Umstrittener Auftritt von Farid Bang und Kollegah in Schaffhausen
Veranstalter von Skandal-Konzert auf Tauchstation

Der Auftritt der Skandal-Rapper Farid Bang und Kollegah in Schaffhausen wird mit Kritik überhäuft. Organisator und Hallenbesitzer gehen auf Tauchstation, dafür spricht jetzt die Staatsanwaltschaft.
Publiziert: 17.04.2018 um 21:18 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 21:45 Uhr
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Sorgen für Ärger in Schaffhausen: Kollegah (links) und Farid Bang werden mit Antisemitismus-Vorwürfen zugedeckt.
Foto: PD
Marco Latzer

In Schaffhausen ist der Aufstand gegen die Skandal-Rapper voll entfacht. Dort sollen Farid Bang (31) und Kollegah (33) in gut drei Wochen am «Albanian Festival» des albanischen Kulturvereins auftreten. Ob es tatsächlich so weit kommt, steht derzeit in den Sternen.

Denn der öffentliche Druck auf Konzert-Organisator Beslim Memisi, einen Schaffhauser Fahrlehrer, steigt: In einem offenen Brief wird von linker Seite mit Vehemenz die Absage der Veranstaltung gefordert. Bekannte Politiker wie Fabian Molina (27), Mattea Meyer (30) und Tamara Funiciello (28) haben das Anliegen mitunterzeichnet.

Ein ehrliches Abbild unserer Zeit

Zwei Songzeilen des deutschen Rap-Duos Kollegah und Farid Bang sorgen derzeit für ziemlichen Wirbel: «Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen» und «Mache wieder mal ’nen ­Holocaust, komm’ an mit dem ­Molotow».

Die beiden Musiker haben für das betreffende Album einen Preis gewonnen, den Echo, ­einige bisherige Träger geben ihren deswegen nun zurück. Und in der Schweiz soll ihr Konzert verhindert werden – mehrere Politiker finden, man dürfe antisemitischem Gedankengut keine Bühne geben.

Dieser Protest ist richtig. Aber er ist nicht präzise. Denn die erwähnten Texte sind nicht antisemitisch, sondern ­geschmacklos. Das ist ein ­wesentlicher Unterschied. Wer seinen Körper mit dem­jenigen von KZ-Insassen ­vergleicht, sagt nicht, dass er den Holocaust für eine gute Idee hält. Er sagt nur, dass ihm die Befindlichkeit anderer Menschen ebenso egal ist. Und dass er darum ein extrem harter Kerl ist.

Damit kommen wir zum ­eigentlichen Problem: Die ­despektierliche, aggressive Haltung, die der Rap traditionell zur Schau trägt, ist nichts als ein ehrliches Abbild unserer an Mitleid und Respekt verarmten Epoche.

So ist mittlerweile bestens ­bekannt, dass der Fleisch­konsum enormes Tierleid und massive Umweltschäden ­erzeugt – mir egal, mir schmeckt mein Steak! Deutsche Autofirmen betrügen ihre Kunden und den Staat – egal, sie bauen geile Schlitten! Schweizer Waffenfirmen ­wollen in Bürgerkriegsländer exportieren – egal, sie sichern damit Arbeitsplätze!

Wir sind zwanghaft auf unseren Vorteil und unser Vergnügen bedacht, und wenn andere dafür einen Preis zahlen, ist das deren Problem. Und wenn wir mit diesen Problemen konfrontiert werden, werden wir erst recht gemein: Flüchtlinge kommen zu uns? Sollen wieder abhauen! Flüchtlinge kommen zu uns, weil wir Waffen in Bürgerkriegsländer exportieren? Ach was, die kommen, weil sie geldgierig sind!

Kollegah und Farid Bang sind gewiss keine Sympathieträger. Aber wer auf sie zeigt, muss sich zuerst fragen, inwiefern er wirklich der bessere Mensch ist.

Thomas Meyer (44) ist Schriftsteller («Wolkenbruchs wunderliche Reise in die Arme einer Schickse») und SonntagsBlick-Kolumnist. Er lebt in Zürich.
Joseph Khakshouri

Zwei Songzeilen des deutschen Rap-Duos Kollegah und Farid Bang sorgen derzeit für ziemlichen Wirbel: «Mein Körper definierter als von Auschwitzinsassen» und «Mache wieder mal ’nen ­Holocaust, komm’ an mit dem ­Molotow».

Die beiden Musiker haben für das betreffende Album einen Preis gewonnen, den Echo, ­einige bisherige Träger geben ihren deswegen nun zurück. Und in der Schweiz soll ihr Konzert verhindert werden – mehrere Politiker finden, man dürfe antisemitischem Gedankengut keine Bühne geben.

Dieser Protest ist richtig. Aber er ist nicht präzise. Denn die erwähnten Texte sind nicht antisemitisch, sondern ­geschmacklos. Das ist ein ­wesentlicher Unterschied. Wer seinen Körper mit dem­jenigen von KZ-Insassen ­vergleicht, sagt nicht, dass er den Holocaust für eine gute Idee hält. Er sagt nur, dass ihm die Befindlichkeit anderer Menschen ebenso egal ist. Und dass er darum ein extrem harter Kerl ist.

Damit kommen wir zum ­eigentlichen Problem: Die ­despektierliche, aggressive Haltung, die der Rap traditionell zur Schau trägt, ist nichts als ein ehrliches Abbild unserer an Mitleid und Respekt verarmten Epoche.

So ist mittlerweile bestens ­bekannt, dass der Fleisch­konsum enormes Tierleid und massive Umweltschäden ­erzeugt – mir egal, mir schmeckt mein Steak! Deutsche Autofirmen betrügen ihre Kunden und den Staat – egal, sie bauen geile Schlitten! Schweizer Waffenfirmen ­wollen in Bürgerkriegsländer exportieren – egal, sie sichern damit Arbeitsplätze!

Wir sind zwanghaft auf unseren Vorteil und unser Vergnügen bedacht, und wenn andere dafür einen Preis zahlen, ist das deren Problem. Und wenn wir mit diesen Problemen konfrontiert werden, werden wir erst recht gemein: Flüchtlinge kommen zu uns? Sollen wieder abhauen! Flüchtlinge kommen zu uns, weil wir Waffen in Bürgerkriegsländer exportieren? Ach was, die kommen, weil sie geldgierig sind!

Kollegah und Farid Bang sind gewiss keine Sympathieträger. Aber wer auf sie zeigt, muss sich zuerst fragen, inwiefern er wirklich der bessere Mensch ist.

«Bin gerade in einer Fahrlektion»

Auch eine Online-Petition kämpft gegen die Durchführung an. Als BLICK Memisi kontaktieren will, kommt postwendend ein SMS zurück. «Ich bin gerade in einer Fahrlektion, rufe aber raschmöglichst zurück», schreibt der Organisator. Bloss: Der Rückruf bleibt auch nach mehreren Stunden aus. Memisi bleibt unerreichbar.

Mit ihm ist auch Giorgio Behr (69), Besitzer und Vermieter der Konzerthalle, ebenfalls auf Tauchstation. Wie hinter den Kulissen gemunkelt wird, soll er sich derzeit eine Absage aber gründlich durch den Kopf gehen lassen. 

Im gesetzlichen Graubereich

Etwas auskunftsfreudiger ist Peter Sticher, der Erste Staatsanwalt von Schaffhausen. Der Auftritt von Farid Bang und Kollegah stelle «heikle Fragen» in den Raum, meint er. Gross aus dem Fenster lehnen wolle er sich aber nicht: «Es ist ja im Voraus völlig unklar, welche Lieder gesungen werden, falls dieser Auftritt denn tatsächlich stattfindet.»

BLICK liest dem Staatsanwalt die Song-Passage «Mit dem Sprengstoffgürtel auf das Splash-Gelände. In die Menschenmenge und kill sechzig Menschen» vor. Wer will, könnte sie als einen Aufruf zu Gewalt interpretieren. Sticher will sich in diesem Punkt nicht festlegen.

Staatsanwaltschaft wird erst bei Anzeigen aktiv

Er verweist auf folgenden Punkt: Da das Konzert von einem privaten Veranstalter organisiert wird, ist offen, ob und ab wie vielen Besuchern der Anlass als «öffentlich» gilt. Vermutlich auch deshalb will die Staatsanwaltschaft nicht aktiv von sich aus werden oder gar eigene Konzertbeobachter stellen.

Sollten nach dem Auftritt Anzeigen eingehen, muss sie sich zwangsläufig dennoch mit Farid Bang und Kollegah auseinandersetzen. Wohl ohne grossen Konsequenzen. «Die Gesetze in Deutschland dürften in diesem Bereich ähnlich sein. Und dort wurden die Behörden meines Wissens bislang nicht aktiv», erklärt Peter Sticher.

Darauf bauen auch Beslim Memisi und sein Kulturverein: «Es bestehen keine Anzeichen dafür, dass der Alba Kulturverein mit dem Engagement der Musiker Kollegah und Farid Bang gegen die hiesige Rechtsordnung verstossen könnte», heisst es in einer Mitteilung.

Auftritt in Schaffhausen soll verboten werden

Gegen das Konzert der Skandal-Rapper Kollegah (33) und Farid Bang (31) am 5. Mai auf dem Albanian Festival in der BBC-Arena in Schaffhausen laufen seit der Debatte um deren antisemitische sowie schwulen- und frauenfeindlichen Texte Politiker, aber auch Schwulen-und Lesbenvertreter Sturm. Über 50 haben einen offenen Brief gegen das Konzert unterschrieben. Initiant des Briefes ist SP-Kantonsrat Patrick Portmann. Der Hallenbesitzer, die Stiftung NHTLZ, wies die Vorwürfe zurück, will aber mit dem Alba-Kulturverein reden.

Gegen das Konzert der Skandal-Rapper Kollegah (33) und Farid Bang (31) am 5. Mai auf dem Albanian Festival in der BBC-Arena in Schaffhausen laufen seit der Debatte um deren antisemitische sowie schwulen- und frauenfeindlichen Texte Politiker, aber auch Schwulen-und Lesbenvertreter Sturm. Über 50 haben einen offenen Brief gegen das Konzert unterschrieben. Initiant des Briefes ist SP-Kantonsrat Patrick Portmann. Der Hallenbesitzer, die Stiftung NHTLZ, wies die Vorwürfe zurück, will aber mit dem Alba-Kulturverein reden.

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