Auf Youtube tobt der «heilige Krieg»
Deutscher «Apostel» verklagt Schweizer Pastor

Mehrere Frauen beschuldigten mit Unterstützung eines Schweizers einen deutschen Youtube-Prediger des sexuellen Missbrauchs. Jetzt trafen die beiden heiligen Krieger vor Gericht aufeinander.
Publiziert: 06.03.2018 um 11:49 Uhr
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Aktualisiert: 23.09.2021 um 11:40 Uhr
Nicole Bruhin

Die Suche nach dem Sinn des Lebens leitet Menschen auf die unterschiedlichsten Pfade. Einige davon suchen und finden ihre Offenbarung durch dubiose Prediger im Internet. Dort dozieren zahlreiche «Lehrer» ihre ganz eigene Auslegung der Bibel – und das meist in bewegtem Bild.

So auch der Ostschweizer Pastor Patrick Altendorfer (43). Er erreicht mit der Freikirche «Gott weiss es» Hunderte Anhänger über seinen Youtube-Kanal. Die Szene der Youtube-Jünger ist eng vernetzt. Altendorfer kriegt mit, wie viele Frauen Videos veröffentlichen und darin von angeblichem sexuellem Missbrauch durch den deutschen Prediger und Evangelisten Turgay Y.* berichten.

Turgay Y. predigt ebenfalls in Videos.
Foto: Facebook

Altendorfer stellt sich auf die Seite der Frauen, veröffentlicht ein Video, in dem er die Vorwürfe gegen den selbst ernannten «Apostel» und Chef eines christlichen Motorradclubs «True Life» (Wahres Leben) aus Freudenstadt (D) wiederholt: Dieser soll Frauen manipuliert und sexuell missbraucht haben.

Der Schweizer Prediger wirft ihm auch vor, seine Kritiker einzuschüchtern und Gewalt anzuwenden. Altendorfer will etwa von 20 bis 30 missbrauchten Frauen wissen. «Alle haben Angst vor ihm und seinen Schergen», sagt er zu BLICK.

Turgay Y. soll mehrere Frauen missbraucht haben.
Foto: Facebook

Turgay Y. lässt die Vorwürfe nicht auf sich sitzen – und zerrt den Schweizer Pastor vor Gericht. Am Bezirksgericht in Arbon TG trafen die beiden heiligen Krieger aufeinander. Ergebnis: Y. konnte nichts nachgewiesen werden – und Altendorfer darf seine Vorwürfe auf Youtube nicht mehr wiederholen. Er erhielt eine superprovisorische Verfügung und musste einige der Videos löschen. Das bestätigt Gerichtspräsident Ralph Zanoni auf Anfrage von BLICK.

Der selbst ernannte «Apostel» Y. kehrt nun den Spiess um: Er hat gegen Altendorfer in der Schweiz Klage wegen «Verletzung der Persönlichkeit» eingereicht und zusätzlich eine Strafanzeige bei der Kantonspolizei Thurgau gegen den Mann erhoben. Er sieht sich als «Opfer einer medialen Hetzkampagne» gegen ihn, wie er BLICK schreibt.

Nun muss entschieden werden, ob es in Arbon TG zu einem Prozess gegen Altendorfer kommt. Zuerst aber hat der Pastor eine zweimonatige Frist, um gegen die Verfügung vorzugehen. «Zu einer allfälligen Verhandlung wird es wohl nicht vor dem Herbst kommen», sagt Zanoni.

Altendorfer hat Angst um seine Familie

Altendorfer reagiert darauf mit einem Statement auf Youtube. Wie sehr dieses bewegt, zeigt die Klickzahl des 35-minütigen Clips: Über 7000-mal an einem Tag wurde das Video angeschaut. Gegenüber BLICK gibt sich der Prediger kämpferisch, dem «Apostel» unchristliche Taten nachweisen zu können: «Ich habe genügend Beweise und auch Zeugen.» Einem Prozess schaue er deshalb positiv entgegen.

Zudem hätten zwei Frauen bereits Strafanzeigen in Stuttgart (D) und Freudenstadt (D) gegen Y. eingereicht.

Pastor Patrick Altendorfer hat Angst um seine Familie.
Foto: Facebook

Trotzdem: «Meine Familie und ich durchleben gerade eine sehr schwierige Zeit», sagt er. Er habe Angst um seine Frau und seine beiden Kinder. Y. habe «den Drahtziehern» gedroht: «Es wird Blut fliessen.»

Zudem erhalte Altendorfer auf Facebook zahlreiche Drohungen. Ganz im Stil eines versierten Youtube-Predigers sagt er: «Wir wollen dagegen ankämpfen, bis die Wahrheit siegt.» Dafür hat er nun ein Spendenkonto eingerichtet. «Ich bin ein Himmelsbürger, ich habe kein Geld. Aber Gott hat viele Soldaten, die werden mir helfen.»

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