Es ist die schlimmste Schweizer Flugzeugkatastrophe der jüngeren Vergangenheit: Am 4. August 2018 fällt eine historische Ju-52 der Ju-Air praktisch senkrecht vom Himmel und zerschellt auf dem harten Felsboden des Sardonakessels.
Es ist das tragische Ende einer zweitägigen Ausflugsreise ins Tessin. Die Katastrophe am Piz Segnas bei Flims GR kostet 20 Menschen das Leben. Die Frage, weshalb der 1939 gefertigte Flieger mit dem Kennzeichen HB-HOT abgestürzt ist, bleibt auch kurz vor dem zweiten Jahrestag des Absturzes ungeklärt.
Anspruchsvolle Ermittlungen
Ursprünglich hatte die mit den Ermittlungen betraute Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) die Veröffentlichung des Schlussberichts für diesen Frühling in Aussicht gestellt. Eine Hoffnung, die sich zwischenzeitlich zerschlagen hat.
«Leider haben sich Anfang Jahr zwei externe Gutachten verzögert, und auch die Corona-Krise hat die Bereinigung des Schlussberichts aufwendiger gemacht, weil die gemeinsame Arbeit an diesem umfangreichen Dokument auf Distanz wesentlich anspruchsvoller und langsamer wurde», erklärt Untersuchungsleiter Daniel Knecht auf Anfrage von BLICK.
Entwurf befindet sich in Vernehmlassung
Auch die Übersetzung des Berichtsentwurfs ins Englische habe etwas länger gedauert. Diesen habe die Sust aber zwischenzeitlich an die von der Untersuchung betroffenen Personen zur Stellungnahme versenden können, so Knecht. Die Frist dafür laufe Anfang August ab.
«Anschliessend werden wir die Rückmeldungen auswerten und allfällige Ergänzungen oder begründete Korrekturen vornehmen», sagt Daniel Knecht. Er gehe inzwischen davon aus, dass der Abschlussbericht im Oktober publiziert werden könne.
Dass die Ermittlungen zur Ju-Air-Katastrophe sich in die Länge ziehen, ist in erster Linie auf die «Tante Ju» selbst zurückzuführen. Der Oldtimer verfügte über keinerlei moderne Aufzeichnungsgeräte wie zum Beispiel eine Blackbox.
Verhalten der Piloten von grösstem Interesse
Um die Flugbahn in einem Computermodell rekonstruieren zu können, musste die Sust daher auf Fotos und Videos auf den Handys der verunglückten Passagiere und von Zeugen am Boden zurückgreifen. Die mühsame Auswertung dürfte wesentlich zur Lösung des Absturzrätsels beitragen.
Denn bei der Untersuchung des Wracks im Sust-Hangar in Payerne VD wurden in der Ju-52 zwar haarsträubende Sicherheitsmängel gefunden, die aber als Ursache für die Katastrophe ausgeschlossen werden konnten. Seither steht insbesondere das Verhalten der Piloten Ruedi J.* (†62) und Peter M.* (†63) im Fokus.
«Wir sind überzeugt, dass sich die Arbeit gelohnt hat, denn es wird möglich sein, sowohl die direkten als auch die systemischen Ursachen des Unfalls und die dazu beitragenden Faktoren darzulegen», verspricht Untersuchungsleiter Knecht im Hinblick auf den Bericht.
*Namen bekannt