Die Lokremise in der Stadt St. Gallen ist eines der wichtigsten Kulturzentren der Ostschweiz. Vor zehn Jahren vom Kanton für 23 Millionen Franken grundsaniert, werden hier bei grösseren Anlässen bis zu 1000 Gäste bewirtet.
Da der Pachtvertrag ausläuft, muss die PSG Gastro AG im Besitz des lokalen Gastro-Königs Peter Schildknecht (73) die Lokremise Ende Jahr verlassen und einem Nachfolger-Trio Platz machen. Laut einer offiziellen Verlautbarung hatte sich Schildknechts Unternehmen gar nicht mehr um eine weitere Verlängerung der Pacht beworben.
Die Frage, weshalb das nach eigenen Angaben grösste Gastro-Unternehmen der Ostschweiz (200 Mitarbeitende) seinen zweifellos prestigeträchtigsten Auftrag völlig kampflos abgibt, blieb zunächst offen.
Aufnahmegerät klebte unter Sitzungstisch
BLICK-Recherchen zeigen nun: Der Gastro-Gigant ist über eine Abhöraffäre gestolpert. Philipp Schildknecht (28), Sohn von Peter Schildknecht und Geschäftsführer im PSG-Imperium, wurde kürzlich per Strafbefehl wegen versuchten Abhörens und Aufnehmens fremder Gespräche verurteilt.
Schildknecht junior wollte demnach im letzten Dezember die fünfköpfige Findungskommission für die Pachtvergabe belauschen. Doch das unter einem Tisch im Sitzungszimmer klebende Aufnahmegerät wurde noch vor Gesprächsbeginn entdeckt.
«Der Betroffene hat zu Recht einen Strafbefehl erhalten, in weitere Nebengeplänkel wollen wir uns nicht verstricken», sagt etwa der St. Galler Regierungsrat Martin Klöti (66). «Wir haben abgemacht, dass wir dazu nicht kommunizieren.»
Wollte PSG die Konkurrenz ausstechen?
Mit Insiderwissen über die Konkurrenz und den Stand der Beratungen hätte die PSG-Gruppe im letzten Moment womöglich doch noch das Rennen um die Lokremise machen können, so der Verdacht.
Auf BLICK-Anfrage schreibt die Firma: «Das von Ihnen angesprochene Vorkommnis bringt der PSG Gastro AG keinerlei Vorteile; die PSG Gastro AG hat sich an der seit Frühjahr 2019 laufenden Pachtausschreibung nicht beworben.»
Doch dies dürfte nur die halbe Wahrheit sein: Wie es aus Kommissionskreisen heisst, hatten sich Schildknechts sehr wohl um die Pacht beworben. Allerdings mit einem angeschlossenen Subunternehmen. Eine entsprechende Nachfrage blieb unbeantwortet.
Abhörversuch geht ins Geld
Der Lauschangriff kommt Philipp Schildknecht teuer zu stehen: Die Staatsanwaltschaft St. Gallen verurteilt den Gastronomen zu einer unbedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen à 230 Franken. Er muss somit 41 400 Franken sowie weitere Auslagen blechen.
Die Sache wird deshalb so teuer, weil Schildknecht junior bereits im vergangenen Mai durch das Kreisgericht St. Gallen zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Schon im damaligen Verfahren ging es um widerrechtlich entstandene Ton- und Filmaufnahmen aus dem intimsten Privatleben des Beschuldigten. Dazu kam noch Körperverletzung.
Philipp Schildknecht war für BLICK für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Laut seinem Anwalt Bruno Bauer sei der Sachverhalt betreffend des Lauschangriffs korrekt und werde auch akzeptiert. «Mein Mandant hat sich bei den Betroffenen persönlich entschuldigt, seine Entschuldigung wurde auch angenommen», so Bauer. Und: Durch den Vorfall sei niemand zu Schaden gekommen.