Ob nun vor oder nach der Pensionierung: Immer mehr Ältere arbeiten. Das zeigen neueste Zahlen des Bundesamtes für Statistik. In der Alterskategorie 55 bis 64 befand sich die Quote der Erwerbstätigen im letzten Jahr auf einem Allzeithoch: 72,2 Prozent!
Sogar viele Pensionierte spucken in die Hände: Die Zahl der Ruheständler, die weiter Geld verdienen, steigt und steigt. Zuletzt pendelte sie sich bei knapp zwölf Prozent ein.
Doch gibt es da einen Haken. Einen aus altem Eisen – die Diskussion um Arbeitslose, die älter sind als 50 Jahre, wird so erbittert geführt wie noch nie. Gleich zwei Mal, zuletzt am Donnerstag, traf Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann (66) diese Woche mit Vertretern der älteren Generation zusammen.
Nicht dabei war der Verband Avenir 50 plus. Er boykottierte das Treffen. «Bei uns melden sich immer mehr gut qualifizierte verzweifelte Betroffene. Uns scheint es, dass die Gesellschaft das Drama der Älteren verdrängt», sagt Heidi Joos (63), Geschäftsführerin des Verbands. Die Politik wolle das Problem aussitzen.
Ein grosses Aber
«Die Situation ist sehr polarisiert», sagt der Soziologe und Altersforscher François Höpflinger (70). «Befragungen zeigen, dass ältere Angestellte zufrieden sind bei der Arbeit. Sogar zufriedener als die Jungen.» Auch er spricht jedoch von jenem grossen Aber: «Wer die Stelle verliert, hat wahnsinnig Mühe, wieder in den Arbeitsprozess zu finden.»
Seit Jahren zeigen Studien das gleiche Bild: Über 50-Jährige sind nicht häufiger arbeitslos als ihre jüngeren Berufskollegen. Aber wenn sie es einmal sind, dann für lange Zeit. Betroffene berichten von Hunderten erfolgloser Bewerbungen, vom Absturz aus der Mittelklasse, von Einsamkeit, von Zermürbung.
Der Frust beginnt in vielen Fällen schon vor der Entlassung. «In manchen Betrieben liegen Welten zwischen jugendorientierten und traditionellen Arbeitskulturen», sagt Human-Resources-Expertin Elisabeth Michel-Alder, die ihr Alter nicht verraten möchte. «Das spielt heute doch keine Rolle mehr!»
Ihr Beweis: «Meine Putzfrau ist 78. Ich beschäftige sie weiter. Sie will arbeiten. Das ist prima so!» Michel-Alder hat am Montag ein Buch mit dem Titel «Länger leben, anders arbeiten» veröffentlicht. «Übernimmt eine junge Chefin, die alle duzt, ein Team aus ergrauten Füchsen und kritisiert deren Arbeitsmethoden, kann das zu beträchtlichen Konflikten führen – und zu schmerzlichen Trennungen!»
Keine Chance bei Google und Co.
Ein besonderes Problem gibt es in grossen, globalen Unternehmen: «Bei Firmen wie Google ist der Altersschnitt um die dreissig. Banken, Versicherungen oder Industriekonzerne stellen praktisch niemanden über 50 ein und entlassen überdurchschnittlich oft Leute in diesem Alter.»
In ihrem Buch kritisiert sie: «Die Schweiz pflegt die unrühmliche Tradition, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten ältere Mitarbeitende als Manövriermasse zu behandeln.»
Soziologe Höpflinger bestätigt: «Globale Konzerne führen häufig Restrukturierungen durch. Teilweise werden ganze Abteilungen gestrichen. Das trifft oft die Älteren.»
In vielen Ländern geniessen ältere Angestellte einen besseren Schutz vor Kündigungen. In der Schweiz nicht. Unfair findet das Michel-Alder. «Die Schweiz ist eine rare Ausnahme unter den entwickelten Ländern, hier kann man nicht gegen Altersdiskriminierung im Job klagen. Das hat einen Preis.»
Neue Talente sind rar
Die Politik hingegen betrachtet die älteren Arbeitnehmer als Teil der Lösung. Derzeit stehen die geburtenstarken Jahrgänge vor der Rente. Betriebe haben Mühe, neue Talente zu finden.
«Ältere Arbeitskräfte leisten einen wichtigen Beitrag zur Deckung der wachsenden Fachkräftenachfrage in der Schweiz», vermeldet das Wirtschaftsdepartement von Bundesrat Schneider-Ammann. Genau solche Sätze stossen älteren Arbeitslosen sauer auf. «Es ist paradox: Alle reden vom Fachkräftemangel und vom Potenzial der Älteren. Aber handeln will niemand», klagt Heidi Joos.
Das Dumme: «Eine standardisierte Lösung, die für alle funktioniert, gibt es nicht», sagt Höpflinger. Jedes Berufsfeld sei anders. «In manchen Branchen müsste man Ältere weiterbilden. In anderen müsste man sie ein bisschen entlasten.»
Verzweiflung jedoch ist fehl am Platz. «Es gibt einen Arbeitsmarkt für über 50-Jährige. Allerdings fast nur bei KMU und der öffentlichen Hand», sagt Michel-Alder. Sind die über 50-Jährigen zufrieden im Job, können sie sich auch vorstellen, noch ein paar Jahre über das Pensionsalter hinaus anzuhängen. Die Schweiz hätte grosses Interesse daran, alle Generationen im Job zu behalten. Sie muss es nur wollen.
Kommentar von Fibo Deutsch
Mit sechsundsechzig ist noch lange nicht Schluss ...» Udo Jürgens ersang sich mit diesem Bekenntnis einen seiner grossen Hits. Was kann man tun, damit das Leben bei der Pensionierung nicht abrupt zum unerfüllten Rentnerdasein wird? Dass das Wissen, das man ein Arbeitsleben lang erlangt hat, nicht von einem Tag auf den anderen nutzlos verkümmert?
Bundesrat Johann Schneider-Ammann lobte das Modell als «Bogenkarriere». Das bedeutet: nach dem Aufstieg bis zum Zenit langsame Reduktion bei Arbeit und Lohn im allerletzten Berufsabschnitt. Das erhöht die Chance, dass es ein Weiterarbeiten nach 65 gibt. Allerdings braucht es dazu einen weisen Arbeitgeber, der das erlaubt und versteht: Er gewinnt damit, denn er kann weiter von der Erfahrung seines langjährigen Mitarbeiters bei reduzierten Kosten profitieren.
Der Mitarbeiter selbst muss zum Verzicht bereit sein: weniger Verantwortung, weniger Einkommen. Dafür bewahrt er sich wichtige Lebensqualitäten: Die Verbindungen zu Arbeitskollegen, die Kontakte, die ihm ein Leben lang wichtig waren, bleiben erhalten. Und das Wichtigste: das Gefühl, nützlich zu bleiben.
Ich erzähle hier meine eigene Geschichte: Bin 78 Jahre alt, trat 1960 als Volontär ins Medienhaus Ringier ein, machte Karriere, vom Reporter über den Chefredaktor bis in die Konzernleitung. Vor einer drohenden Pensionierung reduzierte ich alle Positionen bis auf den Job eines Beraters, ganz im Sinn einer Bogenkarriere. Meine Erfahrungen und mein Netzwerk aus über 50 Arbeitsjahren gebe ich immer noch gerne weiter – an alle, die sie nutzen wollen ...
Kommentar von Fibo Deutsch
Mit sechsundsechzig ist noch lange nicht Schluss ...» Udo Jürgens ersang sich mit diesem Bekenntnis einen seiner grossen Hits. Was kann man tun, damit das Leben bei der Pensionierung nicht abrupt zum unerfüllten Rentnerdasein wird? Dass das Wissen, das man ein Arbeitsleben lang erlangt hat, nicht von einem Tag auf den anderen nutzlos verkümmert?
Bundesrat Johann Schneider-Ammann lobte das Modell als «Bogenkarriere». Das bedeutet: nach dem Aufstieg bis zum Zenit langsame Reduktion bei Arbeit und Lohn im allerletzten Berufsabschnitt. Das erhöht die Chance, dass es ein Weiterarbeiten nach 65 gibt. Allerdings braucht es dazu einen weisen Arbeitgeber, der das erlaubt und versteht: Er gewinnt damit, denn er kann weiter von der Erfahrung seines langjährigen Mitarbeiters bei reduzierten Kosten profitieren.
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