Kurswechsel in der Schweizer Tabakpolitik. Die Föderation der Suchtfachleute fordert, dass Rauchern E-Zigis nahegelegt werden – da sie weniger Schaden anrichten würden als normale Zigaretten. Erich Russi, emeritierter Professor für Pneumologie der Universität Zürich, ist gleicher Meinung
Die Debatte rund um die E-Zigarette sei mit der offenen Drogenszene am Platzspitz, die er als praktizierender Arzt selbst miterlebt hatte, zu vergleichen. Damals habe man Junkies sauberes Fixbesteck als Alternative angeboten, damit diese keine schmutzigen Spritzen verwendeten.
9500 Tote jedes Jahr
«Das ist wie bei Heroin-Junkies. Diese auf Methadon zu setzen, hat das Problem auch nicht gelöst», sagt Russi zu BLICK. Und so sei es auch mit der E-Zigi. Sie sei lediglich eine Alternative für Raucher, die weniger Gefahren berge als der Konsum von handelsüblichem Tabak.
Gemäss dem Fachverband Sucht sterben in der Schweiz jährlich rund 9500 Menschen infolge von Tabakkonsum. Nicht das in Zigaretten enthaltene Nikotin allein, sondern die etlichen Zusatzstoffe, die beim Rauchen verbrennen, sind schädlich.
E-Zigarette als «weiche Einstiegsdroge»
«E-Zigaretten zu rauchen, ist aber im Umkehrschluss keinesfalls gesund – nur eben weniger schädlich», so Russi. Gegner von E-Zigaretten sehen in dem Tabakersatzprodukt eine ernst zu nehmende Gefahr. So könnte die E-Zigarette etwa einer «weichen Einstiegsdroge» gleichkommen. Russi glaubt, dass dieses Argument lediglich auf Jugendliche anwendbar ist. Ein entsprechendes Jugendschutzgesetz in Sachen E-Zigaretten sei unabdingbar.
Die Langzeitfolgen beim Konsum von E-Zigaretten sind gegenwärtig noch unklar, dürften aber laut Russi weitaus geringer sein.
Willkür und Inkonsequenz
Der Experte bemängelt die Willkür und Inkonsequenz der Tabakpolitik. Gemeint ist die Tatsache, dass «E-Zigaretten in der Schweiz an jeder Ecke gekauft werden können», der Verkauf der dafür benötigten nikotinhaltigen Flüssigkeit hingehen hierzulande verboten ist. Wer die sogenannten Liquids will, muss im Ausland auf Einkaufstour gehen.
Ebenso wie die Föderation der Suchtfachleute fordert auch Russi eine Regulierung der Tabak- und Tabakersatzprodukte. Liquids würden somit zum Verkauf legalisiert.