Seit Mittwoch ist die Gemeindeverwaltung von Steinach SG im Krisenmodus. Kurz nach 9 Uhr fuhr die Polizei am Arbeitsplatz des Gemeindeschreibers R.V. vor. Der Vorwurf gegen den CVP-Politiker: Herstellung und Zugänglichmachung illegaler Pornografie im Internet und sexuelle Handlungen mit Kindern. Mehrere minderjährige Opfer seien betroffen, heisst es vonseiten der Staatsanwaltschaft (BLICK berichtete).
Wegen des Vorfalls traf sich der Gemeinderat schon am Abend zu einer ausserordentlichen Sitzung. Gemeindepräsident Roland Brändli ringt auch am Tag nach der Festnahme noch um Worte. «Wir sind alle schockiert und bestürzt, vor allem wegen der Schwere der Vorwürfe.»
Es sei bisher nicht möglich gewesen, mit R.V. in Kontakt zu treten, erklärt Brändli gegenüber BLICK. Aus dem Umfeld des Beschuldigten habe er aber mehrere Nachrichten bekommen, teilweise auch per SMS. «Allen geht es gleich: Es herrscht Fassungslosigkeit.»
R.V. war auch auch bei Tennisclub aktiv
Nicht nur im Gemeindehaus von Steinach sitzt der Schock über die Festnahme von R.V. tief. Beim Tennisclub Romanshorn engagierte sich der 52-Jährige seit 2014 als Präsident. Vizepräsident des Vereins ist Daniel Cancer. Gegenüber dem «St. Galler Tagblatt» sagt er: «Wir haben in der Vergangenheit keinerlei Übergriffe festgestellt. Wir wollen aber offen informieren und den Eltern Gelegenheit geben, sich zu äussern.» Mit einem Brief wolle man nun an die Eltern von im Club trainierten Junioren herantreten.
Auch der Cheftrainer des TC Romanshorn, Thomas Pokorny, ist fassungslos über die jüngsten Ereignisse. «Man will es gar nicht glauben, wenn man so etwas hört. Ich habe im ersten Moment Gänsehaut bekommen», sagt er gegenüber dem «Tagblatt». Pokorny glaubt allerdings nicht, dass es im Umfeld des Tennisclubs zu Übergriffen gekommen sei.
In einer am Donnerstagmittag verschickten Mitteilung informierte der TC Romanshorn zudem, dass R.V. «keinen direkten Kontakt zu Schülern und Junioren» der Clubs hatte. Der Vorstand des Tennisclubs distanziere sich klar vom Beschuldigten und prüfe weitere Schritte zur dessen Person.
«Wir gehen von einer längeren Absenz aus»
Laut Polizei haben sich die vorgeworfenen Tatbestände über einen längeren Zeitraum hinweg zugetragen. Im Zuge der Ermittlungen wird die Staatsanwaltschaft nun beim Zwangsmassnahmengericht U-Haft für R.V. beantragen.
Schon in früheren Jahren nahmen die Anstellungen von R.V. nicht immer ein reibungsloses Ende. Als Mitarbeiter bei der St. Galler Staatskanzlei soll es laut «St. Galler Tagblatt» zwischen ihm und anderen Angestellten wiederholt zu schweren persönlichen Differenzen gekommen sein. Zum Schluss habe der Kanton R.V. zum Abgang gezwungen.
2013 trat R.V. in Romanshorn die Stelle als Gemeindeschreiber an – nur um nach etwas mehr als einem Jahr den Posten wieder zu räumen. Auch dort war die Rede von persönlichen Differenzen. Über die Zukunft von R.V. mag man sich auf der Gemeinde von Steinach noch keine grossen Gedanken machen. Gemeindepräsident Brändli sagt: «Für R.V. gilt nach wie vor die Unschuldsvermutung. Der Gemeinderat geht aber von einer längeren Absenz des Mitarbeiters aus.» (cat)
* Name bekannt