Doppelbürger in der Truppe. «Presheva Jone» schätzt, dass etwa 5000 Schweizer Soldaten einen albanischen Hintergrund haben.

Zwischen Serbien und dem Kosovo brodelt es verstärkt, seit das Parlament in Pristina am Freitag ungeachtet internationaler Mahnungen und scharfer Proteste Serbiens den Aufbau einer eigenen Armee beschloss. Die bislang für Katastrophenfälle vorgesehene und leicht bewaffnete Kosovo Security Force (KSF) soll nun in eine richtige Armee umgewandelt werden. Die Truppenstärke soll von derzeit 2500 Mann auf 5000 verdoppelt werden. Bis die neuen Streitkräfte einsatzfähig sind, wird es noch Jahre dauern.

Serbien betrachtet den Kosovo nach wie vor als serbische Provinz

In einer Dringlichkeitssitzung des Uno-Sicherheitsrats am Montag verteidigte Kosovos Präsident Hashim Thaci den Parlamentsbeschluss als «nicht aussergewöhnlich» und als «natürlichen Schritt». Serbiens Präsident Aleksandar Vucic verwarf dagegen das «sogenannte souveräne Recht» des Kosovos auf eine reguläre Armee. Der Sicherheitsrat müsse das Land bremsen und zähmen.

Die Neuausrichtung der bisherigen Katastrophenschutz-Einheit des Kosovos hatte Serbien empört und bei westlichen Partnern des kleinen Balkanlandes Bedenken hervorgerufen. Das in grosser Mehrheit von Albanern bewohnte Kosovo hatte früher zu Serbien gehört. Vor zehn Jahren hatte es sich für unabhängig erklärt.

Serbien hat die Abspaltung seiner ehemaligen Provinz nie anerkannt. Derzeit leben noch etwas mehr als 100'000 Serben im Kosovo. «Wenn Kosovo einen Fehler gemacht hat, dann nur, dass wir fünf Jahre mit der Schaffung einer Armee gewartet haben», sagte Thaci. Die Armee würde mit «Soldaten des Friedens» zur Stabilität in der Region beitragen. Vucic sagte dagegen, er sei «sehr beunruhigt, sehr besorgt und sogar etwas verängstigt» über die Auswirkungen einer kosovarischen Armee in der Region.

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