Die Familie Rechsteiner aus Wattwil SG bereut es im Nachhinein: Weil sie mit den Erbfragen überfordert waren, haben Sie die Beistandschaft für ihren Vater der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (Kesb) übergeben. Die will nun die Vermögenswerte der Familie zu schlechten Konditionen verkaufen (BLICK berichtete).
Dagegen hätten sich Rechsteiners trotz Überforderung aber auch wappnen können. Das sagt Kesb-Experte Christoph Häfeli. Wenn, ja wenn, Vater Rechsteiner (83) nur rechtzeitig einen Vorsorgeauftrag gemacht hätte.
Was ist ein Vorsorgeauftrag?
«In einem Vorsorgeauftrag kann ich bestimmen, wer mich vertritt, wenn ich das selber nicht mehr kann», sagt Häfeli. Das könne der Ehepartner sein, aber auch gute Freunde oder die eigenen Kinder.
Haben Ehepartner nicht automatisch ein gesetzliches Vertretungsrecht?
Doch, das haben sie. «Nur Alltagsdinge können Ehepartner übernehmen. Aber schon beim Verkauf von Immobilien braucht es die Zustimmung der Kindes- und Erwachsenenschutzbehöde», sagt Häfeli. Ohne deren Okay gehe dann nichts. Ausserdem haben Kinder nicht automatisch ein gesetzliches Vertretungsrecht – sie müssen entweder als Vorsorgebeauftragte oder von der Kesb als Beistand eingesetzt werden.
Was für Vorteile hat der Vorsorgeauftrag?
Eine ganze Menge. Experte Häfeli erklärt: «Die Person, die ich in meinem Vorsorgeauftrag als Bevollmächtigten ernenne, geniesst wesentlich mehr Rechte, als wenn sie nur ein gesetzliches Vertretungsrecht hat. Sie kann über meine gesamten Angelegenheiten uneingeschränkt verfügen.»
Und wie erstellt man einen Vorsorgeauftrag?
Handschriftlich, wie ein Testament. Dann ist auch kein Notar nötig. Wer nicht mehr in der Lage ist, einen Vorsorgeauftrag zu schreiben, kann ihn aber auch mithilfe eines Notars aufsetzen. Das kostet aber.
Was muss im Vorsorgeauftrag stehen?
«Im Vorsorgeauftrag muss ich klar meinen Willen äussern, wer im Falle einer Urteilsunfähigkeit über meine Angelegenheiten entscheiden darf. Die Person, die ich dafür ernenne, muss das selber natürlich wollen – und urteilsfähig sein», so Häfeli. Der Experte empfiehlt zudem, eine zweite Person alternativ als Bevollmächtigten einzusetzen. Damit könne man unangenehme Überraschungen vorbeugen. «Etwa, falls die erste Person plötzlich doch nicht mehr Verantwortung übernehmen möchte – oder selbst dazu nicht mehr in der Lage ist.»
Ich habe soeben die Demenz-Diagnose erhalten. Kann ich jetzt überhaupt noch einen Vorsorgeauftrag erstellen?
Grundsätzlich geht das, sagt Christoph Häfeli. «Erst, wenn die Urteilsunfähigkeit festgestellt worden ist, wäre es zu spät, einen Vorsorgeauftrag zu erstellen.» Denn: Bei Demenz im Anfangsstadium gilt man weiter grundsätzlich als urteilsfähig.