Fachmagazine nennen ihn den «Güllepapst», Bauern in der gesamten Ostschweiz setzten auf seine Dienste: Peter B.* ist auf den Transport von anrüchiger Ware spezialisiert, 45 Mitarbeiter sind für sein Unternehmen tätig.
Aus Jauche, Mist und Bioabfällen – in der Fachsprache Nährstoffe genannt, hat B. ein Riesengeschäft geformt. Dabei verdient er gleich doppelt: Erst bezahlen ihm Nutztierhalter viel Geld, damit er ihnen die überschüssigen Rückstände abnimmt. Dann bezahlen ihn die Gemüsebauern, damit er ihnen die Gülle als Dünger auf ihren Felder ausbringt.
Doch wie viel Nährstoffe ausgebracht werden dürfen, ist streng geregelt und orientiert sich an Fläche und Ertrag der Felder. Wer zu viel düngt, riskiert Kürzungen bei den Direktzahlungen. Denn zu viel Jauche im Boden belastet Gemüse und Trinkwasser mit zu viel Nitrat, das nicht nur Trinkwasservorkommen beeinträchtigen kann, sondern im Verdacht steht, Krebs auszulösen.
Routinekontrolle brachte die Affäre ins Rollen
Nun brachte B. offenbar bei Dutzenden Betrieben in den Kantonen Zürich, Thurgau und St. Gallen mehr Gülle aus, als vereinbart und erlaubt war. Ins Rollen gebracht hat die Affäre das Zürcher Amt für Landschaft und Natur (ALN). Bei einer Routinekontrolle fanden die Beamten Ende 2017 heraus: B. bezog viel mehr Nährstoffe bei Züchtern, Mästern und Biogasbetrieben, als er auf Feldern ausbrachte.
Die Lieferscheine für das Austragen der Gülle wiesen eine sehr viel tiefere Menge aus. Die Differenz in seinen Büchern konnte B. den Kontrolleuren nicht auf Anhieb erklären.
Landwirte schilderten SonntagsBlick, wie sein System funktionierte: Bestellt wurden die Nährstofflieferungen per Telefon. Danach transportierte B. den Dünger in grossen Tanklastwagen und bot einen sogenannten Full-Service an – lieferte die Gülle also nicht nur an, sondern brachte sie auch gleich selbst auf den Feldern aus.
Zu diesem Zweck steht B. ein riesiger Fahrzeugpark zur Verfügung. Beim Ausbringen der Gülle stehen die Bauern nicht daneben, sie weisen den Fahrern jeweils nur das gewünschte Feld zu. Am Ende visiert der Auftraggeber einen Lieferschein über die bestellte Menge.
Bauern drohen Kürzungen
Dass dabei oft doppelt so viel Gülle ausgebracht wurde wie vereinbart, dämmerte den betroffenen Bauern erst, als sie im Dezember Post erhielten – sie kam vom Güllepapst und enthielt Lieferscheine für zusätzlich ausgebrachte Gülle. Mit diesem Dreh versuchte B., seine unausgeglichene Bilanz wieder ins Lot zu bringen.
Damit geriet wiederum die Nährstoffbilanz vieler Betriebe aus dem Lot, weshalb ihnen nun Kürzungen der Direktzahlungen drohen. Definitiv erhalten die Bauern nach detaillierter Kontrolle durch das Zürcher Amt für Landschaft und Natur (ALN) Bescheid – bis 16. März hatten sie Zeit, dort ihre Unterlagen einzureichen.
Amt bestätigt «Unklarheiten»
Gegenüber SonntagsBlick bestätigt das Amt, man sei bei einer Routinekontrolle des Nährstofftransporteurs B. auf «Unklarheiten» gestossen. Momentan gehe man der Sache auf den Grund. «Offen ist, ob die Abklärungen zu strafrechtlich relevanten Erkenntnissen führen oder zu Kürzungen von Direktzahlungen», wie es seitens der Zürcher Behörde weiter heisst.
Laut ALN wurden die Kollegen der betroffenen Nachbarkantone über die Vorgänge informiert. Güllepapst B. nahm zu den Vorwürfen bisher nicht öffentlich Stellung. Mehrere Anfragen von SonntagsBlick liess er unbeantwortet.
* Name der Redaktion bekannt
2,5 Millionen Kubikmeter Mist und Gülle flossen 2016 aus der Tierhaltung ins Land.
4 Prozent höher war die ausgebrachte Nährstoffmenge im Vergleich zu 2015.
25 Milligramm pro Liter: der aktuelle Nitrat-Höchstwert im Grundwasser.
15 Prozent der Messungen in der ganzen Schweiz überschreiten diesen Wert.
60 Prozent der Messstellen in Ackerbaugebieten liegen über dem Grenzwert.
2,5 Millionen Kubikmeter Mist und Gülle flossen 2016 aus der Tierhaltung ins Land.
4 Prozent höher war die ausgebrachte Nährstoffmenge im Vergleich zu 2015.
25 Milligramm pro Liter: der aktuelle Nitrat-Höchstwert im Grundwasser.
15 Prozent der Messungen in der ganzen Schweiz überschreiten diesen Wert.
60 Prozent der Messstellen in Ackerbaugebieten liegen über dem Grenzwert.