«Ich fühle mich betrogen!»
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Massenkündigung in Kriens LU:«Ich fühle mich betrogen!»

Pensionskasse informiert Betroffene über Massenkündigung in Kriens LU
So entlud sich die Wut der Mieter

Die Previs Vorsorge wollte ihre Mieter nach der Massenkündigung beruhigen. Doch der Info-Anlass sorgt für rote Köpfe. Viele Mieter sind stinksauer über die geplante Sanierung für 17 Millionen Franken, wegen der sie ihr Zuhause verlieren.
Publiziert: 12.02.2020 um 00:06 Uhr
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Aktualisiert: 12.02.2020 um 10:41 Uhr
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Josef Portmann sagt: «Neu kostet meine Wohnung 40 Prozent mehr!»
Foto: Anian Heierli
Anian Heierli

Die Stimmung ist geladen. In der Luft liegt Streit, Wut und Unverständnis. Gestern Abend informiert die Pensionskasse Previs die betroffenen Anwohner über ihre Massenkündigung in Kriens LU. 94 Mietparteien müssen raus, weil die Liegenschaft Brunnmattstrasse 18–18b/20–20a totalsaniert wird.

BLICK war vor Ort – und musste beim Info-Abend für die Betroffenen doch hinter verschlossenen Türen bleiben. «Die Leute waren richtig sauer», sagt Bewohnerin Miriam Scharia (29) nach der Veranstaltung. «Gerade die älteren Leute können die Kündigung nicht nachvollziehen.» Auch sie will eine Fristerstreckung erwirken: «Sechs Monate sind einfach zu knapp.» Die Studentin lebt in einer 3½-Zimmer-Wohnung für 1295 Franken im Monat. Mehr kann und will sie sich nicht leisten.

Über 60 Prozent mehr Miete

Rentner Josef Portmann (73), der seit 40 Jahren im Haus wohnt , sagt geschockt: «Ich hatte den Eindruck, die Pensionskasse redete sich heraus.» Er doppelt nach: «Ich bin niedergeschlagen, wie alle anderen auch!» Heute zahlt er für seine 4½-Zimmer-Wohnung 1263 Franken inklusive Nebenkosten. Nach der Sanierung kostet seine Wohnung rund 2100 Franken – über 60 Prozent Zuschlag. Auch ein Wieder-Einzugsangebot ist für ihn keine Option: «Für mich kommt es nicht in Frage, wieder hierherzuziehen. Ich fühle mich betrogen!» Die Fakten sind klar: Bis Ende Juni müssen die Bewohner raus. Immerhin: Je nach Wohnung sind aber Fristerstreckungen bis Sommer 2021 möglich.

Viele können die Sanierungspläne nicht nachvollziehen. Denn Fassade, Fenster, Isolation und Balkone wurden erst 2008 saniert. Die Previs Vorsorge nahm gestern Stellung. «Ja, die Häuser sehen von aussen aus wie neu», sagt Markus Mürner, Leiter Immobilien. «Das Innenleben ist dagegen schlecht. Wir wollen, dass nach der Sanierung 30 Jahre nichts mehr gemacht werden muss.»

17 Millionen sollen ins Gebäude fliessen

Laut Pensionskasse ist die Liegenschaft im heutigen Zustand nicht erdbebensicher. 17 Millionen Franken sollen investiert werden. Unter anderem in die Neuinstallation der Wasser- und Abwasserleitungen, Küchen, Bäder sowie Böden und Deckenbeläge. Laut der Previs Vorsorge sind das keine Luxussanierungen. «Trotz grossem Eingriff ist es kein Neubau», so Mürner. «Wir wollen auch in Zukunft Wohnungen mit moderatem Preis anbieten.» Heisst konkret: Die teuersten 4½-Zimmer-Wohnungen sollen nach dem Umbau nicht mehr als 2130 Franken kosten. 3½-Zimmer-Wohnungen gibt es für 1645 bis 1805 Franken.

Laut dem Previs-Mann haben Bewohner, die bleiben wollen, ein Vorzugsrecht bei der Neuvermietung. Sie dürfen während den Arbeiten intern in eine Zwischenwohnung umziehen. Zudem will man den Betroffenen bei der Wohnungssuche helfen, indem man Inserate weiterleitet und gute Empfehlungen schreibt. Trotz der schönen Worte drängt sich die Frage auf, weshalb die Pensionskasse sämtliche Verträge auflöst, ohne vorher zu informieren.

Pensionskasse macht Nägel mit Köpfen

Mürner sagt dazu unverblümt: «Wir wollten nicht, dass die Mieter einen Kündigungsschutz erwirken!» Man kenne Fälle mit einer Sperrfrist von drei Jahren. Schnell ist klar, die Pensionskasse wollte die Mieter mit ihrem Überraschungsangriff schachmatt setzen. Schon heute findet die Baueingabe statt. Läuft alles nach Plan, sind die ersten Wohnungen im Juli 2021 fertig.

Mieter Rolf Gautschi (73) könnte sich eine neue Wohnung leisten. Trotzdem will er nach der Sanierung nicht mitspielen: «Bei so einer Verwaltung will ich nicht mehr wohnen.» Dennoch: Kampflos zieht er nicht von dannen. Er schaut sich zwar schon neue Wohnungen an – sammelt gleichzeitig aber auch Unterschriften, um die knappe Kündigungsfrist zu anzufechten. Wie viele im Haus gibt er sich nicht geschlagen. Mit einem blossen Info-Abend und blumigen Worten wollen sich die Mieter nicht geschlagen geben. Sie kämpfen – wenn nötig auch vor dem Mietgericht.

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