«Hülsnerbuben» machten sich über ertrinkende Flüchtlinge lustig
So versucht sich die Fasnachts-Clique rauszureden

Die «Hülsnerbuben» machten sich an der Fasnacht in Aadorf TG über ertrinkende Flüchtlinge lustig und gerieten in die Schlagzeilen. Der Cliquen-Präsident Thomas H. rudert nun zurück.
Publiziert: 06.02.2018 um 20:56 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 16:10 Uhr
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Der Fasnachtswagen der Hülsnerbuben in Aadorf am 21. Januar. Geschmackslose Plakate über ertrinkende Flüchtlinge ...
Foto: Andri Rostetter / St. Galler Tagblatt

Der Fasnachtswagen der Hülsnerbuben aus Dietschwil SG sorgte für Empörung. Am Umzug in Aadorf TG am 21. Januar prangten dort Schilder mit der Aufschrift «Asylbar» und «Einwanderungsbehörde» (BLICK berichtete). Ein Bild zeigte ein sinkendes Boot, daneben schwarze Hände, die aus dem Wasser ragen. Eine geschmacklose Anspielung auf Flüchtlinge, die jedes Jahr zu Hunderten im Mittelmeer ertrinken.

Der Präsident der Truppe, Thomas H.*, rudert nach dem Skandal jetzt zurück. «Diese Bilder hatten die meisten falsch interpretiert. Das umstrittene Bild zeigt lediglich eine Momentaufnahme aus einem TV-Bericht über ein Boot, das in Seenot geraten ist», sagt er in einem schriftlichen Interview mit dem «St. Galler Tagblatt». «Wir machen uns nicht lustig über diese Tatsache, sondern wollen die Leute anregen, sich Gedanken über dieses Thema zu machen.» 

Nach der Veröffentlichung des Falls in den Medien stieg der Druck auf die Fasnachts-Clique. Roman Habrik, der Gemeindepräsident von Kirchberg SG – zu der auch die Ortschaft Dietschwil gehört –, nannte das Bild «geschmacklos». Der Sponsor des Wagens drohte mit dem Absprung.

Und auch für die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus war der Fall klar. «Diese Desinformationen werden teilweise gezielt gestreut, um Vorurteile und Stimmung gegen Asylsuchende anzufeuern», sagte die Sprecherin Alma Wiecken zu BLICK. 

Die Medien sind schuld

Die Hülsnerbuben gaben dem Druck nach. «Die meisten Umzugsveranstalter forderten ein paar Abänderungen an unserem Wagen, damit wir ­weiter an den Umzügen teilnehmen können», sagt H. zum «St. Galler Tagblatt». Deswegen sei es auch in ihrem Interesse gewesen, die umstrittenen Bilder zu entfernen.

Von den Veranstaltern des Ganterschwiler Fasnachtsumzugs wurden die Hülsnerbuben kurzfristig ausgeladen. In Lenggenwil SG durften sie am Sonntag aber mitlaufen – allerdings mit abgeänderten Motiven. «Das alte Sujet hätten wir nicht zugelassen», sagt OK-Präsident Severin Löhrer zum «St. Galler Tagblatt». 

Und so prangten auf dem Wagen neben der alten Blache «Asylparadies» – allerdings ohne «.ch» am Ende – neue Aufschriften wie «Wir sind nicht fremdenfeindlich» und «Redaktionsschluss». Auch den Slogan «Fake News» hängte die Clique auf.

Denn obwohl Thomas H. auf Facebook die Partei National Orientierter Schweizer (Pnos) unterstützte und eine Fanseite von Adolf Hitler gelikt hatte, betonte er stets, kein Rassist zu sein. Die Medien allein seien für den Skandal verantwortlich.

«Es war uns klar, dass das Thema heikel ist»

Im Nachhinein gibt Thomas H. seinen Fehler trotzdem zu: «Es war uns klar, dass das Thema heikel ist. Wir würden nicht noch einmal Bilder dieser Art aufhängen.»

Das glaubt auch Severin Löhrer: «Sie haben von sich aus gemerkt, dass es nicht gut ist.» Die Gruppe komplett vom Umzug ausschliessen wollte man dennoch nicht. «Sie sind schon seit Jahren dabei, das war für uns der ausschlaggebende Punkt.» Die Hülsnerbuben hätten viel für das Dorf getan und seien eine «glatte Clique». (man)

* Name bekannt

Entlarvte Widerwärtigkeit

Es gibt einen grossen Irrtum über die Fasnacht: Viele denken, Humor und Verkleidung seien eine Verstellung. Dabei ist Maskerade eine Entblössung. Larven sind oft entlarvend, und angeblicher Humor legt die eigentliche Gesinnung offen.

So ist es auch mit dem «Asyl-Wagen» dieser Hülsnerbuben. Ihre widerlichen Sujets seien satirisch gemeint, reden sie sich ihre Menschenverachtung schön. Mal davon abgesehen, dass ihr Chef auch in anderen Jahreszeiten seinen rechtsradikalen Einschlag zelebriert – Menschenfeindlichkeit ist nie Satire. Sie ist immer erschreckend, immer bitterernst.

Einst war die Fasnacht ein Ventil des Volkes. Verspottet wurden Obrigkeit und Pfaffen. Kein Wunder, haben die das subversive Treiben immer wieder verboten. Sie wussten: Was als Humor verkleidet daherkommt, ist nackte Wahrheit.

Wer sich aber über Flüchtlinge lustig macht, der legt sich nicht mit denen da oben an, sondern tritt auf die ganz unten ein. Es ist eine Pervertierung des Fasnachts-Gedankens – leider entlarvend für unsere Zeit.

«Menschenfeindlichkeit ist nie Satire»: BLICK-Chefredaktor Andreas Dietrich.
Shane Wilkinson

Es gibt einen grossen Irrtum über die Fasnacht: Viele denken, Humor und Verkleidung seien eine Verstellung. Dabei ist Maskerade eine Entblössung. Larven sind oft entlarvend, und angeblicher Humor legt die eigentliche Gesinnung offen.

So ist es auch mit dem «Asyl-Wagen» dieser Hülsnerbuben. Ihre widerlichen Sujets seien satirisch gemeint, reden sie sich ihre Menschenverachtung schön. Mal davon abgesehen, dass ihr Chef auch in anderen Jahreszeiten seinen rechtsradikalen Einschlag zelebriert – Menschenfeindlichkeit ist nie Satire. Sie ist immer erschreckend, immer bitterernst.

Einst war die Fasnacht ein Ventil des Volkes. Verspottet wurden Obrigkeit und Pfaffen. Kein Wunder, haben die das subversive Treiben immer wieder verboten. Sie wussten: Was als Humor verkleidet daherkommt, ist nackte Wahrheit.

Wer sich aber über Flüchtlinge lustig macht, der legt sich nicht mit denen da oben an, sondern tritt auf die ganz unten ein. Es ist eine Pervertierung des Fasnachts-Gedankens – leider entlarvend für unsere Zeit.

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