Schweizer Rentnerpaar lässt sich scheiden, um Kosovo-Pärchen zu heiraten
Die naivste Scheinehe der Schweiz

Seit Jahren engagiert sich das Ehepaar A. im Kosovo. Dann läuft alles aus dem Ruder: Yolanda und Werner lassen sich scheiden, um einem kosovarischen Paar ein Leben in der Schweiz zu ermöglichen. Weil die Aktion auffliegt, sind sie jetzt vorbestraft.
Publiziert: 27.06.2017 um 09:46 Uhr
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Aktualisiert: 08.10.2018 um 12:17 Uhr
Die Ex-Eheleute Yolanda und Werner A. in ihrem gemeinsamen Zuhause im Neckertal SG.
Foto: ZVG
Marco Latzer

Fast 30 Jahre lang sind Yolanda (62) und Werner A.* (66) aus Neckertal SG miteinander verheiratet. Bis sich das kinderlose Paar 2015 Knall auf Fall scheiden lässt – und dennoch weiterhin unter einem Dach wohnt.

Schon kurze Zeit später läuten im Kosovo die Hochzeitsglocken: Yolanda heiratet Zenun G.* (35), und Werner ehelicht Bukurie B.* (34). Pikant dabei: Die neuen Partner waren ihrerseits ein Paar und haben zwei Kinder.

Der Ärger beginnt, als die beiden Schweizer Ex-Eheleute im Februar 2016 bei der Schweizer Botschaft erfolglos Gesuche für den Familiennachzug einreichen. Die Behörden legen ihr Veto ein: Die kosovarischen Ehepartner dürfen nicht in die Schweiz.

Dafür fliegt die naivste Scheinehe der Schweiz auf. Yolanda und Werner werden für ihre Scheinehen verurteilt und zu Geldstrafen verknurrt. Die Urteile sind mittlerweile rechtskräftig.

Bizarre Begründungen für kuriose Ehen

«Ja, ich bin jetzt vorbestraft. Aber Schuldgefühle habe ich deswegen noch lange nicht!», sagt Werner A. zu BLICK. Er würde alles wieder genau so machen, betont der pensionierte Migros-Filialleiter. Schliesslich engagiere er sich seit vielen Jahren als privater Helfer im Kosovo.

Seine Ex-Gattin Yolanda sitzt neben ihm – und unterstützt ihn bedingungslos. Der Plan: Sie wollen ihre neuen Partner samt Kindern unter einem Dach vereinen – und ihnen ein Leben fernab der Sorgen in deren Heimat ermöglichen.

«Die Region ist ein Pulverfass», rechtfertigt sich Werner. Yolanda nickt zustimmend. Für die beiden Rentner ist klar: Die Ehen sind ernst gemeint, aber die Behörden glauben ihnen nicht!

Kann das überhaupt Liebe sein?

Und wie soll so ein Zusammenleben aussehen? Werner A. schlägt sich überzeugt auf die Brust: «Sie sind immer in unseren Herzen, mehr verrate ich Ihnen nicht!» Ob es auch eine sexuelle Beziehung gibt, lässt er offen.

Klar ist: Könnten Bukurie B. und Zenun G. mit ihren Kindern einreisen, wären sie finanziell völlig von ihren Ehepartnern im Ruhestand abhängig. Gleiches gilt für Erziehungsfragen oder bei der Jobsuche.

Auswandern kommt nicht in Frage

Werner A. will stark bleiben: Er werde weiter versuchen, die Ehepartner auf legalem Weg in die Schweiz zu bringen. «Wir geben nicht auf und wollen ein Happy End!» Die juristischen Hürden glaubt er – trotz seiner Verurteilung – aus dem Weg räumen zu können. Denn die beiden im Kosovo geschlossenen Ehen sind gültig.

«Es geht uns einfach um eine normale Partnerschaft. Wenn zwei Männer zusammenleben, ist das ja auch nicht gerade klassisch», findet Werner A. Schliesslich kenne man sich seit 15 Jahren.

Ins Land seiner neuen Gattin will Werner A. aber nicht ziehen: «Ich lebe seit über 60 Jahren hier und möchte auf die medizinische Versorgung in der Schweiz nicht verzichten!»

* Namen der Redaktion bekannt

Jeden Tag drei Scheinehen

Bern – Scheinehen sind oft nur schwer nachweisbar. Schätzungen des Staatssekretariats für Migration (SEM) gehen von jährlich tausend Scheinehen in der Schweiz aus – das sind rund drei pro Tag.

Eheverbot

Seit 2011 gilt ein Eheverbot für Ausländer ohne gültigen Aufenthaltsstatus. Von einer Scheinehe wird gesprochen, wenn sich einer der beiden Ehepartner durch die Heirat ein Bleiberecht in der Schweiz verschafft. Auch die Ehen von Werner und Yolanda A. mit ihren neuen kosovarischen Partnern waren davon betroffen. Darum heirateten sie im Kosovo. Diese Ehen werden hier aber nicht anerkannt.

Seit 2011 gilt ein Eheverbot für Ausländer ohne gültigen Aufenthaltsstatus.
Seit 2011 gilt ein Eheverbot für Ausländer ohne gültigen Aufenthaltsstatus.
Keystone

Bern – Scheinehen sind oft nur schwer nachweisbar. Schätzungen des Staatssekretariats für Migration (SEM) gehen von jährlich tausend Scheinehen in der Schweiz aus – das sind rund drei pro Tag.

Eheverbot

Seit 2011 gilt ein Eheverbot für Ausländer ohne gültigen Aufenthaltsstatus. Von einer Scheinehe wird gesprochen, wenn sich einer der beiden Ehepartner durch die Heirat ein Bleiberecht in der Schweiz verschafft. Auch die Ehen von Werner und Yolanda A. mit ihren neuen kosovarischen Partnern waren davon betroffen. Darum heirateten sie im Kosovo. Diese Ehen werden hier aber nicht anerkannt.

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