Jedes Jahr veranstaltet das Primarschulhaus Matt in Wil SG eine Adventsfeier. Die diesjährige Feier am 20. Dezember wird nun aber in geänderter Form stattfinden.
Wie «20 Minuten» berichtete, hat die Leitung des Mattschulhauses drei Weihnachtslieder für die Adventsfeier gestrichen. Der Grund: «Rücksicht gegenüber anderen Kulturen und Religionen.»
Betroffen seien die Lieder «Go Tell It on the Mountain», «Fröhliche Weihnacht überall» und «S grööschte Gschänk», weil diese die Geburt Jesu thematisieren. Obwohl sie im offiziellen Mittelstufensingbuch des Kantons St. Gallen stehen, werden sie dieses Jahr verbannt.
Schulratspräsidentin entschuldigt sich
Die Schulratspräsidentin Jutta Röösli bedauert es, dass dies eine derart grosse Betroffenheit ausgelöst habe. «Aufgrund von verschiedenen Reklamationen in den vergangenen Jahren wurde im konkreten Fall über die Ausgestaltung der Weihnachtsfeier beziehungsweise über ein ausgewogenes Liederprogramm intern eine Diskussion geführt», schreibt sie in einer Mitteilung.
Bei der Auswahl der Lieder sei man sorgfältig vorgegangen. «Einige Lieder wurden gestrichen, andere wie zum Beispiel ‹Stille Nacht› werden an der diesjährigen Feier gesungen.» Die Schulverwaltung stelle sich nun die Frage, ob dieses Vorgehen zu übervorsichtig war. Röösli entschuldigt sich dafür, wenn sich jemand dadurch vor den Kopf gestossen fühle. Das Thema werde an der nächsten Konferenz der Wiler Schulleitungen besprochen.
Sie fügt an: «Die christliche Kultur ist auch an den Wiler Schulen die Leitkultur. Die entsprechenden Werte prägen den Schulalltag.» Auch in Zukunft werde die Adventszeit eine besondere Bedeutung in den Schulhäusern haben. «Weihnachtsfeiern mit Liedern, Texten und Theatern sind ebenfalls ein wichtiger Bestandteil des Jahresprogramms.»
«Die meisten muslimischen Eltern gehen locker damit um»
Diese Änderung im Liederprogramm sei ein Einzelfall, sagt Dagmar Rösler, Präsidentin des Lehrerverbands LCH. Jede Schule stelle ihre eigene Richtlinien auf. An vielen Schulen würden diese Weihnachtslieder nach wie vor gesungen werden. «Grundsätzlich ist es so, dass die Volksschule politisch unabhängig und konfessionsneutral ist», sagt sie gegenüber «20 Minuten».
Die meisten muslimischen Eltern würden locker damit umgehen. Weil die Weihnachtsgeschichte aber im Religionsunterricht behandelt werde, könne sie die Reaktion nachvollziehen, sagt Rösler.
Anderer Meinung ist Farhad Afshar, Präsident der Koordination Islamischer Organisationen Schweiz. Der Entscheid der Schulleitung zeuge von Unkenntnis über den Islam. In der islamischen Welt würden die Muslime vielfach mit den Christen feiern und auch ihre Geschäfte weihnachtlich schmücken. «Aus unserer Sicht ist es sehr bedauerlich, wenn in einem christlichen Land keine christlichen Lieder mehr gesungen werden», so Afshar. (frk)