Toggenburger Jäger kriegen nichts mehr vor die Flinte
Luchs, du hast das Wild gestohlen!

Schweizweit nimmt die Zahl der Hirsche, Rehe und Gämse zu – das bedroht die Schutzwälder. Grund: Es werden zu wenige Tiere geschossen. Verkehrte Welt indes im Toggenburg, dort sorgt ein Raubtier für die natürliche Regulierung des Wildbestandes. Mit dramatischen Folgen für die Jäger.
Publiziert: 18.11.2017 um 20:21 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 13:23 Uhr
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Köbi Rutz, Präsident des Jägervereins Toggenburg, ist besorgt: «Bei uns ist der Bestand der Rehe und Waldgämse dramatisch zurückgegangen.»
Foto: Flavio Razzino/Toggenburger Zeitung
Flavio Razzino

In der Schweiz gibt es zu viele Rehe, Gämse und Hirsche. Sie sorgen für grosse Schäden an den Schutzwäldern, welche Bahnlinien, Strassen und Dörfer vor Steinschlag, Hangrutschen und Lawinen schützen.

Das Wild frisst die Knospen und jungen Triebe der Bäume und verhindert damit die Verjüngung des Waldes. Resultat: Bereits ein Drittel der Wälder befindet sich in einem kritischen Zustand, wie Zürcher Förster vermuten (BLICK berichtete).

Gemäss Sandro Krättli (34) vom Amt für Wald und Naturgefahren des Kantons Graubünden muss mehr Wild geschossen werden, um dem Problem beizukommen. Denn trotz wachsender Wildpopulation dümpeln die von den Kantonen festgelegten Abschussquoten bei 25 Prozent.

Dramatischer Wildrückgang im Toggenburg

Zu grosse Wildbestände, davon träumen die Jäger im Toggenburg im Kanton St. Gallen. Dort wurde im Jahr 2000 der Luchs angesiedelt. Er fühlte sich wohl und vermehrte sich schnell. Heute werden allein im Raum Toggenburg zwölf Raubtiere vermutet.

Die Folge: «Mit der Ansiedelung des Luchses hat die Rehpopulation abgenommen», sagt Köbi Rutz, Präsident des Toggenburger Jägervereins zu BLICK. «Der Luchs frisst uns alle Rehe weg!» Bei der Waldgams sei es dasselbe: «Das Reh und die Gams sind eine typische Beute des Luchses, insofern verwundert die Entwicklung nicht.»

Der Rückgang der Population hat mittlerweile dramatische Züge angenommen. In den vergangenen 20 Jahren sei der Rehbestand etwa um ein Drittel zurückgegangen, so Rutz. «Früher durften wir in unserem Revier pro Saison zwischen 25 und 32 Rehe sowie 20 bis 25 Gämse schiessen. Heute sind es noch zwölf Rehe und vier Gämse», sagt er.

Jäger wollen Luchse abschiessen

Weil die Jagd dadurch zu einem brotlosen Job geworden ist, machten die Jäger auf politischer Ebene Druck. In einer Petition haben sie im Februar dieses Jahres vom Kanton gefordert, den Luchsbestand selber regulieren zu dürfen. «Es gibt schlicht zu viele Luchse in der Region», sagt Rutz. Heute ist der Abschuss verboten, da der Luchs unter Schutz steht. 

Der Kanton erteilte den Jägern aber eine Absage. Er versprach aber, St. Galler Luchse für Neuansiedlungen in anderen Gebieten der Schweiz und in Deutschland einzufangen.

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